Читать книгу Monster - Brigitte Jünger - Страница 14
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ОглавлениеNach der siebten Stunde war es diesmal Felix, der am Schultor stand und wartete, ob Alva noch kommen würde. Sie hatten nie darüber geredet, nichts vereinbart und kannten sich auch erst seit einem halben Jahr, als sie neu in die Klasse gekommen war. Trotzdem gab es diese stille Übereinkunft, dass einer auf den anderen wartete, um das Stück Weg gemeinsam nach Hause zu gehen, das sie miteinander teilten. Es passte einfach und fühlte sich gut an. Aber sie war nirgendwo zu sehen.
„Na, wie lief es?“
Vince schon wieder! Er blieb einfach vor ihm stehen. Aber vielleicht wusste er, wo Alva blieb. „Sind alle fertig mit der Klausur?“ Zusammen mit der Frage warf Felix einen schnellen Blick über den Schulhof und die Schüler, die dem Ausgang entgegenströmten.
„Ich war der Letzte“, antwortete Vince. „Gehst du ein Stück mit?“
Felix hatte eigentlich keine Lust, den Heimweg zusammen mit Vince anzutreten, aber er fürchtete, sich möglicherweise wieder irgendeinen dummen Kommentar anhören zu müssen, wenn er es nicht tat, von wegen Romeo wartet lieber noch oder etwas Ähnliches. Vince konnte sowas raushauen und lag damit doch vollkommen daneben. Außerdem wusste Felix ja tatsächlich nicht, ob Alva überhaupt noch kommen würde. Wie blöd, jetzt war doch Wochenende.
Kaum hatten sie die Schule hinter sich gelassen und waren um die nächste Ecke gebogen, hielt Vince an einem Betonpoller an, setzte sich und holte seinen Tabak aus der Tasche. Felix beobachtete, wie er das Papierchen aus dem Beutel zog, Tabak darauf streute und beides mit geschickten Fingern in eine ordentliche Zigarette verwandelte. Vince betrachtete sie noch einmal und sah dann Felix an, als warte er auf eine besondere Belobigung.
„Kann ich mir auch mal eine drehen?“
„Echt jetzt?“ Vince zögerte einen Moment. „Bisher reichte dir doch dein umwerfender Charme! Gib’s zu, ohne den hättest du keinen einzigen Wettkampf gewonnen.“
Felix war nicht nach Scherzen zumute.
„Vor allem, weil dieser Charme unter Wasser so besonders gut zur Geltung kommt!“
Oh, Mann, der war gut. Normalerweise fiel Felix die passende Antwort immer erst ein, wenn er abends im Bett lag.
„Okay.“ Vince zündete sich seine Zigarette an und gab Felix den Tabak. „Ich sehe, dass du dich auf deinen Charme wohl nicht mehr verlassen kannst! Behalt den Tabak. Das ist meine letzte Fluppe.“
„Wirklich? Du hörst tatsächlich auf?“ Felix nahm ein Blättchen und streute Tabak darauf.
„Ich sag’s dir, ihr habt mich kleingekriegt. Hab keinen Bock mehr darauf, dass ihr mich wegen ein paar Kippen wie einen Aussätzigen behandelt.“
„Wir dich?“ Felix musste sich aufs Drehen konzentrieren. Vince rückte näher und besah sich die Sache aus allernächster Nähe.
„Wird nichts“, urteilte er, „du bist noch nicht im richtigen Rollmodus. Das da ist mehr so die Faltmethode.“
Felix leckte das Papierchen an und drückte die Enden zusammen, dann hielt er das krumme Ding in die Höhe.
„Für den Anfang will ich mal nichts sagen“, raunte Vince. „Aber du weißt schon, dass du Sportler bist?“ Felix zuckte mit der Schulter, nahm die Zigarette, steckte sie sich zwischen die Lippen und ließ sich Feuer geben. Er nahm einen Zug, füllte seine Wangen mit Rauch und stieß ihn gleich wieder aus.
„Lass gut sein“, sagte Vince, „paffen kann jeder.“ Er hob die Hand und verabschiedete sich. „Nicht vergessen, immer schön fröhlich bleiben.“
Arschloch.