Читать книгу Rache - Calin Noell - Страница 26
ОглавлениеVom Leben gezeichnet
Als wir zu Umi kamen, hörten wir sie bereits schimpfen. »Ich hätte ihn umbringen sollen, verdammt. Leif geht es dir wirklich gut?«
»Ja, du hast mich gerettet. Nicht nur Jul, sondern jetzt auch mich.« Er strahlte, als wir gerade die Räume der Heiler betraten.
»Oh, na bravo, auch das noch«, rief Sam genervt. Wir stockten mitten im Schritt.
»Halt still und zetere nicht so rum. So kann ich nicht arbeiten«, schimpfte Umi.
»Ich habe dir gesagt, dass ich es auch allein versorgen kann. Stattdessen sitze ich jetzt hier und muss mich auch noch von den beiden dort anstarren lassen.« Sie drehte ihren Kopf zu uns. »Habt ihr genug gegafft?«
Hastig wandten wir den Blick ab. Nun hatten wir ihre Narben mit eigenen Augen gesehen und mir lief es eisig den Rücken hinab. Nicht dass Sam durch sie entstellt oder hässlich wäre, ihr Körper war unfassbar gut proportioniert, doch die Vielzahl der Narben erschütterte mich.
»Was ist mit dir geschehen?«, fragte ich flüsternd, konnte einfach nichts dagegen tun und sah ihr direkt in die Augen. Sie hielt meinen Blick fest und lächelte kalt.
»Das Leben. In all seinen wundervollen, unglaublich vielfältigen Facetten«, antwortete sie sarkastisch. »Ich lass auch gleich noch meine Hose runter, also bitte bleibt, damit ihr euch endlich ein vollständiges Bild von mir machen könnt.«
Mael betrachtete sie seltsam angerührt. »Warum bist du so?«, fragte er leise.
Verächtlich sah sie von mir zu ihm, lachte noch eisiger als zuvor. »Kannst du auch mal eine andere Platte auflegen? Ihr nervt, alle beide, also verschwindet endlich.«
Umi wickelte einen Verband um ihren Bauch und Sam erhob sich, zog ihre Hose aus und legte sich hin. »Das Messer hat die Blutbahn zum Glück verfehlt. Aber es ist eine tiefe Fleischwunde, die ich nähen muss.« Während Umi die Wunde gewissenhaft reinigte, ging ich auf sie zu, ergriff ihre Hand und hielt sie fest, wie sie es bei Jul getan hatte. Erschrocken riss sie ihre Augen auf, musterte mich irritiert und versuchte, sich zu entziehen, doch ich ließ einfach nicht los. Mael trat an ihre andere Seite, folgte meiner Geste und drückte aufmunternd ihre andere Hand. Entschlossen sahen wir auf sie hinab und gaben ihr damit zu verstehen, dass wir für sie da waren.
Sie lachte, erst spöttisch, dann hörbar unangenehm berührt. »Seid ihr jetzt vollkommen irre? Was soll das?« Ihre Stimme zitterte und erneut versuchte sie, sich loszumachen. Wir aber hielten sie fest, die ganze Zeit, während Umi die Wunde vernähte, und ließen sie nicht los.
»Du wirst nie wieder allein sein.« Ich meinte es ernst.
Sie stöhnte genervt und schloss die Augen. »Was für ein Albtraum ist das hier bloß? Umi, würdest du diese zwei Witzbolde bitte einfach hinausschmeißen?« Obwohl ihre Stimme durchaus hart klang, hörte ich ihre Verunsicherung deutlich heraus.
Umi lachte. »Tut mir leid Sam, doch Kiljan ist das Oberhaupt.« Schmunzelnd sah sie uns an, Sam jedoch riss sich plötzlich gewaltsam los. »Ich weiß, was ihr vorhabt. Glaubt ihr eigentlich, ich bin vollkommen verblödet? Lasst mich endlich alle in Ruhe und verzieht euch.«
Sie entriss Umi den Verband, wickelte ihn sich selbst ums Bein, zeigte dabei erstaunliche Fingerfertigkeit und zog sich hastig wieder an.
»Muss ich Angst haben, im Schlaf ermordet zu werden, oder verwahrt ihr Cadan diesmal sicher?«, fragte sie herausfordernd.
»Er wird bewacht und darf sein Quartier nicht verlassen.«
Höhnisch zog sie eine Braue in die Höhe. »Wenn mich das jetzt beruhigen soll, muss ich dich enttäuschen. Er stand auch vorher schon unter Arrest oder etwa nicht?«
»Du hättest ihn nicht herausfordern müssen«, wies ich sie zurecht, doch ihr Blick funkelte nur noch wütender.
»Ach ja, genau. Ich vergaß. Weil die Möglichkeit, im Schlaf hinterrücks erstochen zu werden, ja so viel verlockender ist. Er ist ein feiger Dreckskerl, da wähle ich den Zeitpunkt lieber selbst.« Gereizt stapfte sie hinaus.
»Das sind wirklich Folternarben«, flüsterte Umi unter Tränen. »Ich bin mir jetzt ganz sicher. Und solch eine Anzahl bekommt man nicht innerhalb einiger Tage.« Sie sah von Mael zu mir und hielt dann meinen Blick. »Passt unbedingt auf sie auf. Sie hat ein gutes Herz, und es ist mehr als erstaunlich, dass sie überhaupt noch eines besitzt.«