Читать книгу Marjorie & Lorraine - Blossom Rydell - Страница 9
ОглавлениеKapitel 7
Es war bereits später Nachmittag und ich hatte alle meine wesentlichen Arbeiten beendet, als mich Lorraine erneut in ihr Büro rief.
»Also gut. Wir haben drei Optionen«, begann sie. »Erstens: Wir behalten alles hier im Büro und absolut nichts verlässt das Gebäude ...«
»Okay«, nickte ich. »Zweitens?«
»Zweitens: Ich vertraue fest darauf, dass du die Muster unter Verschluss hältst und lasse sie dich mit nach Hause nehmen …«
»Okay …«
»Oder drittens: Ich nehme sie mit nach Hause und du probierst sie bei mir aus.«
»Wie bitte? Ausprobieren …?« Ich schaute Lorraine ungläubig an. »Du … du meinst, ich soll … Ich soll das Spielzeug tatsächlich benutzen?«
»Nun, ich denke, das müsstest du doch, oder? … Ich meine, wenn du richtig für ein Produkt werben willst, dann solltest du genau wissen worüber du da schreibst, nicht wahr?«
»Hattest du nicht heute Morgen gesagt, dass es nur erste Design-Entwürfe und noch Dummies der späteren Produkte sind?«
»Vielleicht ...« Sie sah zur Seite.
»Oh, dann sind sie also sehr geheim.«
»Sie wurden als ›top-secret‹ klassifiziert.« Sie tippte sich vielsagend an einen Nasenflügel.
»Nun, dann ist es kein Wunder, dass du sie nicht aus deinen Augen lassen wolltest.« Ich dachte einen Moment über die genannten Optionen nach. »Unter diesen Umständen bleiben sie am besten bei dir. Ich will ja nicht, dass du dir die ganze Zeit über Sorgen machst.«
»Das müsste ich nicht, … wenn du mir hoch und heilig versicherst, dass du dich nicht wieder …«, sie zeichnete mit Zeige- und Mittelfinger Anführungszeichen in die Luft, »… mit irgendwelchen Familienmitgliedern triffst.«
»Ich, ... ähm, ... nein, das kann dir nicht versprechen.«
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Dann machst du das also regelmäßig?«
»Ab und zu«, räumte ich ein. »Manchmal. Das hängt ganz davon ab, ob …«
»Von was? Etwa davon, wie geil du gerade bist?« Sie beobachtete mich genau, als ich über meine Antwort nachdachte.
Mit welchem Recht stellst du mir eine solche Frage?, schoss es mir durch den Kopf. Das steht dir doch gar nicht zu … Außerdem kannst du mich nicht dafür verurteilen, dass ich mit Frauen schlafe. Immerhin hast du doch das Gleiche getan. Cataleya ist doch das beste Beispiel dafür … Warum bist du bloß so an meinem Liebesleben interessiert? »Ja, schon möglich«, gestand ich.
»Du klingst verwirrt.«
Ich seufzte. »Ich versuche Abstand von einer extrem schlechten Beziehung zu gewinnen und bin immer noch auf der Suche nach einer perfekten Partnerin.« Ich senkte den Blick auf die Spitzen meiner High Heels und fühlte mich zugebener Maßen nicht sonderlich wohl, weil ich mich in einem Meer möglicher zukünftiger Beziehungen verirrt hatte. Aber mit wem hätte ich auch sonst über meine Situation sprechen können? Niemand hat sich jemals die Mühe gemacht, mich zu fragen, wie ich mich fühle und warum ich mit so vielen Mädchen geschlafen habe.
Lorraine spielte mit ihrem Füllfederhalter und drehte ihn langsam mit dem Finger, während sie sprach: »Es braucht seine Zeit. Es ist nicht leicht, wieder jemandem zu vertrauen, nicht wahr?«
Ich nickte. »Es geht darum, die richtige Mischung aus körperlicher und mentaler Kompatibilität bei einer Person zu finden.«
»Das klingt ausgesprochen reflektiert«, merkte sie an. »Und nun beginnst du dich zu fragen, ob eine solche Person wirklich existiert?«
»Und wenn es sie gibt, ob ich sie überhaupt jemals treffen werde … Ich meine, sie könnte in Südafrika oder Australien leben. Einfach überall.«
»Oder in Spanien …«, murmelte Lorraine und drehte ihren Stift wieder mit den Fingern.
»War Cataleya Spanierin?«
Lorraine nickte. »Sie war für mich die Eine-Million-zu Eins-Chance.« Sie legte das Schreibgerät zur Seite. »Ich war damals in Sevilla unterwegs und versuchte einen Weg aus der Stadt zu finden, nachdem ich mehr oder weniger eine Stunde im Kreis gefahren war … Wusstest du, dass sie dir dort jede Stunde in Rechnung stellen, die du in der Innenstadt verbringst?«
»Wusste ich nicht.«
»Nun, jedenfalls tickte unaufhörlich die Uhr. Also ließ ich die Seitenscheibe runter, um die erstbeste Person nach dem Weg aus der City zu fragen.«
»Und das war Cataleya?«
»Oh, nein. Sie war die dritte.« Ein gedankenverlorenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Aber da ich von den ersten beiden ignoriert wurde, würde ich die nicht wirklich mitzählen.«
»So habt ihr euch also kennengelernt?«
»Nein. Sie erklärte mir, welchen Weg ich nehmen muss, und ich fuhr los. Aber ich wurde von einem anderen Fahrer in eine falsche Spur abgedrängt und umkreiste darauf das Zentrum erneut.«
»Aber wie …?«
»Wir haben uns zehn Minuten später an der nächsten Ampel wiedergetroffen. Sie war immer noch zu Fuß unterwegs.« Ihr Lächeln nahm einen traurigen Zug an. »Sie klopfte an mein Fenster und fragte, wohin ich fahre. Als ich ihr sagte, dass ich nach Málaga wollte, fragte sie mich, ob ich sie ein Stück mitnehmen könnte. Es stellte sich heraus, dass sie zum Busbahnhof unterwegs war, weil sie vorhatte nach Süden zu fahren.«
»Wow.«
»Wir plauderten harmlos miteinander. Irgendwann machte es Klick, und wir haben uns ineinander verliebt.«
»Dann standen die Chancen an diesem Tag zu deinen Gunsten.«
»Es beweist zumindest eines: Du wirst nie wissen, wann und woher deine nächste Liebe kommt. Und wenn du glaubst, sie ist da, vertraue deinem Bauchgefühl und greife direkt zu.« Sie schloss ihre Hand zu einer festen Faust.
»Daran werde ich mich gewiss erinnern, wenn es einmal so weit ist.«
»Und wenn du die richtige Frau findest, liebe sie von ganzem Herzen, weil du nie wissen wirst, wie viel Zeit ihr zusammen haben werdet.« Ihre Stimme brach bei den letzten Worten …
… und ich erhaschte einen Blick auf die Qual in ihrem Herzen. »Lorraine, du nimmst an, dass ich bei einer Frau landen werde … Warum denkst du, dass es kein Mann sein wird?«
»Weil ich all den tiefen Schmerz hinter deinen Augen sehe …«
***