Читать книгу Geld Sorgen - Bettina Marloth - Страница 21
Kapitel 19
ОглавлениеAndree Gehring schloss den Unterrichtsraum seiner Fahrschule auf und ließ die Tür offen, um Sauerstoff hereinzulassen. Er stellte die unordentlich herumstehenden Klappstühle der Schüler in zwei Reihen auf. Dann kontrollierte er, ob die Toilette sauber war. Wenn hier doch nur eine Dusche eingebaut wäre! Dann könnte er sich sparen, heimlich in der Mansarde zu duschen. War aber leider nicht so.
Als er den Betrieb eröffnet hatte, musste er sich mit dem zufrieden geben, was bezahlbar für ihn war. Er hatte sowieso Glück gehabt, dass der Unterrichtsraum mit angrenzendem Büro den Erfordernissen gemäß der Fahrschul-Verordnung entsprochen hatte.
Von der Bank hatte er einen Existenzgründungs-Kredit bekommen, obwohl Juliane nicht dazuverdiente. Der Sachbearbeiter war ein alter Klassenkamerad und hatte sich für ihn eingesetzt. Sein Schwiegervater hatte ihm 3000 Euro bar auf die Hand gegeben. ‚Sag Jule aber nichts davon!’ hatte er ihm eingeschärft. Warum eigentlich? Ein komischer Typ war das gewesen, dieser Kurt Benning.
Trotzdem hätte es nicht gereicht, wenn Jens Maurer ihm nicht 12.000 Euro geliehen hätte, die er natürlich schön verzinst haben wollte.
Später - zu seiner völligen Überraschung - hatte Jule ihm 10.000 Euro ausgehändigt, die seine Schwiegermutter ihm zukommen ließ. Was wiederum sein Schwiegervater auf keinen Fall wissen sollte, also bitte nicht bei ihr bedanken! Was die für Geheimnisse voreinander hatten! Zum Glück war Jule anders.
Ohne diese Hilfe hätte er jedenfalls noch jahrelang für Jens arbeiten müssen, um die Schulden wieder loszuwerden. Immerhin lief die Fahrschule ganz gut. Aber große Sprünge konnte er nicht machen. Mal ganz abgesehen von der Familie - sein Sport kostete einiges.
Die Mitgliedschaft im Deutschen Alpenverein, die Jahreskarte für die Kletterhalle, ab und zu Fahrten in Nachbarstädte, Kursgebühren und natürlich die Ausrüstung. Allein ein Sicherungsgerät wie das Grigri kostete schon 70 Euro. Trotzdem war das, was er aus dem Klettern herauszog, jede Mühe wert! Er liebte den Sport. Er liebte das Gefühl, mühelos 10 km laufen zu können und anschließend noch eine Wand zu bezwingen. Wenn er nicht trainierte, fühlte er sich schlecht.
Natürlich ging Zeit dabei drauf, für Jens zu arbeiten. Jens hatte außerdem keine Familie und konnte nicht verstehen, dass Andree gewisse Rücksichten nehmen musste. In letzter Zeit war er dauernd angekommen mit irgendwelchen Sonderwünschen.
Für Jule war Jens ein rotes Tuch. Aber so, wie sie es sich vorstellte, funktionierte das nicht. Wieso erwarteten Frauen, dass man nur noch für die Familie lebte? Das konnte er einfach nicht!
Andrees Schreibtisch war voll mit Papieren, Anträgen und Prospekten, die er auf zwei Stühle verteilte, um Platz für seinen Laptop zu haben. Er ging ins Internet und rief die Seite auf, die den nächsten Kletterwettbewerb ankündigte. In Frankenthal. Angenommen, er fand eine günstige Unterkunft, was würde ihn der Spaß kosten?
Gar nicht so viel, wie er befürchtet hatte. Das Problem war wohl eher, wie er das mit Jule regeln sollte. Oder vielmehr: wie er es vor ihr verbergen konnte.
Auf Dauer musste er eine Lösung finden. Es war mühselig, sich immer wieder neue Ausreden einfallen zu lassen. Mal ein Samstag, mal ein Sonntag - irgendwann würde es auffliegen.
Er seufzte. Er musste mit ihr reden. Aber erst nach Frankenthal.