Читать книгу Rache - Calin Noell - Страница 21
ОглавлениеDie Kleinen liefen ihr aufgeregt hinterher, Mael und Umi aber tauschten einen traurigen, stummen Blick miteinander. »Gib ihr ein wenig Zeit, Umi. Vielleicht erwarten wir einfach zu viel auf einmal.« Sie nickte und seufzte erneut.
»Ich will ihr doch nur helfen. Sie wirkt auf mich wie eine einsame, verlorene Seele. Dabei kann ich ihr Herz so deutlich sehen, sobald eines der Kleinen ihr nahekommt.« Mael nickte und beide blickten in den Raum hinein.
Sam saß auf dem Boden und die Kleinen um sie herum. Sie hatte ein Buch aufgeschlagen und las daraus vor. Dann wählte sie eines der Kinder, das sofort zu ihr auf den Schoß kletterte und dann lasen sie gemeinsam das nächste Stück.
Kiljan trat auf Umi und Mael zu und als hätte sie es gespürt, blickte sie auf, betrachtete sie mit gerunzelter Stirn. Sie blickte zu Kiljan einen Moment länger, dann jedoch forderte Leif ihre Aufmerksamkeit, weil er ein Wort nicht verstand und sie konzentrierte sich wieder auf die Geschichte.
»Sie hat also zugestimmt«, sagte Kiljan leise und Umi nickte.
»Zögernd zwar, aber schließlich hat sie eingewilligt, dennoch ist sie voll Misstrauen den Erwachsenen gegenüber. Wenn ich sie hier und jetzt beobachte, frage ich mich immer drängender, was, bei allen Geistern, ihr angetan wurde. Und doch hoffe ich dann, es niemals zu erfahren.« Überrascht sahen Mael und Kiljan zu ihr.
»Nicht nur ihre sichtbaren Narben lassen mich schaudern. Nevan erzählte mir, dass sie keinen Laut von sich gab, als er zweimal hintereinander vergeblich versuchte, ihr die Schulter einzurenken. Ich habe mir meine vor ein paar Jahren auch einmal ausgekugelt und ich mag vielleicht nicht besonders hart im Nehmen sein, doch verweichlicht bin ich ganz sicher nicht. Es waren unaussprechliche Schmerzen, ich schrie trotz Heilmitteln und verlor am Schluss beinahe die Besinnung.« Sie schüttelte sich.
»Bei dem Gedanken daran, dass sie es dreimal hintereinander vollkommen stumm ertrug, läuft es mir eisig den Rücken hinab.« Sie betrachteten Sam erneut und jeder machte sich seine ganz eigenen Gedanken.
»Kann ich Eintritt verlangen?«, rief Sam verärgert.
Erschrocken zuckten Kiljan und Mael zusammen, schmunzelten dann jedoch. »Sam, ich möchte heute Abend gerne noch einmal mit dir sprechen. Wenn du hier fertig bist, komm bitte mit Mael in mein Arbeitszimmer«, sagte Kiljan.
Wütend blickte sie auf. »Kein Wachmann also, ja?« Herausfordernd erwiderte sie meinen Blick.
»Ich bin der engste Vertraute und Stellvertreter von Kiljan«, rechtfertigte sich Mael prompt und Sam wandte sich ihm das erste Mal wirklich direkt zu.
»Hüter, Nachtwache, Kindergärtner und nun noch mein ganz persönliches Geleit zum Rapport, na, klingelt da bei dir irgendetwas?« Sie wartete seine Antwort nicht ab. »Wer ist als Nächstes an der Reihe?« Lächelnd sah sie in die Runde.
Die kleine Kies kletterte auf ihren Schoß. »Kannst du mir helfen? Ich kann noch nicht so gut lesen. Ich bringe die Buchstaben immer durcheinander«, fragte sie im Flüsterton. Sie klang aufrichtig beschämt und sah Sam mit riesengroßen, traurigen Augen an.
»Hab keine Angst. Das ging jedem von uns am Anfang so und ich helfe dir, wenn du nicht weiter weißt.«
Alle drei seufzten leise. Kiljan kehrte zurück an seinen Schreibtisch, während Mael und Umi sich ebenfalls in die Klasse begaben und die Tür schlossen. »Sie ist immer zu öffnen«, erklärte Umi, nachdem sie den fast schon nervös wirkenden Blick von Sam bemerkt hatte. »Die untere Klinke muss man mit dem Riegel hier oben freischalten. Doch die obere öffnet die Tür jederzeit.« Wie um ihre Worte zu beweisen, führte sie den Türmechanismus einmal vor. Sam nickte, schaffte es jedoch nicht ganz, ihre Erleichterung zu verbergen. Mael und Umi aber tauschten einen mitfühlenden Blick.