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Teil 1: Der böse Bube

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Lieber Kacey,

ich habe deinen Brief erhalten, habe ihn zwei Jahre mit mir herumgetragen, ihn hervorgeholt, ihn so oft auseinandergefaltet, gelesen und wieder zusammengefaltet, dass die Ränder des Pergaments alt und abgegriffen aussehen. Ich habe dich nicht vergessen, glaub mir, du warst immer in meinen Gedanken. Aber da liegt das Problem, eine ganze Weile war mein Verstand wie eine dichte Gewitterwolke, durch die keine Klarheit dringen konnte. Ich hatte keine Ahnung, was ich will, wer ich bin, wie es weitergeht. Was ich jetzt fühle.

In meiner Heimat haben sich die Ereignisse überschlagen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schnell aus Liebe Hass werden kann. Doch dazu berichte ich ein andermal ausführlicher.

Ich wollte dir aus einem völlig anderem Grund schreiben, ich habe oft nächtelang grübelnd an meinem Tisch gesessen und Zeilen angefangen, doch es kam nichts Sinnvolles dabei heraus. Ebenso wie jetzt. Vielleicht ist für das, was ich dir die ganze Zeit schreiben will, einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen. Mein Verstand sagt mir, dass es für derlei Angelegenheiten der falsche Moment ist, das falsches Jahr, vielleicht sogar das falsche Leben. Vielleicht schreibe ich dir nie das, was ich wirklich will.

Zuvorderst gelten diese Zeilen also eher einem Dienst der Pflicht. Ich möchte dich warnen, von Magiebegabten zu Magiebegabten. Wir sind alle in Gefahr, in Nohva erhob sich ein Kult, Die Blutreinen, und sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt von der Magie zu befreien. Ein Verräter schnitt mir die Kehle durch, versuchte mich zu töten. Ich bin noch sehr schwach, ich hätte nicht überleben dürfen, ich weiß nicht einmal, warum ich noch atme. Niemand weiß das. Meine Feinde verbreiten das Gerücht, ich sei ein Dämon.

Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet dir schreibe. Vielleicht steckt mehr dahinter als meine Sorge um dich, vielleicht möchte ich mir das Chaos einfach nur von der Seele schreiben. Doch dieses Gift, das Nohva heimsucht, wird sich ausbreiten, wenn wir nicht dagegen vorgehen. Ich habe Kinder brennen gesehen, nur aufgrund der Tatsache, dass sie Blumen wachsen ließen. Es ist ernst, die Stimmung ist gekippt. Und obwohl meine Magie wächst, bin ich nach dem Anschlag auf mein Leben noch immer zu schwach, um ein Schwert zu halten.

Warne so viele, wie du kannst, bereite deine Freunde in der Akademie auf die Unruhen vor. Es geht nicht um Throne, um Grenzen, um Reichtum oder Macht, sondern um die Freiheit und das Überleben aller Zauberkundigen. Ich will dafür kämpfen, das ist alles, was ich gerade weiß.

Unsere Existenz darf nicht ausgelöscht werden, wir dürfen keine Sklaven werden.

Wenn du wie ich der Meinung bist, dass wir uns wehren sollten, so schreib mir, ich werde einen Boten, dem ich vertraue, zwischen uns hin und her senden.

Spar dir Zeit und Tinte, solltest du meine Meinung nicht teilen.

Hochachtungsvoll und in Zärtlichkeit,

Kronprinz Riath M`Shier, Sohn des Blutdrachen, König Desiderius M`Shier, Erbe der Krone Nohvas.

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* Zweieinhalb Jahre nach König Desiderius` Tod verfasst und versendet.

Liebster Riath,

ich habe deine Briefe erhalten. Du hast Recht, ich habe nicht geantwortet, weil ich mir nicht sicher war, was ich denken soll und wem ich vertrauen kann. Dein Hass auf deine Feinde hat mich verunsichert. Und ich gebe zu, ich war noch sehr verletzt davon, dass du meinen ersten Brief so lange hast unbeantwortet lassen. Aber sei versichert, dass mich deine Zeilen oft zutiefst erschüttert und berührt haben.

Gleichwohl fürchte ich eine Entscheidung, die nicht rückgängig zu machen ist. Doch nun sitze ich hier und halte mich für einen Dummkopf, denn wie du befürchtet hast, hat sich das Gift ausgebreitet und sogar hier, im immer magischen Elkanasai, ist es in die Ohren einiger Bürger gedrungen, die nun glauben, sie allein sähen die Gefahr, die von der Magie ausgehe. In den Heilstätten weigern sich Bürger, ihre Gebrechen von einem Magier behandeln zu lassen, da das Gerücht umgeht, wir würden sie auf diese Weise mit Flüchen und Bannzaubern belegen, ihnen ihren Verstand verdrehen und sie zu Sklaven der Magie machen. Es ist vollkommen verrückt, das mit anzusehen. Ebenso wie bei Euch in Nohva, verliert die Obrigkeit an Autorität.

Ich würde lügen, würde ich behaupten, ich hätte keine Furcht. Es braut sich etwas Düsteres zusammen, ganz gewiss.

Es betrübt mich ebenso zu hören, dass du nach dem Anschlag noch immer außerstande bist, eine Stahlwaffe zu halten. Deshalb, und als Entschuldigung dafür, dass ich an deinen Absichten zweifelte, sende ich dir ein besonderes Schwert. Nur Mut, hebe es an, ich habe es eigenhändig verzaubert, es wird für dich leicht wie eine Feder sein. Und sollte dich einmal das Glück verlassen, so ist es imstande, die Zeit zu verlangsamen, damit du deinen Kopf retten kannst.

Möge dein Schakal Mak den Brief und das Schwert sicher zu dir tragen.

Ich erwarte, im Gegensatz zu dir, sehr wohl eine Antwort!

Sag mir, wie ich helfen kann.

Wir sind eins.

In aller Liebe und Zärtlichkeit,

dein Kacey.

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*Ein Jahr nach Erhalt des ersten Briefes verfasst und versendet

Geliebter Unhold

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