Читать книгу Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie - Страница 11

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So ratet mal, wer ich wirklich bin.

Unser Zuhause war unsere Wolfshöhle. Es handelte sich dabei tatsächlich um eine Höhle, doch wir hatten sie zu einem Heim gemacht. Sie lag versteckt, direkt neben Menards unterirdischer Zuflucht. Eine große Steintür in einem Felsen führte in sein Alchemielabor, wo der alte Schamane Dinge zusammenbraute, die ich nicht einmal verstehen würde, wenn ich hundert Jahre lang Forschungen darüber betreiben würde.

Jedenfalls lag der Eingang zu unserer Höhle unmittelbar neben dieser massiven Felstür. Während Menard gut gesichert war, schützten uns nur einige Holzbretter und eine Tür, die wir vor Jahren in die große Höhlenöffnung gebaut hatten. Dahinter war die Höhle riesig, ich kam mir darin immer vor wie unter dem kuppelförmigen Dach eines Tempels, doch statt Buntglas und Tageslicht besaßen wir nur Fackeln und Lagerfeuer. Es gab keine Zimmer, keine Türen in unserem Heim, wir schliefen alle Seite an Seite, stinkend und laut schnarchend.

Ich konnte es kaum erwarten, endlich zurückzukehren und das große Feuer in der Mitte der Wolfshöhle zu entzünden. Kostja würde seinen berühmten Wildbret Eintopf für uns zubereiten, Corin würde uns mit seinen überheblichen Geschichten amüsieren, Lazlo würde blöde Scherze über einen jeden von uns machen, Egid würde ein Fass Met öffnen, Derrick und ich würden uns betrinken und zu guter Letzt würde ich mich in Connis weiblicher Wärme verlieren; denn das letzte Mal war schon einige Tage her und meine Körpermitte schrie nach Aufmerksamkeit.

Doch meine warmen Erinnerungen an Zuhause wurden jäh zerstört, als ich und meine Brüder auf dem Trampelpfad zur Wolfshöhle frische Fußspuren im Schlamm entdeckten.

Derrick und ich hielten unsere Pferde an und stiegen ab. Derrick nahm die Zügel meines Kleppers, während ich vor den zahlreichen Spuren in die Hocke ging.

»Sie sind noch ganz frisch«, erkannte ich. »Nicht einmal einen Tag alt.«

Ich erhob mich wieder und sah den Weg entlang, erst in Richtung Süden und dann nach Norden, wo wir hergekommen waren.

»Sie führen zur Wolfshöhle und wieder zurück.«

Ich sah Derrick ins Gesicht und las darin die gleiche Befürchtung, die auch ich hatte.

»Da sind noch mehr Spuren«, sagte Lazlo und zeigte in den Wald, er saß noch auf seinem Pferd und wir mussten zu ihm aufsehen.

»Muss ein großes Heer gewesen sein«, vermutete Egid.

»Elkanasai?«, fragte unser naiver, junger Kostja voller Nervosität.

Unser vorübergehender Neuzugang Janek mischte sich ein und schüttelte den Kopf: »Nein, die Fußabdrücke sind zu groß für Elkanasai. Und zu tief. Es müssen schwere Männer gewesen sein ... in sehr schwerer Panzerung.«

Da hatte er nicht Unrecht. Meine Stimmung sank immer mehr. Ich hatte mich auf mein Zuhause gefreut, jetzt schwante mir Böses.

»Wenn es keine Elkanasai waren«, fragte Kostja ängstlich, »wer war es dann?«

»Jemand viel, viel Schlimmeres«, gab ich zurück.

Meine Männer starrten mich neugierig an, doch ich erwiderte ihre Blicke nicht. Meine Brust zog sich zusammen und mein Herz wurde schwer. Eine Vorahnung schlich sich in mich, die sich in Panik verwandelte. Ich sah erneut Derrick an.

Im stummen Einverständnis nickten wir uns zu und stiegen wieder auf unsere Pferde.

»Vorwärts!«, rief ich laut, damit meine sechsundsiebzig Schattenwölfe – und Janek – mich auch alle hörten.

Schwere Pferdehufe donnerten über den Trampelpfad. Innerhalb kürzester Zeit legten wir das letzte Stück der Strecke zurück. Hinterher wünschte ich mir, wir wären nie wieder zurückgekehrt.

»Nein!«, hauchte ich entsetzt, als ich unser Zuhause erreichte.

Hinter mir teilten sich meine Männer auf und trieben ihre Pferde auseinander, ich hörte sie alle fluchen.

Vor der Höhle war ein kaltes Schlachtfeld. Tote Soldaten lagen im Matsch, ihre Gliedmaßen waren seltsam verdreht, als wären sie von einer hohen Klippe gefallen. Fünf Stück zählte ich, und auf ihren Schildern war das Wappen meiner Familie zu sehen. Der goldene Greif auf blaurotem Hintergrund. Mir wurde schlecht.

»Mel ...!« Derricks Stimme war ein ausgestoßener Laut voller Grauen.

»Ich sehe es«, gab ich zurück. Ich war fassungslos. Wie haben sie uns gefunden?

Wir stiegen von unseren Pferden und wanderten durch das Chaos.

Lazlo ging vor einem der Toten in die Hocke. »Königliche Soldaten«, spuckte er aus. Dann sah er mich an und wollte wissen: »Was wollten die hier?«

Ich wandte mich ab, statt zu antworten, und sah mich weiter um.

Sie hatten den Eingang der Wolfshöhle zerstört, unsere Sachen durchwühlt, unser Hab und Gut lag verteilt im Dreck, unser Vieh hatten sie abgeschlachtet und mitgenommen ... selbst die jungen Pferde, die Derrick und ich vor der Abreise eingefangen hatten. – Pferde waren teuer und wir konnten uns keine leisten, weshalb ich beschlossen hatte, Wildpferde zu zähmen. Es war schwer, Carapuhrs sture Wildpferde zuzureiten, aber, wie bereits erwähnte, mochte ich Herausforderungen. Doch von diesem Plan konnte ich mich nun verabschieden, von allem, was ich aufgebaut hatte, konnte ich mich nun verabschieden ... Ich hatte gedacht, hier wäre alles sicher, doch ich hatte mich getäuscht. Schwer getäuscht. Zwar hatte Menard sich um alles kümmern wollen, während wir fort waren, aber ...

»Menard!«, stieß ich aus und starrte zur Zufluchtstür. Sie stand halb offen, zerrissene Schriftrollen lagen davor und wehten im Wind.

Sofort rannte ich los.

Ich rutschte auf einigen Schriften aus und stolperte in das Innere. Ich nahm die Treppe nach unten und raste ungehalten in Menards Raum. Es war dunkel und ich musste stehen bleiben, bis sich meine Augen an das spärliche Licht gewöhnt hatten.

Hinter mir hörte ich Schritte, aber ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Derrick mir gefolgt war.

Wir standen im Dunkeln und ich konnte nur unsere schweren Atemzüge vernehmen, es war ansonsten still. Beunruhigend still. Toten Still.

Ich hätte Menard am liebsten umgebracht, als ich erfuhr, das König Amon einen weiteren Sohn gezeugt hatte, aber nun, da er vermutlich den königlichen Soldaten zum Opfer gefallen war, wusste ich, das ich Menard nie etwas angetan hätte. Menard war mir ein Lehrer und zehn Jahre lang ein Vater gewesen. Ich liebte diesen alten Schamanen, ebenso wie ich Derrick liebte, beide könnte ich nicht einfach nur aus Zorn töten. Es war traurig, dass ich es erst dadurch erkannte, dass andere ihnen etwas antun wollten.

»Menard?« Ich traute mich nur zu flüstern, vielleicht antwortete er mir dann nicht, weil ich zu leise gewesen war, und nicht, weil er tot war.

Es blieb still.

Ängstlich drehte ich mich zu Derrick um, das Licht, das oben von der Treppe hereinfiel, beleuchtete seinen Rücken, ich sah nur seinen Umriss, sein Gesicht war gänzlich schwarz. Es hätte mich wahrlich etwas beruhigt, seine silbernen Augen zu erblicken.

Ich wandte mich wieder ab und sprach erneut zur Dunkelheit: »Menard?«

Dann hörten wir es. Aus der Ecke, wo Menard gewöhnlich hinter seinem unscheinbaren Schreibtisch saß und grübelnd über Schriften lehnte, kam ein Ächzten.

Derrick und ich stürmten durch die Dunkelheit.

Ich fand den Schamanen hinter seinem Schreibtisch, er lag am Boden, sein Rücken lehnte an einem der zahlreichen Bücherregale, die die Wände zierten.

»Derrick, eine Kerze!«, forderte ich und ging in die Hocke.

»Melecay!« Menards Stimme war schwach und trocken.

Ich antwortete ihm beruhigend: »Ja, ich bin es.«

Licht flammte auf und Derrick kniete sich neben mich.

»Mein Junge«, brachte Menard hervor und hob eine Hand, um mir mit seinen spitzen Knöcheln über die Wange zu streichen. »Du bist zurück.«

Ich nickte eifrig, doch ich konnte nicht verhindern, dass meine Augen zu dem Schwert wanderten, das in Menards Bauch steckte. Der Soldat, der es gewagt hatte, ihn zu verletzen, lag direkt hinter mir. Er war tot. Menard musste Zauber gewirkt haben, vermutlich Druckwellen. Was auch das Chaos und die seltsam verdrehen Leichen erklären würde.

Ich sah Menard wieder in sein altes, scharfkantiges Gesicht, er war weiß, sehr viel weißer als sonst, und seine braune Kutte war mit seinem Blut durchtränkt.

»Derrick, können wir ...«, ich brach ab.

Aber mehr musste ich auch nicht sagen, Derrick verstand ... und schüttelte betroffen den Kopf.

»Nein.« Entsetzen durchfuhr mich. Das durfte nicht wahr sein!

»Ist schon gut, Melecay«, hauchte Menard schwach und er nahm meine Hand in seine.

Ich spürte plötzlich etwas Hartes, Kaltes in meinen Fingern. Ein Dolch!

Fassungslos starrte ich Menard an, doch er lächelte nur zurück. Er war bereit zu gehen.

»Wieso?«, fragte ich ihn wütend und voller Leid. »Wieso hast du nichts von dem Erben erzählt?«

Erneut lächelte er liebevoll. »Das macht keinen Unterschied. Er ist nicht der Erstgeborene ... und solange der König seinen Verrat nicht zugibt, bleibt der Erstgeborene der Erbe.«

Sprechen strengte ihn an, er wurde zunehmend blasser und schwächer. Er musste ungeheuerliche Schmerzen haben, ich fragte mich, wie lange er schon hier lag und mit dem Tod kämpfte. Er hatte wohl auf mich warten wollen.

»Du hättest es mir sagen sollen!«, warf ich ihm vor, aber meine Stimme klang dünn. Dünn vor Trauer. Ich konnte nicht einmal verhindern, dass ich Tränen des Unglaubens in den Augen hatte. Ich war froh, dass auch Derricks silberne Augen feucht im Schein der Kerze schimmerten, so kam ich mir nicht ganz wie ein weinerlicher Junge vor.

Menard nahm erneut meine Hand und zwang mich, meine Finger um den Dolchgriff zu schließen, den er mir gegeben hatte. »Wenn du aus den Schatten heraustrittst, ist dein Vater gezwungen, dich anzuerkennen ... und das Volk wird die Wahrheit erfahren. Sie werden dir folgen, Melecay.«

In mir entfachte wieder dieses Feuer, das ich immer spürte, wenn Menard mit mir sprach. Er gab mir das Gefühl, alles schaffen zu können, und das nur, weil ich der war, der ich war.

»Du hättest mich nicht bremsen dürfen«, sagte ich zu ihm. »Dann wäre ich jetzt nicht gezwungen ...« Mein Blick fiel auf den Dolch, meine Hand umfasste ihn fest.

»Die Schriften waren wichtig ...« Menard brach ab, seine Augen schlossen sich.

Ich runzelte die Stirn. »Menard?«

Der Schamane kämpfte gegen den Sog des Todes und öffnete noch einmal die Augen.

»Du musst sie lesen«, flüsterte er mir zu. »Mir bleibt keine Zeit, dir alles zu erklären ...«

»Dann versuch es!«, presste ich durch die Zähne hervor.

Menard schüttelte den Kopf. »Die Drachen ...« Er atmete einige Male sehr schwer und flatternd, ich dachte schon, es wäre vorbei. Doch dann sagte Menard noch: »Es ist in deinem Blut. Du kannst sie beherrschen.«

***

Nachdem ich Menard – dem einzigen Mann, den ich als Vater bezeichnet hätte – einen schnellen und sauberen Tod geschenkt hatte, trat ich gefolgt von einem betrübten Derrick aus der dicken Steintür der Zuflucht.

Sonnenlicht strahlte auf mein blondes Haar, doch ich fühlte die Wärme nicht. Ich war wie betäubt und blieb stehen, sobald ich herausgetreten war. Ich ließ den blutigen Dolch fallen und er kam klappernd neben meinen Füßen auf dem Boden auf.

Es war seltsam, trotz der vielen anderen Geräusche, darunter das Geplapper meiner Männer, ihr Fluchen, trotz dem Schnauben der Pferde, dem Wind in den Bäumen und dem Gezwitscher der Vögel ... war das einzig überlaute Geräusch der Dolch, der klappernd auf dem Boden aufkam.

Wie in Trance hob ich meine Hand und strich mit dem Daumen über meine Finger. Menards Blut daran war noch frisch und feucht.

Ich konnte nicht glauben, dass er tot war.

Jemand räusperte sich und ich hob langsam den Kopf. Vor den steinernen Treppenstufen der Zufluchtstür stand die Bruderschaft und sah zu mir auf. Lazlo bildete die Spitze.

Ich starrte ihm vollkommen gefühllos entgegen.

»Mein Bruder«, begann Lazlo, doch er sprach es ohne jegliche Betonung aus, so als sei es nur eine Floskel, die ihm zuwider war. »Wo ist dein treuer Schamane?«

Dank Menard war ich am Leben. Nur wegen ihm haben Derrick und ich solange überleben können. Selbst diese Bruderschaft würde ohne Menard nicht existieren. Meine Männer hatten stets Angst vor der Magie meines Schamanen gehabt, nun war dieser aber tot ...

»Ich habe ihn von seinem Leid erlöst«, antwortete ich.

Lazlo nickte, ich konnte die Herausforderung von seinen Augen ablesen.

»Willst du es versuchen, mein Bruder?«, provozierte ich und ballte mit der blutigen Hand eine Faust. »Muss ich euch alle daran erinnern, weshalb ihr mir folgt?« Mein Blick zuckte zu Egid, der nur noch ein Auge hatte, und ich sprach weiter: »Der letzte, der glaubte, ich sei nur ein Bengel, der besiegt werden kann, verlor ein Auge.«

Egid hielt meinem Blick stand, auch als ihn alle belustigt ansahen.

Lazlo nickte mit dem Kopf. »Wir folgen, weil du dir unseren Respekt verdient hast.«

»Wo liegt also dein Problem?«, verlangte ich zu wissen.

Lazlo breitete die Arme aus. »Hier liegt mein Problem. Die königlichen Truppen sind mein Problem! Was in aller Welt wollten diese Bastarde hier?«

»Sie wollte mich«, erwiderte ich gelassen.

»Mel, nicht!«, bat Derrick hinter mir.

»Wieso nicht?«, fragte ich ihn. »Es ist an der Zeit, dass sie die Wahrheit erfahren.«

»Das sehe ich auch so«, mischte Lazlo sich ein.

Ich wandte mich boshaft lächelnd an meine Brüder. »Ihr denkt, ihr müsst mir nicht mehr folgen, jetzt da Menard tot ist, aber ich gebe Euch einen verdammt guten Grund, mir zur Seite zu stehen ...«

»Es geht nicht um dich, nicht wirklich«, warf Egid ein. »Wir fragten uns nur ... wer sollen uns jetzt schützen? Menard hat unser Zuhause mit Zaubern verteidigen können ... aber selbst Magie hat ihn nicht vorm Tod bewahrt.«

»Ach, darum geht es hier?« Ich musste laut lachen. »Ihr habt Schiss?«

»Wir sind nur beunruhigt«, zischte Lazlo sauer.

»Ihr habt Schiss«, beharrte ich und lachte über sie alle. »Ihr macht euch wegen ein paar königlichen Soldaten in die Hose? Obwohl wir vor nicht einmal fünf Tagen hundert Elkanasai getötet haben?«

»Vor fünf Tagen glaubten wir auch noch, die Wolfshöhle wäre sicher«, warf Kostja ein. »Jetzt aber müssen wir uns fragen, wann sie das nächste Mal kommen und unser Zuhause angreifen.«

»Das hier ist nicht länger unser Zuhause«, konterte ich ernst.

Sie sahen fragend zu mir auf.

Lazlo sprach für sie alle: »Und wo sollen wir hin? Ohne Auftrag, keine Bezahlung! Und in letzter Zeit hast du uns nur für deine eigenen Belange missbraucht. Wir sehen kein Silber für die lange Reise, die hinter uns liegt, geschätzter Bruder.«

»Ihr habt euch ja auch nicht in die Stadt geschlichen und einen Tempel bestohlen«, schrie ich zu ihnen hinab. Die Ader an meiner Schläfe begann wieder zu pulsieren, ich bekam Kopfschmerzen davon.

Ich hatte gerade jemand verloren, der mir einst sehr wichtig gewesen war, ich hatte keinen Nerv für derlei Diskussionen.

»Vielleicht sollte ich euch einfach alle töten, wenn ich an eurer Treue zweifeln muss.«

»Du bist allein«, Lazlo zog grinsend sein Schwert, »wir sind dir zahlenmäßig überlegen.«

Janek, der ohnehin abseitsgestanden hatte, machte nun einen weiteren Schritt zurück und entfernte sich von der Gruppe.

Lazlo schnaubte abfällig über ihn: »Feigling.«

Janek stellte sich nicht gegen mich, aber er zog auch nicht den Bogen für mich, er hielt sich einfach raus.

Lazlo wandte sich wieder an mich. »Na, willst du uns herausfordern ... oder trittst du friedlich ab? Dann lassen wir dich vielleicht gehen.«

Es war amüsant, das Lazlo davon ausging, das die anderen Brüder ihm beistünden, allerdings sah ich in Kostjas, Corins, Egids und Manolos Augen große Zweifel. Sie wollten sich nicht wirklich gegen mich stellen.

Ich zog mein Schwert. »Das ist meine Bruderschaft!«

Lazlo lachte ein dreckiges Lachen. ›He. He. He.‹ »Das kannst du nicht gewinnen. Du bist allein, gegen mehr als siebzig Schwertkämpfer.«

»Zu zweit!« Derrick zog ebenfalls sein Schwert und trat entschlossen neben mich.

Lazlo grinste ohne jede Freude. »Ich hielt dich für klüger, Derrick.«

»Das geht nicht gegen dich persönlich, Lazlo«, erwiderte Derrick gelassen. »Es ist nur so, dass meine Treue ausschließlich meinem Prinzen gehört.«

Lazlo und die anderen Brüder stockten sofort.

Ich schmunzelte Derrick an. »Danke, für diese vortreffliche Einleitung, Sir Derrick Einar.«

Derrick neigte sein Haupt, ehe er spöttisch zurück schmunzelte: »Mit dem größten Vergnügen, Eure königliche Hoheit!«

»Was quatscht er da?«, verlangte Lazlo zu wissen. Er starrte mich mit einem dümmlichen Gesichtsausdruck an, sein Schwert sank herab und lag nur noch locker in seiner Hand.

Ich lächelte die Bruderschaft an. »Als ich den Großteil von euch verwahrlosten Dreckskötern vor vielen Jahren davor bewahrte, blind in ein Trollnest zu rennen, stellte ich mich als Namenloser vor. Heute möchte ich aus den Schatten treten und das Geheimnis um meine Person lüften.«

Noch einmal warf ich einen Blick auf Derrick. Er nickte mir nun auffordernd zu, obwohl ich Sorge in seinen Augen lesen konnte.

»Meine Brüder«, wandte ich mich wieder an die Männer zu meinen Füßen. »Ich bin Melecay Wiglaf von Carapuhr, der erstgeborene Sohn König Amons aus der Ehe mit Königin Olia Radga von Carapuhr, einstige Olia Radga von Zadest, die auf widerlichste Weise verraten und ermordet wurde.«

Nun blickte auch die Sklavin auf, die ich befreit hatte.

Lazlo schüttelte den Kopf, sein Schwert rutschte aus seiner Hand und landete klappernd auf dem Boden zu seinen Füßen, sein Mund stand offen. »Nein, das kann nicht sein. Alle Erben sind tot!«

»König Amon verriet sein eigenes Land und ließ seine Familie abschlachten, um eine Elkanasai Schlampe zu ehelichen«, berichtete ich mit lauter Stimme, damit mich auch ja alle hören konnten. Wut beflügelte meine Worte. »Ich und meine Leibwache, Sir Derrick Einar, entkamen und suchten Zuflucht bei meinem Lehrer, Menard. Der Schamane floh mit uns hier her und versteckte mich vor meinem Vater.« Ich sah Lazlo fest in die Augen. »Es ist wahr, mein Bruder, ich bin der rechtmäßige Erbe.« Ich begann grimmig zu lächeln. »Ich bin Kronprinz Melecay.«

Meine Brüder atmeten fassungslos aus und starrten mich an, als sei ich die Personifizierung Gottes.

Man konnte es ihnen nicht verübeln, der Mord an meiner Mutter und an meinen Geschwistern hatte im ganzen Land große Trauer ausgelöst. Angeblich ein Komplott interner Rebellen, so hatte mein Vater es den Leuten glauben machen. Damit hatte er gerechtfertig, mehrere rebellierende Adelige zu vernichten und ein Bündnis mit den Elkanasai einzugehen, angeblich um das Land zu schützen. Verräter! Was hatte er damit erreicht? Das gute Männer ihr täglich Brot mit bezahltem Morden verdienen mussten. Demnach war die Reaktion meiner Männer keineswegs übertrieben, denn ich hatte ein echtes Anrecht auf die Krone Carapuhrs und gab ihnen Hoffnung darauf, eines Tages das Land von Verrätern und den Truppen der Elkanasai zu befreien. Vorausgesetzt natürlich, man unterstützte mich.

»Also«, ich steckte mein Schwert wieder ein, »ihr wollt dem Namenlosen nicht mehr folgen, weil Menard tot und euer Zuhause zerstört ist?« Ich blickte über all ihre Gesichter, ehe ich sie fragte: »Seid ihr denn bereit, eurem wahren Kronprinzen zu folgen, der euch ein neues sicheres Zuhause in der königlichen Burg ermöglichen möchte?«

Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen

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