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Geschminkte Schönheit

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Eigentlich ist genau jetzt die Zeit gekommen, um so unter die Menschheit – sprich die Männer – zu gehen, wie wir es mit zwölf Jahren und dem großen »Brigitte-Abend-Make-up« gemacht haben. Damals sahen wir damit aus wie ein übernächtigter Waschbär. Heute sehen wir ohne Make-up so aus. Früher tupften wir grauen Lidschatten auf. Heute haben wir eh einen Grauschleier um die Augen und tupfen hautfarbenen Puder darüber. Früher verrieben wir tiefrotes Rouge auf den Wangen. Heute leuchten die geplatzten Äderchen ... Hätten wir noch die Haut von damals, wir würden mit Kusshand auf die Töpfchen und Tiegelchen verzichten, die unser Waschbecken umrahmen. Wir haben aber keine Kusshände, wir haben Spülhände. Und nach langen Jahren der Übung können wir nicht nur mattierende Grundierung auftragen, wir müssen es. Zumindest wenn wir nicht nur uns, sondern auch unserem Spiegelbild ins Auge sehen möchten. Allerdings kommt die Grundierung über die Pickelcreme. Denn das ist das Gemeine: Unsere Haut altert unterschiedlich. Während die Nase scheinbar noch zwölf Jahre alt und glatt ist, feiert die Stirn gerade ihren 15. Geburtstag und blüht voller Pickel. Wir fragen uns, ob das der Zustand ist, den die Schönheitsindustrie gerne mit »Mischhaut« bezeichnet. Auf die Stirn kommt Clearasil, auf die Nase nichtfettende Tagescreme und auf die Wangen Quenty-Forty. Nach dieser Vorarbeit tragen die, die noch keine geplatzten Äderchen haben, auch noch ein bisschen Rouge auf. Doch das ist ein Vorgang, der wirklich Können erfordert.

Eine Alternative ist vorgetäuschte Sonne. Vor ein paar Wochen hat sich eine unserer Empfangssekretärinnen an Bräunungscreme versucht. Sie sieht aus wie eine Mischung aus Gelbsucht und Karotin-Vergiftung und arbeitet vorerst im Call-Center.

Auf die Lippen kommt kussechter Lippenstift. Was kussecht heißt, bleibt ein Geheimnis. Übersteht die Farbe echt jeden Kuss? An allen Stellen? Und wenn ja: mit oder ohne Zunge? Sinnvoller wäre ein zahnechter Lippenstift, dessen Farbe niemals auf die Zähne wandert. Vor allem nicht auf die eigenen. Natürlich nehmen wir niemals wasserfeste Wimperntusche. Wenn wir wirklich zum Schwimmen ins Wasser gehen wollen, tragen wir keine Tusche auf, sondern eine Chlorbrille. Ohne Chlorbrille sehen wir nämlich schon nach drei Bahnen so aus, als hätten wir fünf Nächte nicht geschlafen und gleichzeitig schlimmen Heuschnupfen. Und dieser Anblick hält lange ... Mit Chlorbrille wirkt man nach dem Schwimmen wie eine augenkranke Eule, weil die Abdrücke erst nach einer Viertelstunde etwa wieder verschwinden. Aber man kann nicht alles haben.

Ansonsten ist Wimperntusche Pflicht. Aber bitte auflösbar. Wenn meine Tusche mit Feuchtigkeit in Verbindung kommt, sind das nämlich im Zweifelsfall meine Tränen. Und wenn ich weine, will ich verdammt noch mal auch Mitleid. Gibt es etwas Mitleid Erregenderes als tränenverschmierte Wimperntusche auf hektischen roten Flecken? Nein. Wenn das nicht mehr zieht, reagiert der Typ auch nicht auf das Kindchenschema und tritt junge Seehunde.

Frauen mit sehr, sehr ruhiger Hand ziehen sich auch gerne mal einen Lidstrich. Wobei die Betonung definitiv auf der zweiten Silbe, auf dem Strich, liegt. Das wird oft übersehen und ist dann nicht mehr zu übersehen, denn das ist wirklich nur etwas für Fortgeschrittene. Es ist eine Frage der Technik.

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