Читать книгу Orpheus Stufen - Kriminalroman - Burkhard Ziebolz - Страница 8
2.
ОглавлениеDie Höhe der Regale flößt Respekt ein; und die unüberschaubare Menge an Gedankengut, die auf ihnen lagert, ebenfalls. Achthunderttausend Bände, und dreitausend Handschriften in den Tresoren.
Wilhelm Ringelnatz hat keine tiefere Beziehung zu Büchern. In den sechzig Jahren seines Lebens hat er nur eine Handvoll gelesen, meist Kriminalromane, und die nicht aus Interesse, sondern eigentlich nur, um sich über die darin beschriebenen Ermittlungsmethoden und das aufregende Leben der Detektive zu amüsieren. Aber was ihm hier entgegenschaut, ist beinahe das gesamte Wissenspektrum der Menschheit des Mittelalters, gesammelt über Jahrhunderte, konzentriert auf einem Fleck und konserviert für die Zukunft. Dieses Bewußtsein nötigt ihm Respekt ab.
Die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel ist bekannt in der bibliophilen Welt. Die in ihr lagernden Schätze der frühen Buchdruckerkunst und die Sammlung von Werken, die noch früher entstanden sind, faszinieren die Wissenschaft seit vielen Jahren.
Er war schon einmal hier, in einem anderen Fall, hatte das alte Gebäude aber nicht so prunkvoll in Erinnerung. Die hohe Halle in ihrer barocken Pracht, die sich wie ein zweiter Himmel über ihm wölbt, ist ein würdiger Rahmen für die Zeugnisse der Vergangenheit, und man kann hier nicht anders, als leise und andächtig zu sein.
Doktor Ernest Bilfinger, der Leiter der Bibliothek, strahlt bei allem, was er sagt und tut, eine bestimmte Art von Zufriedenheit und Stolz aus. Die kleinen, wässrigblauen Augen blitzen aus dem feist-rosigen Gesicht, so als wollte er sagen: »Hier sind wir, ein wertvoller Baustein im Weltwissen, anerkannt in allen Kulturen.« Auch jetzt blitzen sie, obwohl er in die Niederungen krimineller Verirrungen hinabsteigen muß.
»Wir sind natürlich froh, daß es keines unserer wirklich wichtigen Stücke betrifft. Stellen Sie sich vor, der ›Kopernikus‹, oder gar das ›Evangeliar‹ . . .«
Er schlägt in aufkommender Panik die Hand vor den Mund, so als müßte er sich am Schreien hindern. Ringelnatz lockert die Krawatte; er steht dem anderen in Leibesfülle in nichts nach, und ihm ist im Moment nicht ganz wohl. Das »Evangeliar«, so wertvoll es auch ist, ist ihm egal, denn es ist nicht bei der Insura, seinem Arbeitgeber, versichert. Wilhelm Ringelnatz ist das, was der Volksmund einen Versicherungdetektiv nennt.
Er zückt einen kleinen, weißen Block, auf dem gut sichtbar das Logo seiner Gesellschaft prangt: Hermes, Gott der Kaufleute und konsequenterweise auch der Diebe, stilisiert über dem Firmennamen schwebend.
»Das freut uns auch. Um welchen Band handelt es sich noch mal genau?«
Bilfinger senkt die Stimme noch weiter, so als könnte eine erhöhte Lautstärke die Aufmerksamkeit weiterer krimineller Elemente erregen.
»Das Buch heißt ›Traktätlein von dem Kometen, der im November Anno 1638 gesehen worden ist‹.«
Fragend blickt ihn der andere an.
»Was ist der Inhalt des Buches?«
»Wie Sie sich denken können, schildert es das Auftauchen eines Kometen im Jahre 1638. Der Autor hat versucht, sich wissenschaftlich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen, was in den damaligen Zeiten des Aberglaubens an sich schon ein erstaunlicher Ansatz war.«
»Ist das Buch wertvoll?«
Bilfinger verdreht pikiert die Augen. Er ist mittelgroß und sehr dick. Die Reste dessen, was einmal ein mittelblonder Haarschopf war, liegt, sorgfältig nach vorn gebürstet und mit Frisiercreme an die Haut geklebt, quer über der Schädeldecke.
»Naja, irgendwie schon. Bei einer Versteigerung würde es ein paar tausend Mark bringen, aber ich glaube nicht an Gewinnsucht als Motiv.«
»Warum nicht? Meist ist Gewinnsucht das Motiv von Diebstählen.«
Der Direktor blickt jetzt mit verschwörerischem Ausdruck um sich. Der Detektiv zollt der Wandlungsfähigkeit im Mienenspiel des Mannes eine gewisse Bewunderung. Keine Sekunde scheint zu vergehen, ohne daß sich dessen Gesichtsausdruck ändert.
»Jemand, der ein Buch entwendet, muß sich mit antiquarischem Material auskennen. Er muß wissen, was er wo verkaufen kann. Richtig?«
Ringelnatz zuckt die Schultern.
»Wahrscheinlich.«
»Ganz bestimmt.«
Überschlaue Typen hat Ringelnatz noch nie ausstehen können. Aber vielleicht ist die aufkommende Aversion auch auf seinen momentan angegriffenen Gesundheitszustand zurückzuführen. Schön beim Aufstehen am Morgen war ihm übel, und er fühlte sich müde und schwach wie schon die ganzen letzten Wochen.
Die Untersuchung vor ein paar Tagen geht ihm durch den Sinn. Er ist nicht unbedingt beunruhigt, aber doch ein wenig gespannt auf die Ergebnisse. In seinem bisherigen Leben ist er selten krank gewesen, und niemals ernsthaft, aber irgendwann, so denkt er, fängt der Körper halt an, nicht mehr zu funktionieren. Der Arzt hat ihm die Diagnose für nächsten Mittwoch versprochen.
»Was könnte sonst das Motiv gewesen sein?«
»Keine Ahnung. Eine Art ideeller Wert oder der Inhalt des Buches vielleicht. Könnte ich mir denken.«
Was meint er damit? Den Inhalt hätte man ja lesen können, ohne das Buch zu stehlen, und was ist ein ideeller Wert? Der Detektiv schaut ihn forschend an, beschließt aber, systematisch vorzugehen und erstmal das Nächstliegende zu klären.
»Wo hat der Band gestanden?«
Bilfinger wendet sich um, weist in Richtung auf eine Treppe, die nach unten führt, und setzt sich auch gleich in Bewegung.
»Dort unten. Kommen Sie.«
Raumgreifend stürmt er voran, so schnell ihn die kurzen Beine tragen; Ringelnatz, kurzatmig und wieder stärker transpirierend, vermag kaum zu folgen. Der Bibliotheksdirektor scheint besser in Form zu sein, als es seine aufgeschwemmte Erscheinung glauben läßt.
Ein paar Stufen nach unten, das Licht wird gedämpfter. Auch hier sind die Wände voll bis unter die Decke mit weißen oder bräunlichen Bücherrücken. Die Titel sind handschriftlich und immer noch gut lesbar auf jeden einzelnen aufgeschrieben, in eigentümlich spitzer, genauer Schrift, von einer Hand, die schon lange Staub ist.
Bilfinger tritt an ein Regal rechts neben dem Eingang und weist auf eine Lücke zwischen den Bänden.
»Hier war es.«
Ringelnatz sieht sich um.
»Und daß das Buch irgendwo anders hingekommen ist? Ausgeliehen? Oder in eine andere Abteilung, ein anderes Regal, aus Versehen?«
Er weist unbestimmt in den Raum um sie herum.
Schlagartig vereist die Miene des kleinen dicken Direktors, und seine Stimme hat nun jede Spur von Freundlichkeit und Sympathie verloren. Das Dreifachkinn zittert in schwachem Tremolo. Schwer zu sagen, ob es Aufregung ist oder Bindegewebsschwäche, in jedem Fall ist der Mann über die Maßen aufgebracht.
»So etwas gibt es hier nicht. Es gibt keine Versehen in diesem Haus, alles folgt bestimmten, festgelegten Abläufen. Regeln, Herr Ringelnatz, Regeln und Plänen. Jedes Werk hat seinen Platz, der genau festgelegt ist. Dort, und nur dort, kann es sein. Wenn es nicht dort ist, ist es gestohlen. Was nicht ist, wo es sein soll, existiert nicht. Jedenfalls nicht in diesem Haus.«
Ein klarer Standpunkt. Ringelnatz beschließt, nicht weiter darauf einzugehen, um den Mann nicht noch mehr aufzuregen, und setzt mit ruhiger Stimme fort.
»Wer hat den Verlust als erster bemerkt?«
»Das war Herr Zwanziger, einer unserer Bibliothekare.«
»Ist er für diesen Teil der Bibliothek zuständig?«
Huscht ein leichtes Unbehagen über die Miene Bilfingers?
»Nein, eigentlich nicht. Es war mehr ein Zufall.«
Es gibt also doch Zufälle in diesem Haus der Regeln. Der Detektiv setzt sein impertinentestes Lächeln auf, unterbricht den anderen aber nicht.
»Herr Zwanziger suchte eigentlich ein anderes Buch, das in der Nähe des gestohlenen steht. Irgend etwas fiel ihm am Rücken des ›Traktätleins‹ auf. Er zog es aus der Reihe und fand im Inneren eine Attrappe. Weiße Seiten.«
»Das war gestern nachmittag?«
»Richtig. So gegen vier. Wir haben sofort die Polizei gerufen, die die Attrappe dann mit ins Labor genommen hat. Von der Polizei hätten Sie übrigens alles, was ich Ihnen eben erzählt habe, auch erfahren können.«
Das heißt: »Diese Unterhaltung geht mir auf die Nerven und kostet mich Zeit, die ich nicht habe. Und wenn ich sie hätte, würde ich sie nicht mit dir verbringen.« Und es heißt: »Die Polizei wird es schon richten. Die brauchen keinen alten, abgehalfterten Plattfuß wie dich, um ihre Arbeit zu machen.« Ringelnatz spürt die Ablehnung, die in der letzten Minute in seinem Gesprächspartner entstanden ist, verzieht aber keine Miene.
Trotzdem beschließt er, es kurz zu machen.
»Sie haben zu Protokoll gegeben, daß der letzte, der das Buch ausgeliehen hat, der Dieb sein muß. Wie geht das Ausleihen denn vonstatten?«
Der Direktor macht jetzt den Eindruck wirklicher Genervtheit, nahe daran, die Geduld zu verlieren.
»Unsere Räume mit den Büchern sind zwar zugänglich, aber die Bücher dürfen ohne Aufsicht nicht berührt werden. Die Möglichkeit, daß ein Schaden entsteht, ist zu groß. Wenn sich jemand für ein bestimmtes Werk interessiert, dann meldet er sich beim Bibliothekar vom Dienst, ab acht Uhr morgens. Er erhält Einsicht in unsere Kataloge und sucht sich anhand derer das Buch oder die Bücher aus, die ihn interessieren. Manche kommen auch schon am Tag vorher, stöbern in den Regalreihen und treffen auf diese Weise ihre Auswahl. Der Bibliothekar sucht das Buch heraus, das dauert etwa eine dreiviertel Stunde. Er übergibt dem Interessenten das Buch, und der setzt sich damit in den Lesesaal, unten rechts vom Eingang. Bei besonders wertvollen Folianten erhält er dünne Handschuhe, um den direkten Kontakt zwischen Papier und Haut zu verhindern. Schweiß, Aminosäuren, Fett – Sie verstehen. Hat er fertig gelesen, gibt er das Buch zurück und geht. Für die Handschriften gilt dieses simple Procedere natürlich nicht. Sie werden nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zur Ansicht freigegeben, unter Aufsicht und ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken.«
»Und bei der Gelegenheit soll das Buch vertauscht worden sein?«
»Ja. Wissen Sie«, nun sinkt die Lautstärke des anderen auf ein Maß, das bei Verschwörungen oder Gesprächen über besonders unangenehme Geschlechtskrankheiten angebracht ist, »wissen Sie, am fraglichen Tag hatte Herr Wenders Dienst. Ein guter Mann, langjähriger Mitarbeiter mit hervorragendem Fachwissen, aber sehr kurzsichtig. Jetzt hat er ja eine neue Brille.«
»Und dieser Herr Wenders . . .«
» . . . schwört natürlich, keine Attrappe entgegengenommen zu haben, und wir können ihm das Gegenteil kaum beweisen. Aber – sagen Sie Wenders nichts von meiner Meinung zu dieser Geschichte. Wenn es so war, wie ich vermute, macht er sich sicherlich selber schon genug Vorwürfe. Das Buch entpuppte sich übrigens als Einband eines Kontobuches aus dem vorigen Jahrhundert; so was kann man auf Flohmärkten billig kaufen. Der Täter hatte sich sogar die Mühe gemacht, ein kleines papierenes Etikett auf den Rücken zu kleben, wie sie alle unsere Bücher tragen, mit einer entsprechenden Beschriftung.«
Der Detektiv lehnt sich mit wackligen Knien gegen ein kleines Stehpult. Ganz plötzlich steigt Übelkeit in seiner Kehle auf, und ihm wird heiß, trotz der konstant zwanzig Grad bei exakt sechzig Prozent Luftfeuchte, die in den Bibliotheksräumen herrschen. Er muß schnell raus hier, an die frische Luft.
Nur noch ein paar letzte Fragen.
»Der Dieb muß um die schlechten Augen ihres Angestellten gewußt haben«, würgt er hervor.
Bilfingers Antwort klingt abweisend.
»Haben Sie Wenders zufällig gesehen? Er sitzt da vorne an der Auskunft. Seine Brillengläser sind dick wie Panzerglas, für jeden erkennbar.«
Ringelnatz erinnert sich. Der Mann hat einen ängstlichen, verschüchterten Eindruck auf ihn gemacht, wie ein in die Enge getriebenes Kaninchen. Sein Augen hatten durch die vergrößernde Wirkung der Brille so ausgesehen, als wären sie in maßlosem Schrecken weit aufgerissen.
Weiß Gott, welche Szene ihm sein Chef wegen des Diebstahls schon gemacht hat. Auch wenn Bilfinger jetzt den Eindruck macht, besorgt um seinen Mitarbeiter zu sein, stuft Ringelnatz ihn in die Kategorie »cholerisch und rechthaberisch« ein.
»Hat der potentielle Dieb sich nur dieses eine Buch vorlegen lassen oder waren es mehrere?«
»Nur das eine.«
»Konnte Herr Wenders den Mann beschreiben?«
Der Direktor schnaubt abfällig duch die Nase.
»Er nicht, aber ich. Ich habe ihn zufällig gesehen, als ich durch die Halle ging, und sein Aussehen fiel mir auf, weil es so untypisch für den Kreis unserer sonstigen Besucher war. Er war klein, kräftig, mit kurzen dunklen Haaren und trug eine schwarze Lederjacke und hohe Stiefel zum Schnüren.«
Sie sind auf dem Weg zum Ausgang, stellt der Detektiv in diesem Moment mit leichter Überraschung fest. Sein Gastgeber führt ihn allmählich, aber zielstrebig hinaus, während er immer weiter spricht.
»Springerstiefel heißen die Dinger, glaube ich. Ganz sauber und blank poliert, wie unsere damals, beim Barras. Und so eine Tätowierung auf der Hand, wie eine germanische Rune.«
Dann stehen sie auch schon vor der Tür, und nach kurzer Verabschiedung stellt Ringelnatz fest, daß er selten so elegant und beiläufig vor die Tür gesetzt worden ist wie gerade eben. Er geht zögernd ein paar Schritte, die Gedanken noch mit dem Gehörten beschäftigt, dann setzt er sich auf eine der Bänke vor dem Bibliotheksgebäude. Das helle Sonnenlicht wird an dieser Stelle vom Grün des Blätterdachs gemildert und gibt ihm eine Färbung, die Kühle auf der Haut erzeugt. Er fühlt sich besser jetzt, das Unwohlsein sinkt auf ein erträgliches Maß herab: Immer noch vorhanden, aber unterhalb der Grenze, die permanent störend wirkt.
In seinem Alter muß man damit rechnen, daß der Körper bisweilen nicht mehr so mitspielt wie früher.
Der feiste Bilfinger hat wahrscheinlich recht, was den Ablauf des Diebstahls anbelangt; vielleicht hat er auch recht in bezug auf das Motiv. Der Inhalt des Buches: Ein Komet fällt auf die Erde. Was kann daran so interessant sein, das Risiko eines Diebstahls einzugehen? Er muß mit jemandem reden, der es gelesen hat und der ihm mehr sagen kann als nur einen Satz.
Die Beschreibung des Diebes paßt natürlich auf die Hälfte aller jungen Neonazis in der Stadt. Eigentlich sollte die Polizei keine Schwierigkeiten haben, ihn zu identifizieren; die meisten dieser Typen sind aktenkundig. Aber Ringelnatz fällt es schwer, die rechte Szene mit Büchern im allgemeinen und diesem Buch im besonderen in Einklang zu bringen. Möglicherweise ist es ein Vorurteil, aber für ihn passen braune Gesinnung und Kultur nicht zusammen. Vielleicht wollte der Dieb ja auch nur aussehen wie ein Rechter und trug die Sachen als Tarnung.
Vielleicht doch ein Auftragsdiebstahl?
Achttausend Mark Versicherungswert, davon bleiben dem Dieb tausendfünfhundert, wenn er Glück und einen netten Hehler hat. Kein Profi macht dafür einen Finger krumm, und Amateure haben nicht den Mumm, so etwas durchzuziehen, falls sie überhaupt auf die Idee kämen.
Er schließt müde die Augen. Auch eine Errungenschaft der letzten Wochen: ständige Müdigkeit. Wann hat er zuletzt Urlaub gehabt? So richtig vor acht Jahren, damals, das letzte Mal mit Agnes. Alles, was später kam, war keine Entspannung mehr, sondern nur eine Flucht. Flucht aus dem Job, vor den Kollegen, aus dem Alltag.
Aus den Umständen.
Langsam kommt er von der Bank hoch, stemmt seine fast hundert Kilo mit Mühe in die Höhe. Er tritt aus dem Schatten der Bäume, die Hitze trifft ihn wie ein Schlag mit einer Wolldecke. Und er denkt, wie schon oft in der letzten Zeit: Du wirst aufhören nach diesem Fall. Die Idee, vor ein paar Wochen noch ganz vage, ist immer konkreter geworden, und jetzt steht es beinahe fest. Ringelnatz hat etwas Geld auf der Seite, nicht viel, aber es wird reichen, um die Zeit bis zur Rente in angenehmem Vorruhestand zu verbringen.
Er atmet auf, als hätte der Gedanke eine Befreiung gebracht. Ein Fall noch. Nächste Woche spricht er mit Millstatt. Sein Chef wird froh sein, daß er geht, aber er wird soviel Anstand haben, es ihn nicht spüren zu lassen. Vierzig Jahre Herumlaufen und Fragen stellen, das muß reichen; vierzig Jahre Unwillen, Reserviertheit und Ablehnung bei seinen Gesprächspartnern. Daran hat er sich niemals gewöhnen können, trotz der zahlreichen kleinen Erfolge, die er über die Zeit in seinem Job hatte und die ihm die Anerkennung seiner damaligen Vorgesetzten eingebracht haben.
Erfolge, die jetzt nichts mehr zählen.
Willi Ringelnatz gehört zum alten Eisen, für seine Vorgesetzten, seine Kollegen, aber auch für Freunde und Bekannte.
Und für sich selbst.