Читать книгу Warm gewechselt - kalt erwischt - Bernhard Riedl - Страница 10

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3 Trügerische Sicherheit und zu Bedenkendes

Bei der eigenen Beziehung sich in Sicherheit zu wiegen, ist so selbstverständlich wie die Annahme, dass nur andere überfahren werden. Überraschend sind Trennungen heutzutage jedoch kaum. Für die im Individualfall jeweils Betroffenen mag das so sein, doch früher oder später wird gut ein Drittel aller Ehen geschieden,2 was Schätzungen nach im Groben ebenso auf die Trennungsrate eheähnlicher Gemeinschaften zutrifft. Der wohl häufig wankende Boden, auf dem sich noch vermeintlich intakte Paarbeziehungen befinden, wird deutlich, wenn man einer Untersuchung Glauben schenkt, wonach nicht gerade wenige parallel zu ihrer Ehe-Partnerschaft die Augen für eine Alternative aufhalten.3 – Das wäre nicht unbedingt überraschend, ginge man mit Thomas Meyer darin überein, dass die Mehrzahl der Paarbeziehungen (er spricht von 80 Prozent) »nichtpassend« sind. (in: Trennt euch! Ein Essay über inkompatible Beziehungen und ihr wohlverdientes Ende4)

Hauptwohnsitz des Zeitgeistes sind augenscheinlich die großen Städte, denn in Ballungszentren liegt die Chance aufs Wohl oder Wehe5 – je nach der Position im zukünftigen Geschehen – bei bis zu fünfzig Prozent.6

Ein unaufhaltsam scheinender Trend. Das ehemalige »Bis dass der Tod euch scheidet« verliert seine Gültigkeit als allgemeine Norm oder auch nur als Regel. Die zuvor der letzten Instanz überlassene Entscheidung ist ihr aus der Hand genommen, sozusagen für ein zweites, drittes oder viertes Leben vor dem Tod.

Wenn man sich den gesellschaftlichen Zwang vergegenwärtigt und das individuelle Leid, das vormals mit der Ächtung von Scheidungen verbunden war, dann ist die Veränderung zweifellos ein Schritt zum Besseren. Die Frage ist, ob sich mit dem Fortschritt neue Normen und Leitbilder einschleichen, die mit den traditionellen Auffassungen gemeinsam haben, dass es sich um breit akzeptierte Selbstverständlichkeiten handelt, die fraglos für richtig und gut gehalten werden. Anders gesagt, ob nicht dabei Bewahrenswertes blind aufgegeben wird.

Näheres dazu findet sich an späterer Stelle (in Kapitel 20), deshalb zurück zum Thema im engeren Sinne.

2 Online-Quelle. Statistisches Bundesamt, nach: https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/statistisches-bundesamt-mehr-als-jede-dritteehe-wird-geschieden-a-913849.html (letzter Zugriff: 16.10.2019)

3 Entsprechend einer Studie der Sozialwissenschaftler Kim Marie Lloyd und Scott J. South von1994. Vgl. Sven Hillenkamp (2014): Das Ende der Liebe – Gefühle im Zeitalter unendlicher Freiheit. Frankfurt a. M.– Zürich–Wien: Büchergilde Gutenberg, S. 271

4 Thomas Meyer (2018), Zürich: Diogenes, S. 12

5 Seltene Ausnahmefälle dürften die sein, bei denen beide Partner im Grunde kein Interesse mehr an der Fortsetzung der Beziehung haben, bei denen sich die Frage nach Wohl oder Wehe nicht stellt; wo nur eben einer die Initiative ergreift.

6 Online-Quelle: in Ballungszentren bis zur Hälfte. Nach: https://w-h-l.de/familienrecht/scheidung/warum-ein-gerechter-ausgleich-beieiner-trennung-der-beste-weg-ist (letzter Zugriff: 16.10.2019)

Warm gewechselt - kalt erwischt

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