Читать книгу Dreizehn. Der Gletscher. Band 4 - Carl Wilckens - Страница 13

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Blackworth

Beben. Die Sonne war bereits aufgegangen, doch die Wolkendecke verhinderte, dass es wirklich hell wurde. Storm, der gerade glaubte, beim Knacken der Zellentür Fortschritte zu machen, fluchte, als sein Werkzeug verrutschte. Arwin sprang von seiner Pritsche auf, den Blick an den Riss geheftet, der sich an der Decke aufgetan hatte. Staub rieselte in seine Zelle. Er ballte die Hände zu Fäusten und blickte wütend aus dem Fenster.

»Das geht nun schon die ganze Nacht so«, knurrte er. »Raysome hätte uns längst evakuieren müssen.«

Baxter lachte freudlos. »Das interessiert ihn doch nicht, ob wir hier drinnen sterben. Wir befinden uns im Krieg.«

»Lebend nutzen wir ihm mehr«, hielt Arwin dagegen. »Abgesehen davon gibt es das sogenannte Kriegsvölkerrecht.«

»Nicht in diesem Krieg«, meldete End sich zu Wort. »Viele Menschen unterliegen dem Einfluss von Folkloren. Inzwischen ist die Barriere so löchrig, als wäre sie von einem entrischen Schnellfeuergewehr durchsiebt worden. Immer mehr Enerphagen finden auf die andere Seite. Ein jeder trägt dazu bei, diese Welt zu einem schlechteren Ort zu machen, und sie sind ohne Zahl. Sie unterdrücken Werte wie Ehre und Mitgefühl.«

»Folklore wie dieser Synaígiesauger?«, fragte der Sänger.

»Nicht nur«, erwiderte End. »Folklore sind im Allgemeinen schwache Enerphagen, deren Dunkle-Mana-Aktivität dennoch groß genug ist, um in unserer Welt überleben zu können. Es gibt viele Abarten.«

»Dunkle-Mana-Aktivität?«, wiederholte Baxter in der Zelle neben End. »Was sollen wir uns denn darunter vorstellen?« End schwieg, den Blick wieder einmal wie hypnotisiert an die Zellenwand geheftet. »Genosse?« End schloss mit mühsam beherrschter Miene die Augen, als hätte Baxter ihn darum gebracht, in dieser Sekunde einzuschlafen.

»Ich stolperte über diesen Begriff, während ich die Bücher aus der Bibliothek von Ad Etupiae auf der Suche nach Informationen darüber wälzte, wie man jemanden mithilfe der Alchemie ins Leben zurückholt«, antwortete er schließlich mechanisch. »Enerphagen senden Strahlen aus, wenn sie das Diesseits betreten, die in Leukipp gemessen werden können.«

»Und ab wann sind Enerphagen dann keine Folklore mehr?«, forschte Baxter nach.

End rieb sich die umschatteten Augen. »Alles über zweihundert bis zweitausend Leukipp sind Alben, menschenähnliche Enerphagen. Überschreiten sie eine Dunkle-Mana-Aktivität von zweitausend Leukipp, werden sie zu einem Norn. Darüber hinaus gibt es Enerphagen, die so mächtig sind, dass sie das Diesseits nicht betreten können.«

»Wenn es bereits so viele von ihnen gibt, wieso sehen wir sie dann nicht?«, mischte sich Jed ein. »Mischen sie sich alle in Menschengestalt unter uns?«

»Einige ja«, antwortete End. »Der Krieg bietet ihnen die Gelegenheit, ihrer Zerstörungslust freien Lauf zu lassen. Es gibt aber auch solche, die auf einer anderen Ebene sichtbar sind und auf dieser auch mit uns kommunizieren. Die sogenannten Hirnmarodeure heften sich an unseren Verstand. Sie können uns nicht kontrollieren, aber sie machen uns zu schlechteren Menschen. Ich könnte wetten, dass Raysome von einem geplagt wird.« End verstummte, als die Tür zum Zellengang aufschwang und zwei Männer mit dem fahrbaren Kessel eintraten.

»Na endlich«, rief George in der Zelle neben der Tür. »Wir haben einen kranken Zellengenossen. Darf man da nicht erwarten, dass ihr pünktlich seid?«

»Tem ist verschwunden«, sagte einer von ihnen und blickte sich nervös um. »Irgendwas scheint immer mit den Essensausgebern dieses Zellenblocks zu passieren. Wundert es euch da, dass keiner diesen Job übernehmen möchte?«

»Wieso werden wir nicht evakuiert?«, fragte Arwin, während die Essensausgeber die Schüsseln füllten. »Das Gebäude könnte beim nächsten Beben einstürzen.«

»Keine Ahnung, Mann. Das haben nicht wir zu entscheiden.«

»Was ist mit dem?«, fragte der andere, als sie vor Adams Zelle angelangten. Schweigen.

»Tot«, meinte George schließlich. »Schafft ihn hier raus. Er fängt schon an zu stinken.« Die beiden Essensausgeber wechselten einen Blick. Im Hinausgehen seufzte der eine und sagte zu seinem Partner: »Ich wusste, es war eine saudumme Entscheidung, uns hierfür zu melden.« Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss.

»Norins Lehrmeister«, sagte der Sänger, während alle aßen. »Dieser Máedoc. Er nannte Norin einen Arboris. Hat Rocío dich nicht ebenfalls so genannt, als du ihr erzähltest, dass du die Bäume flüstern hören kannst?«

»Richtig«, antwortete End. »Ich erkannte hier die erste Parallele zur Gegenwart und kam mehr und mehr zu der Überzeugung, dass ich das Buch nicht zufällig gefunden hatte. Ich spielte mit dem Gedanken, es wegzulegen. Es einfach zu verbrennen, um den Plan desjenigen zu durchkreuzen, der es mir hatte zukommen lassen. Etwas sagte mir, dass er mir nicht wohlgesinnt war. Aber meine Neugier siegte …«

Dreizehn. Der Gletscher. Band 4

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