Читать книгу Kommissar Terani ermittelt - Bettina Bäumert - Страница 24

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„Leo?!? Verdammt noch mal, wo bleibst du denn so lange?“, zischte Kai Berger vollkommen außer sich ins Smartphone, wobei er aufgeregt im Gang vor dem Büro auf und ab marschierte.

„Mann jetzt! Kai! Ich bin auf dem Weg. Ich sagte doch, dass ich heute etwas später komme, weil ich meinen Wagen noch aus der Werkstatt holen muss. Du kennst doch Schiller. Er hat zwar hoch und heilig versprochen, mich zu fahren und vor allem pünktlich aufzustehen, aber … Na klar hat er verschlafen. Dann haben wir unterwegs noch Staatsanwalt Tomson … Kai? Sag mal, um was um alles in dieser Welt flüsterst du eigentlich? Du bist doch wohl nicht erkältet!? Um Gottes Willen, dann halte dich aber auch von den Kindern fern! Nicht auszudenken …“

Kai Berger unterbrach unwirsch.

„Leo! S-e-r-a-f-i-n-a“, wisperte er, wobei er jeden Buchstaben einzeln betonte. „Sie sitzt hier. Im Büro. Und sie wartet auf dich.“

Für einen Moment war Leonard sprachlos.

„Wer? Sera? Wieso ist sie im Büro?“

Verwundert lenkte er seinen Wagen ins Parkhaus des Dezernats.

„Genau, Leo. Das eben frage ich dich!“, flüsterte Kai eindringlich. „Der Staatsanwalt? Was will der denn? Wir haben doch keinen neuen Fall nicht?“, setzte er gleich darauf ziemlich laut und verstört hinzu.

Leonard kletterte stöhnend aus seinem Fahrzeug.

„Mann Kai. Bitte, tu mir den Gefallen, keine doppelte Verneinung. Rede vernünftig oder gar nicht. Aber gewöhne dir um Himmels Willen nicht so einen Schmarrn an. Noch dazu du Kinder hast, die alles mitkriegen, was sie nicht mitkriegen sollen. Denk dran, diese ganzen Unarten willst du dann später deinen Kindern wieder austreiben. … Aber keine Angst, wir haben keinen neuen Fall. Tomson war mit seinem Auto hängen geblieben. Bei der Kälte hat sein Wagen den Geist aufgegeben. Fridl und ich haben ihn aufgegriffen und bis zur Werkstatt abgeschleppt. Tomson war ganz schön genervt. … Also gut, was ist nun mit Sera? Hat sie gesagt, was sie von mir möchte? Heute Morgen habe ich sie zu Hause nicht mehr angetroffen. Und gestern Abend ist es bei mir etwas später geworden. Da habe ich sie auch nicht mehr gesehen.“

Kai rollte genervt mit den Augen.

„Leo! Ich habe nicht die geringste Ahnung, was die Frau von dir will. Das interessiert mich auch nicht. Ganz ehrlich, das will ich erst gar nicht wissen. Die Frau macht mich nervös. Und das weißt du. Heißt nicht, dass ich sie nicht leiden kann. … Sie ist nett. … Nur … Verdammt juchhe, was brauchst du so lange?! Schwing endlich die Hufe und komm her! Ich kann unmöglich so arbeiten. Nicht, sitzt sie hier im Büro. Ich komme mir dabei so beobachtet und ausgeliefert vor“, jammerte er. Und das äußerst kläglich.

Kommissar Kai Berger weigerte sich, und das ausgesprochen konsequent, an Vorahnungen, Wahrsagen, Wahrträume und dergleichen zu glauben. Er war ein Mensch, der rational dachte und in allem, das geschah, eine logische Erklärung suchte. Im Falle der Schwangerschaft seiner Frau, die seinerzeit von Serafina vorhergesagt wurde, war er fest überzeugt, dass sie schlicht und ergreifend über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügte. Über etwas anderes, also über Mystisches, war Kai Berger nicht bereit auch nur im Entferntesten nachzudenken. Trotz allem hatte ihn Serafinas Ahnung damals doch etwas aus dem Gleichgewicht gebracht. Weshalb ihm diese stille Frau auch weiterhin nicht geheuer war. In ihrer Gegenwart fühlte sich Kai Berger gehemmt und absolut unwohl.

Leonard bog bereits bei den letzten gequälten Ausführungen seines Freundes und Kollegen in den Gang zum Büro ein. Noch während er sein Smartphone ausschaltete und in die Hosentasche gleiten ließ, begrüßte ihn Kai sichtlich erleichter. Auch er steckte sein Mobilteil in die Gesäßtasche.

„Na endlich bist du da!“, seufzte er erleichtert.

Als Leonard gefolgt von Kai ins Büro kam, sprang Serafina aufgeregt von ihrem Stuhl.

„Leonard Terani! Gestern Abend ist etwas Schlimmes und sehr Seltsames passiert!“

Leonard legte schweigend seine dicke Daunenjacke sowie Schal und Mütze ab. ‚Warum ist heute bloß jeder so überdreht?‘, dachte er genervt.

„Ich habe dich gestern Abend nicht zu Hause angetroffen, Leonard Terani.“

Mit einem Male hatte er den Eindruck, in ihren Worten würde ein leiser, jedoch sehr deutlicher Vorwurf liegen. Und das nur, weil er einmal nicht wie sonst, gleich nach dem Büro nach Hause gefahren war? Weiter darüber nachgrübeln konnte er allerdings nicht. Serafina redete bereits weiter.

„Ulrike und ich waren gestern Abend nach Ladenschluss noch zu einem Glühwein auf dem Markt. An einem der Nebentische stand eine Gruppe Männer. Sie waren sehr gut gelaunt und haben ständig gelacht. Allem Anschein nach hatten sie mächtig Spaß. Im Grunde sind sie mir nur wegen ihrer seltsamen Sprechweise aufgefallen. Bisher hatte ich einen derartigen Dialekt noch nie gehört. Dann bekam einer von ihnen plötzlich einen schlimmen Hustenanfall. Zuerst dachten wir, dass er sich nur kräftig verschluckt habe. Aber dann konnte der Mann nicht mehr mit Husten aufhören. Und plötzlich bekam er keine Luft mehr und …“

„Leonardo! Na endlich. Da bist du ja!“, wurde Serafina mitten in ihrem Reden von Charlotte Charles unterbrochen.

Die Rechtsmedizinerin kam wie üblich ohne Anklopfen ins Büro gestürmt.

„Hast du schon von Herrn Erdling gehört? Nein, hast du natürlich nicht. Du warst gestern Abend schließlich nicht mehr hier. Aber ich. Ich war da. Ich habe in meinem Reich noch etwas Ordnung geschaffen. Nicht, dass es unordentlich wäre, aber … Egal jetzt. Herr Erdling. Er wurde mir am späten Abend gebracht.“

Noch während ihres Redeflusses, bediente sich Leonard am Kaffeeautomaten. Dabei sah er versonnen zu, wie sich seine Tasse mit dem schwarzen, aromatisch duftenden Gebräu füllte. Er seufzte unterdrückt. Auch aus den Worten der Gothic glaubte er, einen leicht vorwurfsvollen Unterton herauszuhören. Und das nur, weil er einmal, nur einmal in all der Zeit, die er bereits in Sun-White-Village als Kommissar tätig war, das Büro pünktlich verlassen hatte. Alles nur, weil ihn seine Exfrau Jennifer-Eileen sprechen wollte.

Ihr schreckliches Erlebnis, das schließlich noch nicht allzu lange zurücklag, hatte sie noch immer nicht überwunden. Darüber sprechen konnte sie nur mit ihm. Ihr Ehemann, Graf Gustav Eduard Freiherr von Sonnefeld, schob alles Geschehene weit von sich. Er hatte keinerlei Bedürfnis darüber zu reden. Seine Gattin allerdings schon. Von Sonnefeld ging es weit besser, verdrängte er all die Angst, die er um seine Frau hatte, wie auch seine eigene Unfähigkeit, sie zu retten.

Allerdings war Gustl, wie ihn seine Frau liebevoll nannte, seit diesem Vorfall sehr viel ernster geworden.

Jennifer-Eileen dagegen hatte das dringende Bedürfnis, zu reden. Einzig dadurch, dass sie sich alles von der Seele redete, konnte sie das Geschehene verarbeiten. Allerdings konnte sie auch, mit Hilfe von Leonard, ihren Ehemann verstehen. Durch ihren Exmann war sie fähig, all die Ängste und Unsicherheiten ihres jetzigen Ehemannes zu erkennen, die sie vorher nie gesehen hatte ... oder auch nie sehen wollte.

Charlotte ließ Leonard keine weitere Zeit für Überlegungen. Sie redete ohne Pause weiter.

„‘Verdacht auf Vergiftung‘, sagte dieser … dieser …“

Sie suchte verzweifelt nach Worten, die ihre Echauffiertheit Genüge getan hätten. Da ihr die richte Wortwahl fehlte, um ihrer Empörung auch nur annähernd gerecht zu werden, versuchte sie jetzt mithilfe ihrer Hände dem Ganzen den angemessenen Term zu geben. Allerdings leider genau in dem Moment, in dem Leonard mit seiner gut gefüllten Tasse Kaffee an ihr vorbei zu seinem Schreibtisch wollte.

Als der Inhalt der Tasse über Leonard schwappte, blieb Charlotte vor Schreck der Mund offen stehen. Leonard machte einen Satz zurück, wobei er die Tasse hochhielt. Dem unweigerlich darauffolgenden Unglück, konnte er trotz allem nicht ausweichen. Entmutigt und betreten betrachtete er seine besudelte Kleidung.

Einzig Kai Berger lachte prustend los. Er genoss es, dass Charlotte nicht fähig war, zu reagieren. Sie blieb noch immer mit offenem Munde, wie angewurzelt und ohne zu reden stehen.

„Mund zu“, lachte Kai keuchend, wobei er Lachtränen aus seinen Augenwinkeln wischte.

Selbst Serafina versuchte, allerdings vollkommen erfolglos angesichts des entgeisterten Gesichtsausdruckes der Rechtsmedizinerin, ein Lachen zu unterdrücken.

Leonard stellte seine Tasse wortlos auf seinen Schreibtisch. Kurz darauf nahm er verdrossen ein frisches Hemd aus dem Schrank, in dem für eben derartige ‚Unfälle‘ Ersatzkleidung bereitliegen hatte. Diese Kaffee-Desaster waren schließlich sein ganz privater Fluch. Während er seine Kleidung wechselte, seufzte er resigniert.

„Der Mann, dieser Erdling – ein komischer Name. Also gut, dieser Herr Erdling war gestern Abend auf dem Markt, hatte Glühwein getrunken und ist allem Anschein nach jetzt tot, richtig?“

„Charlotte starrte ihn völlig perplex an.

„Leonardo! Woher weißt du das? Du warst gestern doch gar nicht mehr hier!“

Leonard stöhnte.

„Sera“, sagte er mit einer Handbewegung zu Serafina. „Du hast sie gerade in ihrem Bericht unterbrochen, Charlotte. Sie hatte soeben von einem Mann berichtet, der Glühwein getrunken und daraufhin allem Anschein nach einen Erstickungsanfall hatte. Also gut jetzt, Charlotte, was nun? Hat er mit dem Glühwein Gift verabreicht bekommen? Wurde der Mann vergiftet?“

Charlotte sah verstört von Serafina zu Leonard.

„Gift? Nein. Natürlich nicht. Kein Gift. Der Glühwein war aber auch nicht an seinem Ableben schuld. Ich meine damit ein eventuelles Verschlucken desselben. Es waren Erdnüssen. Natürlich nicht die Erdnüsse selbst. So betrachtet allerdings schon …“

„Charlotte!!“, riefen Kai und Leonard wie aus einem Mund.

Die Gothic zuckte erschrocken zusammen.

„Anaphylaktischer Schock. Die Todesursache. Herr Erdling ist auf Erdnüsse allergisch. Ich meine natürlich, er war auf Erdnüsse allergisch. Jetzt natürlich nicht mehr. Ich denke, da wo er jetzt ist, kann er Erdn…“

„Moment! Langsam! Der Typ war auf Nüsse allergisch? Auf Erdnüsse?“, unterbrach Kai die Ausschweifungen der Rechtsmedizinerin ins Spirituelle. „Mann jetzt! Weiß man so etwas nicht? Hätte der Mensch doch wissen müssen, oder irre ich mich da? Warum hat der Typ dann Erdnüsse gegessen? Wie blöd ist das denn!?“

Dabei sah er Charlotte an, als ob sie auf all seine Fragen eine plausible Erklärung parat haben müsste.

Charlotte hob abwehrend beide Hände.

„He! Ich sagte nicht, dass ich Erdnüsse im Magen von Herrn Erdling gefunden habe. Ich sagte nur, dass er …“

„Adam Erdling ist gestern …“

Mit diesen Worten kam nach kurzem Anklopfen und ohne, dass sie ihren Blick von ihren Notizen hob, Peggy Smith ins Büro ihres Chefs.

Sie war das jüngste Mitglied des Teams um Leonard Terani. Ein Computerfreak und mittlerweile auch Mädchen für alles. Dass sie in diesem Moment Charlotte unterbrochen hatte, war ihr nicht bewusst. Allerdings hielt sie jetzt doch mitten im Satz inne. Sie sah Leonard durchdringend an.

„Sag mal, Leo, wo warst du denn heute Morgen? Hast verschlafen? … Also gut, Adam Erdling“, begann sie erneut. Mit Blick zu Charlotte verstummte sie allerdings ein weiteres Mal. Verwirrt sah sie von einem zum anderen. „Oh, ihr seid schon im Bilde, richtig?“

Leonard überging ihre Frage. Schon wieder ein Vorwurf, dass er … Er sah seinen Frischling auffordernd an.

„Das kann ich nicht sagen, Peggy, schließlich weiß ich noch immer nicht, was du sagen wolltest. Bisher hast du uns nur einen Namen verraten.“

Die mollige, agile Frau mit dem dunklen Pagenschnitt, der neuerdings auf der linken Seite von einer violetten Haarsträhne geziert wurde, legte los.

„Adam Erdling, dreiundvierzig Jahre alt, wohnhaft in Village, in der Büttelstraße sieben hat sich gestern mit Freunden auf dem Markt zu einem Umtrunk getroffen. Ja, dass er das nicht überlebt hat, wisst ihr sicherlich schon von Charlotte. Na gut, Albrecht Scholl und Norbert Krämm, beide von der Schutzpolizei, waren zufällig vor Ort, als Adam Erdling keine Luft mehr bekam und zusammenbrach. Die beiden waren es auch, die den Notarzt verständigten und noch vor Ort erste Hilfemaßnahmen einleiteten.“

Leonard schüttelte resigniert mit dem Kopf.

„Helfen konnten sie dem Mann allem Anschein nach nicht mehr“, murmelte er.

„Das ging alles viel zu schnell“, erklärte Charlotte deprimiert. „Krämm und Scholl konnten nichts mehr tun. Nicht in diesem Fall. Doch, sie handelten absolut richtig. Schollt verständigte den Notarzt, während sich Krämm um Herrn Erdling kümmerte. Zu dem Zeitpunkt hat er schon nach Luft gerungen. Und er hatte einen Hautausschlag. Deshalb gingen die beiden, Krämm und Scholz, auch von einem allergischen Schock aus. Vollkommen richtig brachten sie Herrn Erdling in Seitenlage, um seine Atemwege freizuhalten. Krämm rief zudem wiederholt in die Menschenmenge an Schaulustigen, ob jemand diesen Mann kenne. Und ob jemand wisse, auf was Herr Erdling allergisch sei. Er hat auch nach möglichen Notfallmedikamenten und einem Ausweis gefragt. Einer seiner Freunde meinte daraufhin, dass er nur wisse, dass Adam Erdling Erdnüsse gemieden habe. Von einem Ausweis oder dergleichen hatte er keine Ahnung. Daraufhin hat Scholl die Taschen des Mannes durchsucht. Ohne Erfolg.“

Charlotte schwieg betreten.

„Das alles ging rasend schnell“, bestätigte Peggy zerknirscht. „Als der Notarzt eintraf, war der Mann bereits tot. Und das, obwohl der Arzt rasend schnell an Ort und Stelle war. Er war es dann auch, der die Überführung zu Charlotte veranlasste.“

„Aha.“ Leonard zog die Stirn kraus und erkundigte sich knapp. „Gibt es Angehörige?“

Peggy zuckte bedauernd mit den Schultern.

„So weit ich weiß, gibt es keine.“

Leonard wandte sich an die Rechtsmedizinerin.

„Charlotte, wieso wurde der Mann dann zu dir gebracht? Er war allergisch auf Nüsse und hat allem Anschein nach – womöglich versehentlich – etwas mit Nüssen gegessen. Dass er dann zu dir gebracht wurde, macht doch keinen Sinn.“

Charlotte schüttelte mit dem Kopf.

„In erster Linie stand Vergiftung im Raum. Zumindest wurde mir das von einem Kaugummi kauenden, mit unzähligen Pickeln gesegneten und äußerst desinteressierten Junge gesagt. Eben dieser Grünschnabel war es, der Herrn Erdling zu mir gebracht hat. ‚Klar doch, dass der Typ vergiftet wurde. Ist absolut sicher. Hat bestimmt einen mit Gift versetzten Glühwein getrunken. Was anderes werden Sie gar nicht finden‘“, äffte Charlotte die Aussage des Helfers gereizt nach. „Der Knabe hat eindeutig zu viele Krimis gelesen. Ne, was sage ich da!?! Er hat zu viele schlechte Krimis gesehen, denn dass dieser Mensch lesen kann, wage ich zu bezweifeln. Der Typ ist von sich selbst mehr, als nur überzeugt. Was denkt ihr, was er noch sagte?“ Charlotte holte tief Luft.

Eine Antwort erwartete sie allerdings nicht. Weshalb sie auch wild gestikulierend fortfuhr.

„Da sagte dieser ungehobelte Kerl doch glatt, es sei mit Sicherheit die Ehefrau gewesen. Die hätte ihren Mann um die Ecke gebracht. Wären schließlich immer die Frauen. Dieser … dieser … Kerl ist nicht einmal noch trocken hinter den Ohren und gibt solch einen Unsinn auch noch völlig ernsthaft und in vollkommener Selbstüberschätzung von sich!“

Charlotte redete sich in Rage. Wodurch es auch vollkommen unmöglich war, sie zu bremsen.

„Ein Glück, dass Scholl noch bei mir angerufen und alles richtiggestellt hat. Der Notarzt hat Herrn Erdling nur deshalb zu mir fahren lassen, um ein Fremdverschulden auch sicher ausschließen zu können. Nur deshalb wollte er, dass ich mir Herrn Erdling noch einmal genauer ansehe.“

Sie seufzte und spielte gedankenverloren mit ihren Zöpfen.

„Wie gesagt, im Magen von Herrn Erdling waren keine Nüsse. Allerdings sprechen sein Aussehen und die erhöhten Antikörperwerte für eine Allergische Reaktion auf Nüsse. Aber da gibt es noch etwas, das ihr wissen solltet. Herr Erdling nahm Psychopharmaka. Ich konnte verschiedene Antidepressiva in seinem Blut nachweisen. Und nein, bevor ihr jetzt danach fragt, es war keine Überdosis. Damit hätte er allerdings einen leichteren Tod gehabt …“

„Also wollte sich der Typ umbringen? Und das mit Nüssen? Aber warum waren dann keine in seinem Magen?“, äußerte Kai Berger nachdenklich.

Für einen kurzen Moment vergrub Leonard Terani sein Gesicht in beide Hände. Also schon wieder ein Suizid mit tödlichem Ausgang. Er mochte gar nicht an Tomson, und auch nicht an den Bürgermeister, und vor allem nicht an dessen Frau Smilla Schlinger denken.

„Genau. Warum hatte er dann keine Nüsse im Magen? Hatte er vielleicht etwas mit Nussaroma getrunken? Dann stellt sich die Frage, ob er sich tatsächlich selbst umbringen wollte, oder ob es doch ein tragisches Versehen war?“, überlegte Leonard laut.

Charlotte schüttelte müde mit dem Kopf.

„Er muss keine Nüsse essen. Es reicht schon der Kontakt mit Erdnüssen. Folglich muss er das nicht einmal selber gewusst haben. Ich weiß von einer jungen Frau, die durch den Kuss ihres Freundes starb. Der arme Kerl hatte von ihrer Allergie keine Ahnung. Vor dem Schlafen gehen hat er noch ein Brot mit Erdnussbutter gegessen. Seine Freundin hat davon nichts mitbekommen. Sie war schon im Bett. Und – wie gesagt – hatte sie ihm auch noch nichts von ihrer Allergie erzählt. Natürlich hat der Freund noch Zähne geputzt. Aber das hat natürlich nichts genutzt. Er hat sie geküsst und sie …“

Charlotte brach ab und sah betreten zu Boden. Leonard stöhnte verhalten.

„Trotz allem bleibt die Frage: Wollte er nicht mehr leben, oder durfte er nicht mehr leben?“

Er sah Charlotte fragend an. Sie zuckte hilflos mit den Schultern. Peggy und Serafina sahen Leonard ratlos an. Er holte tief Luft.

„Gut, dann finden wir das eben heraus“, bestimmte er und erhob sich.

Kommissar Terani ermittelt

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