Читать книгу Warm gewechselt - kalt erwischt - Bernhard Riedl - Страница 16

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9 Nahtloser Übergang – Warmwechseln

Wir hatten auf dem bisherigen Weg einerseits Stadtmusikanten, also Wagemutige, und andererseits warm Wechselnde unterschieden. Die einen meinen, etwas Besseres als den Tod gäbe es überall. Die anderen haben weniger Zutrauen in die Zukunft. Sie ziehen, soweit es irgend geht, Sicherheit vor. Nicht jeder ist von zureichendem Urvertrauen beseelt, und insofern ist ihre Vorgehensweise durchaus vernünftig. Möglicherweise spielt zudem eine besondere, sozusagen psycho-biologische Konstitution eine Rolle, die Wärmeentzug nicht gut verträgt. Man stelle sich vor, ein Warmwechsler läge eines Morgens allein im Bett und wäre erfroren.

Wie dem auch sei, sie fahren, sozusagen als Testlauf, erst einmal zweigleisig, freilich ohne Wissen desjenigen, der nun zur Disposition steht. Und zwar aus nachvollziehbaren Gründen. Weshalb ihn womöglich vollkommen unnötig verletzen? Wozu sollte das gut sein? Mag auch sonst nicht mehr viel vorhanden sein, wenigstens ein Rest von Mitgefühl ist gerade bei langjährigen Beziehungen anzunehmen.

Der Vorbehalt dagegen, ihn einzuweihen, korrespondiert glücklicherweise mit den Konsequenzen, die sich aus dem Bedürfnis nach Sicherheit ergeben. Denn wenn es mit der Nachfolgerin in spe aus irgendwelchen Gründen doch nichts werden sollte, dann würden voreilig offengelegte Karten ein Arrangement mit dem (zumindest dann noch zeitweiligen) Partner deutlich schwieriger machen. Oder schlimmer noch: Was, wenn der Noch-Partner kein Interesse daran hätte, am Casting teilzunehmen?

So scheint es in Fürsorge für beide am besten, darauf zu achten, dass nichts aus der Bahn gerät, was vom praktischen Gesichtspunkt her bedeutet, dem anderen Handlungsoptionen zu nehmen, die er hätte, wenn er um den Stand der Dinge wüsste. Er könnte sich etwa mit Freunden austauschen, sich beraten lassen, vorsorglich Unterlagen kopieren oder eben von sich aus die Reißleine ziehen.

Es könnte sich die Frage nach Fairness stellen, aber abgesehen vom erwähnten Moment der Fürsorge, welcher Großbetrieb, aber auch welcher Ein-Mann-Betrieb spricht schon seinem langjährigen Lieferanten gegenüber, auch wenn er mit ihm definitiv unzufrieden ist, die Kündigung aus, bevor er einen neuen hat? Damit dieser sich seinerseits rechtzeitig und womöglich noch erfolgreicher umsehen kann?

Da in unserem Fall der Externe als Testsieger feststeht, können wir uns dem, was sich für den Verlassenen anschließt, zuwenden.

Warm gewechselt - kalt erwischt

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