Читать книгу Zone 30 - Birgit Schlieper - Страница 11

Männlich

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Singlefrauen Mitte 30 sind gar nicht so selten. Trotzdem stehen diese Frauen in dem Ruf: Die brauchen doch keinen Mann, die sind selber einer. Dieses unausgesprochene Misstrauen hatte auch Sabine und mich erst zusammengebracht. Wir arbeiteten in derselben Firma, ohne uns zu kennen. Ich Übersetzerin, sie Personalleitungsassistentin: Da waren keine Berührungspunkte. Bis wir auf der Betriebs-Weihnachtsfeier voreinander standen. Zwei Frauen in Hosen in einem Meer aus Röcken und Kleidern. Wir beide bildeten eine Randgruppe und sofort solidarische Gedanken. Damit keine Zweifel aufkommen: Wir sahen gut aus, sehr gut sogar. Keine Frage: Wir beide waren eleganter als 80 Prozent der anderen Frauen mit ihren knöchellangen Wollröcken, mit ihren taillenlosen Sackkleidern, mit Strickensembles oder auch Flanellkostümen. Aber Hose bleibt Hose. Und weil uns damit eh schon ein maskuliner Hauch umwehte, haben wir uns männlich und herrlich mit Wodka und Bier betrunken. Außer uns gegenseitig haben wir an dem Abend natürlich niemanden kennen gelernt. Über uns schien der Satz »Die braucht keinen Mann, die ist doch selber einer« zu schweben. Ich kenne diese Blicke. Männer gucken so auch, wenn ich es schaffe, rückwärts einzuparken. Frauen ohne männlichen Beifahrer dürfen das nicht können. Das macht uns suspekt. Wenn dann noch zwischen Beifahrertür und Bordstein weniger als ein Meter Platz ist, der Wagen also nicht quasi mitten auf der Straße steht, sind wir unheimlich. Als hätten wir zu viel männliche Hormone im Blut. Wenn die Fahrerin wenigstens zwei bis drei Anläufe braucht und hektische rote Flecken im Gesicht hat, dann ist es okay. Dann ist sie süß. Und gerne kommt dann ein joviales: »He Mädchen, lass mich das mal machen. Da passt doch ein 30-Tonner rein.« Wundert es Männer wirklich, wenn die jeweilige Frau an Situationen denkt, in denen er ein wesentlich kleineres Ding nicht fachgemäß platzieren konnte? Das darf eine Frau natürlich nicht sagen.

Genauso wenig wie Frauen Blähungen haben. Nicht in den Vorstellungen von Männern. Schon oft, wenn irgendein Kerl wieder von seinen morgendlichen Verdauungsproblemen nach übermäßigem abendlichen Biergenuss gefaselt hat, wollte ich dagegenhalten. Aber ich habe noch nie was gesagt. Habe immer meinen Mund gehalten, im besten Fall stumm an meiner Flasche Bier genippt. Die lasse ich mir mittlerweile von Männern mit dem Feuerzeug aufmachen. Natürlich könnte ich das auch selber. Ist ja schließlich nur eine einfache Hebelwirkung. Sieht aber gar nicht feminin aus. Da keimt doch bei dem Mittrinker gleich die Frage auf: »Und wofür braucht sie mich?«

Früher konnten Männer wenigstens noch den Kasten Sprudel in die dritte Etage schleppen. Heute gibt es den Wassermaxx. Und in ganz dunklen Gassen fühle ich mich ohne männliche Begleitung ehrlich gesagt sicherer. Zwei Männer auf engem dunklen Raum werden doch gleich zu Rivalen, zu Revierverteidigern. Da vertraue ich lieber meinem Pfefferspray. Natürlich, viele Männer besetzen noch die Rolle des Ernährers. Nur bei den Essstörungen, die Frauen von heute oft so schwer im Magen liegen, ist diese Aufgabe auch nicht mehr tagesfüllend. Und trotzdem: In meiner Freizeit gebe ich mich gerne mit Männern ab. Immer wieder. Neben anderen Hobbys, versteht sich.

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