Читать книгу Rache - Calin Noell - Страница 27
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Ruhelos lief ich auf und ab, was angesichts meiner Beinwunde mittlerweile ziemlich schmerzte. Als ich es nicht mehr ertrug, legte ich mich hin und fluchte innerlich.
Was bilden sich diese Idioten eigentlich ein? Verdammt!
Es dauerte nur wenige Augenblicke, schon liefen die Kleinen auf mich zu, und ich seufzte. Sie schienen einen siebten Sinn zu besitzen. Alle waren in Wolfsgestalt und kuschelten sich dicht an mich heran. Ich schaffte es nicht mehr, meine Gefühle zurückzuhalten. Leif drückte sich enger an mich, und ich schloss ihn fest in meine Arme, vergrub mein Gesicht in seinem Fell. Mit geschlossenen Augen atmete ich bewusst ein und aus, bis ich einschlief.
Ich öffne meine Augen und blicke mich in meinem Kellerverlies um. Dolche durchstechen meine Hände, fixieren mich an Pfählen, verhindern so jegliche Gegenwehr. Doch zusätzlich hänge ich an Ketten. Zu groß und schwer bin ich inzwischen, sodass die Klingen in meinen Handflächen allein mein Gewicht nicht mehr tragen können.
Von hinten tritt er an mich heran und reibt sich an mir. Ergeben stöhnt er auf, wird immer wilder, immer erregter und streichelt mich unentwegt. Dann schlägt er zu, weil ich noch immer nicht bereit für ihn bin, es niemals sein werde. Brutal würgt er mich, während er tief in mich stößt und ich bin erstaunt, wie lange ich inzwischen ohne Luft auskomme, weil es seit Ewigkeiten stets denselben Verlauf nimmt. Schon lange hoffe ich nicht mehr auf die Erlösung durch Ersticken, denn er hört jedes Mal rechtzeitig auf, als hätte er einen siebten Sinn dafür. Danach ist er wütend, jedes Mal, auf mich oder sich selbst weiß ich nicht genau. Nach ihm dürfen die anderen, doch er sieht die ganze Zeit dabei zu, sitzt hinter mir, die Peitsche in der Hand. Er liebt die neunschwänzige Katze und er benutzt sie, immer wieder, während die anderen an der Reihe sind.
Schweißgebadet fuhr ich hoch und fluchte leise. So vorsichtig wie möglich erhob ich mich und schlich davon, lief, bis ich an einen See gelangte. Noch immer aufgewühlt lief ich am Ufer auf und ab, nicht in der Lage, stillzustehen. Erst als ich vollkommen erschöpft war, setzte ich mich und ließ meine Füße im Wasser baumeln.
»Da kommt ja schon einer der beiden siamesischen Zwillinge«, rief ich genervt und lehnte mich gegen einen kleinen Uferstein. Kiljan ließ sich neben mir nieder und hielt mir wortlos eine Flasche Malt hin. Ich griff zu und trank einen Schluck. »Wenn du glaubst, mich betrunken machen zu können, damit ich endlich mehr erzähle, muss ich dich enttäuschen. Das Zeug wirkt bei mir längst nicht so, wie es sollte.« Ich gab ihm die Flasche zurück, und er trank ebenfalls einen großzügigen Schluck.
»Wenn Cadan zu meinem Clan gehören würde, wäre er nicht länger am Leben. Wir tun alles für unsere Familie«, sagte er ernst. Ich schnaubte. Waren seine Worte doch vollkommener Schwachsinn, ohne dass er selbst es ahnte.
»Was willst du von mir Kiljan?«, fragte ich, sah ihn aber nicht an.
»Ich möchte, dass du bleibst, auch nach Juls Feier.« Ich spürte seinen Blick und wandte mich ihm unsicher zu. Seine Augen funkelten im Mondschein und ich hörte wieder seine kindliche Stimme in meinem Kopf. »Glaub mir, du wirst meine Gefährtin sein, keine andere werde ich nehmen.« Er betrachtete mich genauso ernst wie damals.
»Warum?«, fragte ich und besah ihn unauffällig genauer. Er war unleugbar gutaussehend. Ebenso schimmernd schwarzes Haar wie ich, leuchtend moosgrüne Augen, durchtrainiert, muskulös in den richtigen Proportionen.
»Du brauchst einen Platz, an dem du bleiben kannst, ein Zuhause«, entgegnete er schlicht.
Wütend nahm ich ihm die Flasche aus der Hand und trank einen Schluck. »Ich brauche niemanden«, antwortete ich und merkte selbst, wie hohl sich das inzwischen anhörte. »Du kennst mich nicht, Kiljan, glaub mir einfach, dass es besser ist, wenn ich wieder verschwinde. Für uns alle.« Langsam erhob ich mich. »Für manche von uns gibt es einfach keinen Platz«, ergänzte ich leise, doch ich meinte es genau so.
Ich wandte mich ab und blieb plötzlich überrascht stehen. »Wo sind die restlichen Alten?«, fragte ich und wartete gespannt auf die Antwort, wunderte mich über mich selbst, weil es mir erst jetzt auffiel.
»Sie kehren in etwa zwei Wochen zurück. Sie besuchen andere Clane und es ist sozusagen meine Feuerprobe.« Ich hörte sein Lächeln.
»Du bist mit Sicherheit ein würdiger Dunkelelb Kiljan, doch gib deine Versuche auf. Ich bin nicht mehr zu retten«, sagte ich ernst und ging davon.
Ich stellte mich unter die Dusche, im Bad meines völlig zerstörten Zimmers und erneuerte dann meine Verbände. Keine Ahnung, womit Umi und Nevan die Wunden einschmierten, denn sie heilten ungewöhnlich schnell. Schon bald wären sie nichts weiter als ein paar zusätzliche Narben auf meiner Haut.
Unsere Wunden heilten schneller als die der Menschen, doch auch wir benötigten Zeit, um zu genesen.
Ich seufzte und zog mich an. Ich würde mich wohl bei ihr bedanken müssen. Schon mehrfach hatte sie heimlich meine Kleidung gewaschen, ohne dass ich darum bitten musste. Ich kämmte meine Haare und ließ sie offen. Leise schlich ich durch den Korridor, um niemanden zu wecken, und stand plötzlich direkt vor meiner alten Zimmertür.
Die Erkenntnis traf mich unerwartet, wie ein Schlag in den Magen. Vollkommen reglos verharrte ich davor. Zitternd griff ich nach der Türklinke und zögerte, seltsam berührt. »Verdammt«, fluchte ich kopfschüttelnd. Ich traute mich nicht, sie zu öffnen und wandte mich hastig ab.