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Kapitel 15
ОглавлениеEdith Pröll sagte bedauernd:
„Ich kann nicht mit euch anstoßen. Ihr wisst ja …“
„Ach, wie schade!“ sagte Maren. Sie mochte die grauhaarige, kernige Frau, die im Alt sang und nach der Chorprobe nie zum geselligen Beisammensein blieb. Oder nur sehr selten. Sie sagte immer, sie müsse wegen ihres Sohnes pünktlich zu Hause sein.
Maren kannte Adam vom Sehen. Gesprochen hatte sie noch nie mit ihm, aber er besuchte regelmäßig den Gottesdienst. Er sah niemanden an, wenn er da war, aber ansonsten benahm er sich nicht besonders auffällig, fand sie. Er schien die Lieder zu mögen, und das Orgelspiel.
Er war ein Autist. Maren war froh, dass sie seine Mutter vom Chor her kannte. Edith hatte keine Probleme damit, Fragen zu beantworten. Maren fand, dass das sehr hilfreich war. Sie hatte immer gedacht, Autisten seien nicht in der Lage zu sprechen. Aber das war falsch. Es gab verschiedene Formen des Autismus, und Adam gehörte zu den Betroffenen, die sehr intelligent waren und sprechen konnten. Denen aber soziale Kontakte große Probleme bereiteten.
„Versteht Adam nicht, wenn du mal länger in der Gemeinde bleibst? Ich meine, macht er sich sofort Sorgen?“ traute sich Maren zu fragen.
Edith lächelte. „Er hat gemessen, wie viele Minuten ich vom Gemeindehaus bis zu unserer Wohnung brauche. Wenn ich ohne Absprache später komme, grübelt er über den Grund dafür nach. Zuerst sind es harmlose Dinge, die mich aufgehalten haben könnten. Aber je länger ich wegbleibe, desto gefährlicher sind die Szenarien, die er sich ausdenkt.“
„Und wenn du einfach zuhause anrufst?“
„Tja, er geht nicht ans Telefon. Und das Klingeln würde ihn zusätzlich beunruhigen.“
„Hm. Ist das nicht schwer, sich immer so sehr nach ihm richten zu müssen?“ fragte Maren vorsichtig.
Edith Pröll zuckte die Schultern. „Ich bin daran gewöhnt. Aber in letzter Zeit habe ich gedacht, es wäre besser, wenn jemand anderes ihn ein wenig unter seine Fittiche nehmen könnte. Er ist zu abhängig von mir.“
„Was meinst du mit ‚unter seine Fittiche nehmen’?“ fragte Maren interessiert. Edith band sich ein Tuch um und schlüpfte in den Sommermantel.
„Ihm zu helfen, im Alltag besser klarzukommen. Du Maren, ich muss jetzt wirklich los!“
„Ja, natürlich. Entschuldige bitte! Du kannst Adam ja sagen, dass ich daran schuld bin, dass du so spät kommst.“
Edith Pröll lachte. „Das mache ich lieber nicht. Sonst guckt er dich vorwurfsvoll an, jedes Mal, wenn er dir in der Kirche begegnet. Er merkt sich einfach alles.“
Maren sah Edith nachdenklich nach.
Eine patente Frau. Man sollte sie mehr unterstützen.