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Samstag, 17. April 9 Uhr 05

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In den letzten Wochen hatte Erich Lenhart stundenlang alle möglichen Internetportale konsultiert und Homepages studiert, um den richtigen Kochkurs für seine Frau und sich zu finden. Im Internet hatte er fast alles gefunden: Wie man Sushi-Variationen oder Pralinen herstellt, wie man salzige Hauptgerichte mit Schokolade oder einen Bachsaibling mit Zitronenschaum verfeinert, eine Einführung in spezielle Serviettenfalttechniken und Tipps für schonendes Garen. Aber nichts, was ihn vom Sitz gerissen hätte. Er hätte aber auch gar nicht sagen können, wonach er wirklich suchte. Klar war ihm von vornherein nur, dass es ein Kurs bei einem Meisterkoch sein musste. Weil er sich von einem großen Namen die größte Inspiration erwartete. Er suchte nichts weniger als ein Gesamtkunstwerk.

Während des Sichtens der Angebote hatte er mehrmals an seine Mutter denken müssen. Vor mehr als dreißig Jahren hatte sie sich von ihrem Mann ebenfalls einen Kochkurs schenken lassen. Damals mussten die Teilnehmer noch Messer und Schürze selbst mitbringen. Jetzt bekam man nach Absolvierung des Kurses nicht nur die Schürze als Präsent, sondern ein Kochbuch des jeweiligen Meisters noch dazu. Plus einer Urkunde über den erfolgreichen Abschluss des Kurses, die den gezeigten Fotos nach zu schließen aufwändiger gestaltet war als seine Promotionsurkunde.

Ihm wäre ja am liebsten ein Kurs für italienische Küche gewesen. Weil er sie besonders gern mochte. Aber ein solcher Kurs war in ganz Österreich nicht zu finden. Außerdem hatte seine Doris protestiert. Sie würde es nie wagen, Gästen italienische Küche zu servieren. Die würde in Italien doch am besten schmecken. Oder zur Not auch bei einem Italiener, den es nach Österreich verschlagen hatte.

Letztlich war die Entscheidung nach Rücksprache mit Doris auf das Angebot eines jungen Wachauer Spitzengastronomen gefallen. Dieser versprach den Kursteilnehmern, bei ihnen ein untrügliches Gespür für die ideale Harmonie von Zutaten zu wecken. Das würde für die Kochkünste seiner Frau und vor allem für seine eigenen den meisten Mehrwert bringen. Heute war der große Tag. Er saß startklar am Sofa im Wohnzimmer.

Doris hingegen hatte er vorhin noch unter der Dusche singen gehört. Haare waschen gehörte zu ihrer samstäglichen Routine. Er mochte ihre halbnassen Haare, die sie noch jünger aussehen ließen, als sie ohnehin war. Was er allerdings nicht mochte, war Verspätung. Er sah auf die Uhr. Kurz nach neun. Noch war keine Eile geboten. Der Kochkurs startete erst um zehn Uhr. Aber viel Spielraum gab es nicht mehr. Für die Fahrt von St. Pölten nach Joching mussten sie vierzig Minuten rechnen. Wo blieb sie denn nur?

Da hörte er, dass sie im Arbeitszimmer telefonierte. Ihrer Tonlage nach zu schließen musste es ein ziemlich heftiges Gespräch sein. Soweit er seine Frau verstehen konnte, schien es um die Schaufensterpuppe zu gehen, die gestern Nachmittag von der Strompolizei in Krems geborgen worden war.

Die Geschichte mit der Puppe kannte er wegen des Anrufs, den sie gestern Abend von ihrem Stellvertreter erhalten hatte. Der gute Spencer. Wirklich nicht zum Anschauen. Aber seine Doris schwor auf ihn. Und er mochte Spencer auch.

Sie riss die Tür zum Esszimmer auf. »So eine blöde Kuh! Da bin ich so nett, rufe sie extra an. Sage ihr, dass da doch keine Leiche in der Donau war. Nur eine Schaufensterpuppe. Da fängt sie an zu schimpfen. Dass ich unfähig bin, wenn ich mich auf Idioten verlasse. Dass die Strompolizei bekanntermaßen das polizeiinterne Abstellgleis für alle Idioten ist. Ich hab natürlich dagegengehalten. Hab sie ruhig gefragt, wie sie zu der Meinung kommt, dass dort alle unfähig sind. Da sagt sie mir mit einem Unterton, der an Süffisanz nicht zu überbieten ist: Inspektor Felix Frisch ist zur Strompolizei versetzt und mit offenen Armen aufgenommen worden.«

»Sie scheint sich bei der Kremser Polizei gut auszukennen«, kommentierte er.

»Weiß der Himmel, woher sie diese Information mit dem Frisch hat. Habe nicht einmal ich gewusst, dass sie den zur Strompolizei versetzt haben.«

»Ist dieser Inspektor Frisch wirklich ein Idiot?« fragte er.

Sie nickte. »Kann man wohl sagen. Aber eine Schaufensterpuppe wird er ja doch von einer Leiche unterscheiden können.«

Er zuckte mit den Achseln. »Lass’ dir von der Machherndl den Tag nicht versauen. Es gibt halt Leute, die nichts Besseres zu tun haben, als im Mist anderer Leute zu stierln. Solltest du am besten wissen.«

»Du hast ja Recht. Aus. Schluss. Ich werde das ganze Wochenende nicht mehr an sie denken.« Sie ließ sich zu ihm aufs Sofa fallen. »Wie würdest du mich denn heute am liebsten sehen?«

»Am liebsten natürlich nackt.«

Doris spitzte ihre Lippen, beugte sich zu ihm und gab ihm einen leichten Kuss auf die Nasenspitze. »Erich Lenhart, du alter Schleimer. Ich meine, was ich anziehen soll?«

»Auf alle Fälle ganz leger. Ich würde sagen, bequeme Hose und ein leichter Pullover. Und ganz flache Schuhe. Du wirst dir nämlich dort die Füße in den Bauch stehen.«

Erich merkte an der Miene seiner Frau, dass sie mit seiner Empfehlung nicht recht zufrieden war.

»Du wärst auch in Sack und Asche die strahlende Königin jeder Küche.«

»Also gut. Schlabberlook. Auf deine Verantwortung.«

Dürnsteiner Puppentanz

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