Читать книгу Monster - Brigitte Jünger - Страница 7
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Оглавление„Felix?“ Er hatte gerade seine Schuhe abgestreift und wollte die Holztreppe nach oben in sein Zimmer gehen, da fing ihn die Stimme der Mutter ein. „In der Küche sind noch Tortellini im Topf, kannst du dir warm machen. Ich komme nicht mehr hoch, bin total k.o.“
Die vertraute Stimme, der entfernte Geruch nach irgendeinem Parfüm, das sie ins kleine Klo neben der Treppe verbannt hatte, die Stimmen aus dem Fernseher. Diese Normalität schnürte Felix die Luft ab. Alles war wie immer, nur er war ein anderer. Ein Ausgestoßener. Diese Erkenntnis zog sich schmerzhaft durch seinen ganzen Körper, vom Hals bis in die Eingeweide. Messerscharf.
„Felix? Kommst du? Der Millionär ist noch dran, hat heute eine Extrasendung. Du bist spät.“ Er setzte sich auf eine der hölzernen Stufen gegenüber der Wohnzimmertür und schloss die Augen.
„Komme gleich.“
Die Arme um seinen Körper geschlungen, versuchte er den toten Punkt in seinem Inneren zu überwinden. Ein riesiger Graben lag zwischen ihm und allem, was hier vertraut und selbstverständlich war. Wie soll ich diesem Schlund entkommen? Gleichzeitig war es nur ein kleiner Schritt, denn nur er wusste davon. Dass er ein Fremder geworden war in diesem Haus, in einer dieser Blumenstraßen, in dieser Welt. Die Normalität um ihn herum war die Gleiche geblieben. Vielleicht musste er es nur schaffen, so zu tun, als wäre sie auch für ihn weiter normal.
„Kommst du?“ Wieder Mamas Stimme. „Die achttausend Euro Frage: Wer wurde 1976 in Montreal Weltmeister über hundert Meter Freistil der Männer? James Montgomery, Jerry Heidenreich, Wladimir Bure oder -?“
„Mark Spitz.“
Ein Name, eine Brücke hinüber auf die andere Seite der Welt. Felix gab sich einen Ruck, stand auf und ging in die Küche, um sich die Tortellini warm zu machen. Er stellte erleichtert fest, dass er das noch konnte. Als er mit dem Teller ins Wohnzimmer ging, war die Schwimmerfrage glücklicherweise längst abgehakt. Er setzte sich zu Mama aufs Sofa, legte seine Füße auf den Couchtisch und begann zu essen. Mama rückte näher und strubbelte ihm durchs Haar.
„Na, alles okay, Großer?“
Felix riss seinen Kopf so heftig zur Seite, dass die Tortellini vom Teller aufs Sofa schwappten. Er sprang auf und knallte den Teller auf den Tisch.
„Mensch, spinnst du denn?“ Mama schaute erschrocken, aber mehr noch empört, und sprang dann ebenfalls auf, lief in die Küche und holte einen Wischlappen. Da war Felix schon aus dem Zimmer gestürmt und die Treppe hinauf in sein Zimmer gerannt. Keine verdammte Berührung, hämmerte es in seinem Kopf. Das mit der Brücke war vorerst ein Irrtum.