Читать книгу Marjorie & Lorraine - Blossom Rydell - Страница 11

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Kapitel 9

Gleich darauf war ich auch schon, mit dem in meiner Handtasche versteckten ›Sextoy‹, auf dem Weg zurück an meinem Schreibtisch. Das war der Moment, in dem mir Roger, den Weg verstellte – einer der Grafikdesigner. Er war ein gutaussehender Typ, dem einige meiner Kolleginnen schöne Augen machten. Schon in der Vergangenheit hatte mehrfach versucht mit mir anzubändeln, aber das kam nach all dem, was ich hinter mir hatte, nicht in Frage. Ich unterstellte ihm nicht, mir absichtlich in den Weg getreten zu sein und hoffte, mich problemlos an ihm vorbei zu quetschen oder er mich bemerkte und zur Seite treten würde. Auf keinen Fall aber wollte ich ihm zu nahekommen oder ihn irgendwie an mich heranlassen. »Würdest du mich bitte vorbeilassen, Roger?«

»Was?«

Als er sich mir zuwandte, kam es mir vor, als ob er nur vortäuschte von meiner Anwesenheit überrascht zu sein. Unwillkürlich fragte ich mich, ob er auf mich gewartet hatte?

»Ich möchte bitte an meinen Schreibtisch.« Plötzlich fühlte sich der streng geheime Vibrator in meiner Tasche unheimlich schwer an – und Roger, der mich jetzt von oben bis unten ansah, ließ mich nicht weniger paranoid fühlen. Weiß er etwa, was ich mit mir herumtrage? Hat er womöglich an Lorraines Tür gelauscht?

»Oh, entschuldige bitte.« Er verneigte sich und winkte mich galant vorbei. »Ich habe dich gar nicht gesehen.«

Kaum war er etwas zur Seite getreten, stieß ich einen angespannten Atemzug aus und begann mich an ihm vorbeizuschieben.

»Nur eine Sache, Marjorie ...«, setzte er an.

Ihn ignorierend bewegte ich mich weiter. Doch dann hielt er mich mit seiner kräftigen Hand unvermittelt an meinem Oberarm fest, und ich fing augenblicklich an zu frösteln.

»Was machst du heute Nacht? Bleibst du zu Hause oder gehst du noch aus, um etwas Spaß zu haben?«

Das sind möglicherweise beides nur unschuldige Fragen, aber definitiv die verkehrtesten, die er mir in diesem Augenblick stellen sollte, schoss es mir durch den Kopf. Schließlich hatte ich geplant zu bleiben, um mit dem ›D.O.V.E.‹ zu spielen. Aber das ging natürlich niemanden etwas an, außer mir selbst und vielleicht Lorraine, aber auch nur vielleicht. Verärgert dachte ich darüber nach, ihm einen heftigen verbalen Verweis zu erteilen, weil er sich so neugierig zeigte und mich zudem auch noch berührt hatte. Doch sein Griff, so sanft er auch war, ließ einen Schauer der Angst durch meinen Körper strömen, meine Gedanken stocken und versetzte mich in Panik. »Lass' sofort meinen Arm los, Roger!«, forderte ich leise auf, musste aber direkt feststellen, dass er es nicht tat.

»Nun, wenn du nicht weiter vorhast, dachte ich: Wir könnten vielleicht …«

»Du wirst mich nicht ficken!«, schrie ich panisch, während ich mich von seinem Griff zu befreien versuchte. »Lass' mich augenblicklich los!« Erinnerungen kamen in mir hoch. Und plötzlich waren da wieder diese kräftigen Fäuste, die mir erbarmungslos ins Gesicht schlugen und meine Angst auf den nächsten Level trieben.

»Hey, hey! Was ist denn los …?!« Er ließ mich los und breitete defensiv seine Arme aus.

In der Erwartung eines kommenden Schlages, zuckte ich zusammen, stolperte nach hinten und fiel über einen Papierkorb, ehe ich mit einem aufkreischenden Jammern auf den harten Boden krachte. Blind vor Panik krabbelte ich rücklings und rammte dabei schmerzhaft mit meinem Hinterkopf gegen einen Schreibtisch.

»Was zur Hölle ist hier los …?!«, hörte ich Lorraines lauten Ruf.

Als ihr darauf gleich mehrere Mitarbeiter gleichzeitig antworteten, überlappten deren Stimmen zu einem bedeutungslosen Durcheinander.

»Ich wollte Marjorie doch nur auf einen Drink einladen«, protestierte Roger und hob beschwörend seine Arme, »und schon ist sie ausgeflippt. Keine Ahnung warum!«

Als er darauf mit seiner großen Hand auf mich deutete, zuckte ich, noch immer auf dem Boden liegend, erneut zusammen.

»Roger!« Trevor hatte seine Bürotür aufgerissen und brachte mit seiner lautstarken Ansage das chaotische Stimmengewirr zum Schweigen.

Ich wusste, dass er nicht oft seine Stimme erhob, was in diesem Fall aber dafür sorgte, dass er augenblicklich die Aufmerksamkeit der gesamten Belegschaft bekam.

»Kann ich dich einmal unter vier Augen sprechen?«, wandte er sich zunächst an Roger, ehe er sich an Lorraine richtete. »Würdest du Marjorie bitte mit in dein Büro nehmen?«

»Natürlich, Trevor.«

Sofort fanden Kathryns sanfte Hände meine Arme und überredeten mich aufzustehen.

Ich zitterte noch immer am ganzen Leib und musste mich von ihr führen lassen. Als ich gleich darauf vor Lorraines Schreibtisch auf den auf Stuhl sank, ließ ich meinen Kopf in meine Hände fallen und versuchte meine hektische Atmung zu kontrollieren.

»Sie wird ein paar Minuten für sich brauchen«, meinte Kathryn fürsorglich, »und vielleicht ein Glas Wasser.«

Schon im nächsten Moment wurde mir ein Plastikbecher in meine Hände gedrückt. Ich nippte vorsichtig daran und versuchte nichts zu verschütten. Die beiden hatten sich etwas von mir zurückgezogen. Dennoch waren ihren leisen Stimmen in dem kleinen Raum gut zu hören.

»Kannst du bitte etwas Licht ins Dunkel bringen und mir erklären, was das zu bedeuten hat?«, fragte Lorraine.

»Marjorie hat eine wirklich schwere Zeit durchgemacht …«, begann Kathryn.

»Was für eine schwere Zeit?«

»Ähm, … wie soll ich das am besten ausdrücken?«

»Egal. Sag' schon.«

»Nun, sie vertraut Männern nicht mehr sonderlich, seit … Wie auch immer. Roger ist noch nicht allzu lange hier im Büro, also wird er es wahrscheinlich nicht wissen. Ich bin mir sicher, dass ihn Trevor gerade aufklärt, während wir miteinander sprechen.«

»Ah, okay. Ich denke, ich habe verstanden«, murmelte Lorraine. »Danke, Kathryn.«

Dann schloss sich die Tür und ich war mit Lorraine allein.

»Kann ich dir irgendetwas bringen?«, erkundigte sie sich.

»Ich könnte einen doppelten Wodka vertragen.«

»Vorerst wirst du mit Wasser vorliebnehmen müssen.« Sie lachte. »Alternativ hätte ich Kaffee anzubieten.«

»Kaffee wäre gut und eine Freundin …«

»Möchtest du darüber reden?«

Ich schüttelte den Kopf. »Es gibt nur eine Sache, die ich jetzt brauchen kann.« Ich sah ein wenig zu ihr auf. »Vermutlich klingt das jetzt in deinen Ohren wie der plumpe Versuch, dir nahe kommen zu wollen, aber … aber ich könnte gerade eine Umarmung …«

»Aber ja doch, Marjorie!« Mit geöffneten Armen trat sie auf mich zu.

Langsam erhob ich mich vom Stuhl und kam mir mit unbeholfen und dumm vor – aber ich wusste, dass, wenn ich es nicht tat, den restlichen Tag wie ein Nervenbündel herumlaufen würde. Also umarmten wir uns zum ersten Mal, und ich muss gestehen: es tat gut und sie roch wunderbar …

***

Marjorie & Lorraine

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