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Kapitel 4 Keine Zeit zu trauern

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Ein stämmiger Ire mit sanftem Blick stand abseits der anderen auf einem Rollfeld und suchte schweigend den Abendhimmel westlich der Betonpiste des Militärflugplatzes ab. James Joseph RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere trug einen schlichten Trenchcoat, wie ihn Büroangestellte tragen. Die grauen Strähnen in seinem braunen Haar zeugten von den 25 Jahren Dienst, die er bei der Strafverfolgung hinter sich hatte. 23 davon war er Agent beim U.S. Secret Service gewesen und hatte für den Schutz des Präsidenten gesorgt, bis zurück in die Zeit der Weltwirtschaftskrise, die Zeit Franklin Delano RooseveltsRoosevelt, Franklin Delano.

Alle, die an diesem Abend auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews warteten – die Sekretärinnen aus dem Weißen Haus, die jungen Soldaten der Luftwaffe, die sich auf die abendliche Rückkehr der Air Force One vorbereiteten, die finster dreinblickenden Löwen aus Kabinett und Kongress –, alle teilten sie die gleiche, benommene Trauer. Sie alle hatten ihren Anführer verloren, ihren Präsidenten. Rowley, James Joseph jr.Kennedy-AttentatAber Rowleys Trauer wurde noch verstärkt durch das Gefühl des Versagens. Ein Mann, den er bewundert hatte, ein Mann, der ihm, Rowley, die Führung des Secret Service anvertraut hatte, war nun tot. Und gestorben war er, während Chief RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat ihn zu beschützen hatte.

Nur zwei Wochen vor diesem düsteren Abend war der 55-jährige RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere unweit des Weißen Hauses einem alten Freund begegnet, dem Journalisten und Historiker Jim BishopBishop, Jim. Rowley überschüttete BishopBishop, Jim mit Fragen zu dessen neuem Buch, The Day Lincoln Was Shot. Der Autor war amüsiert, weil Rowley anscheinend »das Buch viel intensiver studiert als ich es geschrieben hatte«.

»Ich habe sie gezählt«, sagte RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere zu BishopBishop, Jim. »Um die fünfzig Zufälle an jenem Tag haben zu dem Attentat geführt. Wenn nur einer davon anders abgelaufen wäre …«[79]

Heute, fast ein Jahrhundert nach LincolnsLincoln, AbrahamRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat Tod, dachte Rowley an die kleinen und großen Momente, die in Dallas hätten anders ablaufen können. Ein paar Dutzend zusätzliche Agenten für den Secret Service hätten sicherlich nicht geschadet. In den letzten zwei Jahren hatte der Chief den Kongress bekniet, ihm 96 weitere Agenten zu bewilligen. Die Abgeordneten ließen ihn abblitzen und verhöhnten ihn manchmal sogar noch dabei. Republikanische Abgeordnete fragten, ob Rowley vielleicht zusätzliche Agenten brauche, um die Ponys der kleinen Caroline KennedyKennedy, Caroline zu beschützen. Oder vielleicht, schlugen sie vor, bedurfte es der Agenten ja auch, um die Erholung der Kennedys zu betreuen, während sich die Familie auf den »Sitz ihrer Ahnen« zurückzuziehen geruht.

»Meinen Sie, ich könnte ein paar Leute vom Secret Service kriegen, die mich hinter sich herziehen, wenn ich Wasserski fahren will?«[80], fragte Harold GrossGross, Harold, ein Republikaner aus Iowa, den Chief in einer Anhörung des Haushaltsausschusses. Gross, HaroldGross hatte sich über ein Bild in einem Hochglanzmagazin aufgeregt, auf dem ein Secret-Service-Agent ein Boot steuert, mit Mrs. Kennedy, Jacqueline »Jackie«Kennedy auf Wasserskiern dahinter.

Selbst Vizepräsident JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und hatte sich an den Bemühungen beteiligt, RowleyRowley, James Joseph jr.Aufstockung des Budgets an der Verpflichtung weiterer 35 Agenten zu hindern. Hinter den Kulissen drängte er Abgeordnete, das Gesetz abzulehnen, das ihm Schutz rund um die Uhr gewährleisten sollte. Er wollte schlicht nicht der Grund dafür sein, mehr Mitarbeiter zu beschäftigen, dadurch höhere Ausgaben zu verursachen und den Zorn der Wähler auf sich zu ziehen.[81] Nun war Johnson der Präsident.

Das Flugzeug des Präsidenten landete ziemlich genau um 18 Uhr sanft und fuhr in die Parkposition nahe einer Menschenmenge, die sich versammelt hatte. Eine Klappe an der Seite des silbernen Flugzeugrumpfs öffnete sich. RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat sah fünf Agenten, die er alle persönlich eingestellt hatte, wie sie einen über 300 Kilo schweren bronzefarbenen Sarg in Hüfthöhe trugen. Der Chief trat hinzu und half seinen Leuten, die Mühe hatten, den Sarg umständlich auf einen Gabelstapler zu hieven.[82] Der Service legte Wert darauf, dass der Leichnam des Präsidenten und seine Witwe die Air Force One in Würde verließen.

Derweil stand der neue Präsident allein im Mittelgang des Flugzeugs und war stinkwütend. Weder Agenten noch sein Mitarbeiterstab hatten ihn konsultiert, wie und wann er aus dem Flugzeug zu steigen gedachte. Jackie und Bobby KennedyKennedy, Jacqueline »Jackie«Kennedy, Robert F. »Bobby« und ihre Mitarbeiter und Agenten waren ganz und gar auf den ehemaligen Präsidenten fokussiert. Als Vizepräsident hatte JohnsonJohnson, Lyndon B. immer das Gefühl gehabt, KennedyKennedy, John F. hätte ihn im Schatten stehen lassen. Nun, nach nahezu vier Stunden als neuer Präsident, hatte er noch immer das Gefühl, er spielte nur die zweite Geige. Dieser Moment sollte ihn noch lange Zeit verfolgen. »Sie haben mich überhaupt nicht beachtet«, meinte JohnsonJohnson, Lyndon B. später zu seinem Pressesprecher.[83] Nach seinem Eindruck hatten sie dem neuen Präsidenten nicht die gebührende Achtung erwiesen.

KellermanKellerman, Roy und HillHill, Clint begleiteten KennedysKennedy, John F.Autopsie Leichnam zum Bethesda Naval Hospital, wo die Autopsie erfolgen sollte. Nach einigen Minuten stieg JohnsonJohnson, Lyndon B. aus dem Flugzeug und hielt eine kurze Rede. »Wir haben einen unermesslichen Verlust erlitten«, sagte er. »Ich weiß, dass die ganze Welt den Schmerz von Mrs. Kennedy, Jacqueline »Jackie«Kennedy und ihrer Familie teilt. Ich werde mein Bestes geben. Mehr kann ich nicht tun. Ich bitte um Ihre Hilfe – und um Gottes Beistand.«

Ein Helikopter brachte Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B. zum Weißen Haus, wo er das weitere Vorgehen mit seinen Helfern besprach.[84] Sie fanden es eigenartig, dass JohnsonJohnson, Lyndon B. kaum ein Wort zu den Schüssen in Dallas verlor, außer: »RufeYoungblood, Rufus tat heute etwas sehr Heldenhaftes. Er drückte mich an den Boden dieses Wagens und warf sich über mich.«

Rowley, James Joseph jr.Kennedy-AttentatRowley kam auch zurück zum Executive Office Building. Dort traf er Agenten und Mitarbeiter des Weißen Hauses, die in Dallas dabei gewesen waren, im Foyer an, wie sie wortlos ihr Gepäck abholten. Ihre Bewegungen wirkten roboterhaft. »Da waren vielleicht 75 Leute im Raum«, sagte Agent Larry NewmanNewman, Larry, der herüberkam, um nach seinen zutiefst erschütterten Freunden zu sehen. »Es herrschte Totenstille. Keiner fragte: ›Hey, wie geht’s dir?‹ Alle waren noch damit beschäftigt, das Geschehene zu verarbeiten.«

RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat sagte Jerry BehnBehn, Jerry, er solle alle verfügbaren Leute von der Dallas-Reise in seinem Büro zusammentrommeln. Als alle da waren, sagte der Chief, jeder sollte einen Bericht über das schreiben, was sie in Texas gesehen und getan hatten, und zwar am besten noch am selben Abend, wenn die Erinnerung noch frisch sei. Er sagte den Männern auch, sie seien Profis und müssten sich weiter bemühen, ihr Bestes zu geben. Und er sagte auch, sie und der Service würden diese Tragödie nicht nur überstehen, sie würden sogar gestärkt daraus hervorgehen.

Es war das erste Mal, dass RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat das explizit ausgesprochen hatte, aber er meinte wirklich, was er sagte. Die Agenten waren noch zu benommen, um ihm irgendetwas davon wirklich abzunehmen. Dennoch vermittelte die ruhige Ansprache ihres Chiefs den Männern einen ersten Moment des Trostes. »Niemand hatte das Gefühl, er hätte jemandem Vorwürfe gemacht oder dass das Attentat irgendwie hätte verhindert werden können«, sagte Agent BlaineBlaine, Jerry.[85] »Für viele der Männer war es geradezu therapeutisch, und sehr viel mehr an Beratung und Betreuung sollten sie auch nicht erfahren.«

Erst als er mit den Schichtleitern alleine war, kam RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat in der Diskussion auf alles zu sprechen, was möglicherweise falsch gelaufen war. Er sah keinen Grund, die Agenten noch an jenem Abend mit all diesen Details zu belasten.

Als gläubiger Mensch von stoischer Ruhe hatte RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Attentat sein ganzes Leben lang andere Menschen beschützt, angefangen mit seiner verwitweten Mutter und seinen jüngeren Geschwistern. Der Gedanke, dass er als derjenige Chef des Secret Service in die Geschichte eingehen würde, der mit dem Verlust eines Präsidenten belastet war, schmerzte ihn. An jenem Abend begann er, in kleinen Schritten, an einem umfassenderen Vermächtnis zu arbeiten. Er beschloss, seine Agenten zu schützen, und natürlich auch sich selbst. Er würde seinen verehrten Secret Service schützen, indem er ihn stärker machte.

James Joseph RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere jr. wuchs in einem katholischen Arbeiterviertel in der Bronx auf, als erstgeborener Sohn irischer Einwanderer. Sein Vater, ein städtischer Gebäudeinspektor, starb, als ein Teil der maroden Brücke zusammenbrach, die er gerade inspizierte.

Rowley war damals 17 Jahre alt. Er und sein kleiner Bruder schlossen gerade das Schuljahr ab und hatten sich auf einen unbeschwerten Sommer gefreut. Stattdessen musste sich der älteste RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere nun, nach der Beerdigung des Vaters, darum kümmern, die Rolle des Haushaltsvorstands zu übernehmen und seine Mutter, den kleinen Bruder und die Schwester nach Kräften zu unterstützen. Tagsüber ging er arbeiten, das letzte Jahr in der Highschool schloss er durch den Besuch der Abendschule ab, in der Fordham Evening High School.

Als er sein Abschlusszeugnis hatte, besuchte RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere jr. erneut die Abendschule am örtlichen katholischen College, um dort sein Juraexamen abzulegen. Tagsüber arbeitete er als Kurier, als Laufbursche für eine Maklerfirma und dann bei einer staatlichen Bank, die bei der Wirtschaftskrise untergegangenen Banken half, möglichst rasch ihre Aktiva zu veräußern.

1936 brachte ihm sein Juraabschluss etwas ein, was viele als Traumjob ansehen würden: Er wurde FBIFBI-Agent. Er erntete Bestnoten für seine Ermittlungen im Auftrag der Außenstelle in Charlotte. Eine Unterbrechung seiner Karriere stellte sich jedoch im Jahr darauf ein, nachdem er bei einer Gerichtsverhandlung in Philadelphia ausgesagt hatte. Ein Richter bat ihn, lauter zu sprechen, damit man ihn trotz des Straßenlärms verstehen konnte, der durch die offenen Fenster in den Gerichtssaal drang. Der FBI-Direktor persönlich, J. Edgar HooverHoover, J. Edgar, las in der Zeitung von dieser Aufforderung des Richters und war wütend, weil ein Agent vor Gericht einen maulfaulen oder schwächlichen Eindruck hinterlassen hatte. Er wies seine Untergebenen an, sie sollten dem jungen Mann sagen, dass er sich einen neuen Job suchen soll.

Enttäuscht bewarb sich RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere anderweitig, und schon bald hatte er zwei Angebote vorliegen: eines von einer Anwaltskanzlei und eines vom Secret Service. Er verpflichtete sich im Jahr 1938 als Agent und stieß im Jahr darauf zum Personenschutz von Präsident RooseveltRoosevelt, Theodore. Seine durch nichts zu erschütternde Arbeitsmoral trug Früchte und brachte RowleyRowley, James Joseph jr.Karriere in eine verantwortungsvolle Position bei den Vorbereitungen für RooseveltsRoosevelt, Theodore historische Konferenzen zu Kriegszeiten in Casablanca, Teheran und Jalta. Schnell stieg er in leitende Stellungen auf – als Schichtleiter in RooseveltsRoosevelt, Theodore Personenschutz, dann als Special Agent, der für den Personenschutz TrumansTruman, Harry S. verantwortlich war.[86]

Aber erst der neu ins Amt gewählte Präsident KennedyKennedy, John F.Rowley undKennedy, John F. war es, der RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy, John F. und den Spitzenjob anvertraute, den der Service zu vergeben hatte. Der kurz vor der Pensionierung stehende Chief nannte dem Weißen Haus drei Namen möglicher Nachfolger. Kennedy, John F.Rowley undKennedy entschied sich für den, den er am besten kannte: einen Katholiken mit irischen Wurzeln, dessen freundlichen und direkten Stil er schon während des Wahlkampfs aus erster Hand erlebt hatte. Kennedy kicherte bei der Erinnerung an die Zeiten, als Rowley der weitaus wichtigere Mann in Washington gewesen war. Agenten hatten einst Kennedy daran gehindert, sich Präsident EisenhowerEisenhower, Dwight D.Rowley, James Joseph jr.KarriereRowley, James Joseph jr.Kennedy, John F. und zu nähern, und Rowley schritt ein und verbürgte sich dafür, dass der jungenhafte Kennedy in Wirklichkeit Kongressabgeordneter war. Der Präsident erzählte gerne die Geschichte ihrer ersten Begegnung: KennedyKennedy, John F.Rowley und war 1948 auf Wahlkampftour in Brookline, Massachusetts, als RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy, John F. und dazukam und »mich zur Seite schob, um Platz zu schaffen« für Präsident TrumanTruman, Harry S..[87]

Rowley, James Joseph jr.Kennedy-BegräbnisRowley, James Joseph jr.Nachbesserung des Secret Service nach Kennedys ErmordungRowley wusste, dass er das Sicherheitsnetz verstärken musste, mit dem seine Agenten den neuen Präsidenten umgaben. Aber zuerst musste er seine niedergeschlagenen Männer zusammenrufen, um den riskantesten öffentlichen Auftritt ihrer Karriere zu bewachen.

Mrs. Kennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. KennedyKennedy gab den Ton vor. Sie weigerte sich strikt, sich in einen, wie sie es nannte, »fetten schwarzen Cadillac« zu setzen.

Schon in der Turmsuite des Bethesda Naval Hospital begann die ehemalige First Lady an jenem Freitagabend mit der Planung ihrer eigenen Vision vom bevorstehenden Begräbnis. Sie würde zusammen mit Jacks Familie und den Würdenträgern hinter dem von einer Pferdekutsche gezogenen Sarg ihres EhemannsKennedy, John F.Begräbnis gehen, eine Prozession über mehrere Kilometer – vom Kapitol zu einer Kathedrale im Stadtzentrum und schließlich zu seiner Grabstätte auf der anderen Seite des Potomac River, auf dem Nationalfriedhof Arlington.

Sargent ShriverShriver, Sargent, ein Schwager, der bei der Koordination der Bestattungspläne mit dem Militär mithalf, vermochte JackieKennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. Kennedy mit seinen Hinweisen auf ihre eigene Sicherheit nicht zum Umdenken zu bewegen. Es war ihr gleichgültig. Er bat sie zu bedenken, die Führer der Welt würden sich verpflichtet fühlen, an ihrer Seite zu gehen und sich damit selbst in Gefahr zu bringen.

»Ich zwinge niemanden, mit mir hinter dem Sarg zu gehen«, antwortete sie.

Chief RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Begräbnis war sprachlos, als er am Samstagmorgen von ihren Absichten hörte. Ihre Idee würde den neuen Präsidenten und 19 weitere zum Begräbnis anreisende Staatsoberhäupter in einer Phalanx sich langsam bewegender Ziele aufreihen, leichte Beute für den nächsten Attentäter. Rowley sagte BehnBehn, Jerry, er solle Clint HillHill, Clint fragen, ob er der resoluten Witwe nicht vielleicht diesen undenkbaren Gang hinter dem Sarg ausreden könnte. »Bitte, Mrs. Kennedy, John F.BegräbnisKennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. KennedyHill, ClintKennedy«, sagte Hill, als sich die beiden später am selben Tag in einem Büro der Privatresidenz trafen, »wollen Sie sich das nicht noch einmal überlegen?«[88]

Hill, ClintKennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. KennedyHill war Mrs. Kennedys vertrautester Personenschützer gewesen, aber zugleich ihr Begleiter, wenn sie eine Zigarette rauchte, und er war jemand, mit dem sie Lacher, Geheimnisse und nun auch den schlimmsten Schock ihres Lebens teilte. Sie stimmte einem Kompromiss zu. Sie würde nur die acht Häuserblocks vom Weißen Haus bis zur Kathedrale St. Matthew’s zu Fuß gehen, wo die Totenmesse gehalten werden sollte.

RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Begräbnis bat Finanzminister C. Douglas DillonDillon, C. Douglas, seinen Chef, er solle versuchen, JohnsonJohnson, Lyndon B.Begräbnis von John F. Kennedy die Begleitung der WitweKennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. Kennedy auf diesem Fußweg auszureden. Nach einer Haushaltssitzung teilte DillonDillon, C. Douglas dem Präsidenten die Bedenken des Chiefs mit. Johnson, Lyndon B.Begräbnis von John F. KennedyJohnson vertraute ihm an, er habe ursprünglich beschlossen, der Fußmarsch sei töricht.[89] »Aber dann sagte mir Lady BirdJohnson, Lady Bird, ich solle mitgehen«, sagte der Präsident.

Rowley, James Joseph jr.Kennedy-BegräbnisRowley trommelte Agenten aus dem ganzen Land nach Washington zusammen. Obwohl Mrs. Kennedy, John F.BegräbnisKennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. KennedyKennedy einem verkürzten Fußweg zugestimmt hatte, musste der Secret Service immer noch für die Sicherheit Dutzender VIPs sorgen – die Familie Kennedy, der Präsident, die zu Besuch weilenden Premierminister, Präsidenten und gekrönten Häupter –, und das über zwei Tage öffentlicher Trauer.

Am Sonntag beobachteten seine Agenten, zusammen mit einer kleinen Armee von Militärs, eine Menschenmenge von über einer Viertelmillion, die der Kennedy-Familie folgte, um dem verstorbenen Präsidenten, der in der Rotunde des Kapitols aufgebahrt war, die letzte Ehre zu erweisen. Am Montag schritten Familie KennedyKennedy, Jacqueline »Jackie«Begräbnis von John F. KennedyKennedy, John F.Begräbnis, der Präsident samt Familie und zahlreiche Staatsoberhäupter vom Weißen Haus zur heiligen Messe in St. Matthew’s.

Das ganze Wochenende hatte RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Begräbnis Schwierigkeiten gehabt, Aufgaben zu delegieren. Er durchforstete den Plan mit Sicherheits-Checkpoints und den Posten für die Polizisten und Special Agents des Weißen Hauses. Am Sonntag griff der Chief auf eine alte Regel zurück. Während die schwarz verschleierte Witwe die Prozession anführte, ging RowleyRowley, James Joseph jr.Kennedy-Begräbnis an der Seite von Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B.Begräbnis von John F. Kennedy und schützte so seine linke Flanke.

Die noch immer benommenen, von Schlafmangel gepeinigten Agenten konnten kaum glauben, dass sie zusammen mit einem allen möglichen Gefahren ausgesetzten Präsidenten die knapp zwei Kilometer die 17th Street entlang zu Fuß gingen – nur drei Tage, nachdem der vorherige Präsident direkt vor ihren Augen erschossen worden war. Die Wolkenkratzer links und rechts des Wegs erzeugten eine Kaverne, die der Main Street in Dallas gar nicht unähnlich war.

Hill, ClintHill biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen seine Gefühle an.[90] Seine Nerven vermochten noch immer nur ein einziges Gefühl zu registrieren: Angst. Angst vor dem Geräusch von Gewehrfeuer. »Jedenfalls war mir klar, es würde die längste Meile werden, die ich jemals zu Fuß zu gehen hatte«, sagte er.

Am Montag der Totenmesse bekam Drew PearsonPearson, Drew, ein bekannter Kolumnist in Washington, einen schockierenden Hinweis: KennedysKennedy-AttentatAlkoholkonsum in der Nacht davor Agenten waren vor dem Trip nach Dallas bis in die frühen Morgenstunden ausgegangen und hatten getrunken. Der Informant war Thayer WaldoWaldo, Thayer, ein junger Reporter des Fort Worth Star-Telegram. Er erläuterte, sein Chefredakteur Calvin SuttonSutton, Calvin sei Vorstand des Presseclubs von Fort Worth, der den Agenten Alkohol ausgeschenkt hatte, bis diese in einen berüchtigten Club namens Cellar weiterzogen. PearsonPearson, Drew, der in seiner Kolumne namens »Merry-Go-Round« (Karussell) nicht selten Politiker aufs Korn nahm, begann herumzutelefonieren.

»Wir müssen unsere Geschichten abstimmen«, sagte SuttonSutton, Calvin zu Pat KirkwoodKirkwood, Pat, dem Besitzer des CellarCellar, The (Club in Texas), am Telefon am späten Montagabend. »Es wird schon darüber getuschelt, die AgentenRowley, James Joseph jr.Agenten, Alkoholkonsum vor Attentat auf Kennedy hätten sich volllaufen lassen.«

Sutton, CalvinSutton bat den Clubbesitzer um Unterstützung dabei, die Agenten aus der Schusslinie zu nehmen, und KirkwoodKirkwood, Pat war einverstanden. Er würde einfach betonen, sein Etablissement habe gar keine Lizenz für den Alkoholausschank, was theoretisch durchaus stimmte. KirkwoodKirkwood, Pat würde nicht erwähnen, dass er Reportern, Polizisten, Frauen und einer ganzen Reihe weiterer VIPs und Freunde sehr wohl Alkohol servierte, und das sogar kostenlos.[91]

Trotz ihrer Bemühungen hatte PearsonPearson, Drew das Gefühl, er hätte genug über das spätabendliche Treiben der Agenten herausgefunden, um die Geschichte bis zum Wochenende zu bringen.[92] Am Samstag, dem 30. November moderierte PearsonPearson, Drew eine Radiosendung auf NBC und ließ die Hörer wissen, was er herausgefunden hatte. Seine Kolumne, die kurz darauf gesendet wurde, forderte eine Untersuchung der Agenten des Secret Service:

Sechs Männer des Secret Service, die den Auftrag hatten, den Präsidenten zu beschützen, waren in den frühen Morgenstunden des Tages, an dem KennedyKennedy-AttentatAlkoholkonsum in der Nacht davor erschossen wurde, im Presseclub von Fort Worth. Manche von ihnen blieben bis drei Uhr …

Sie tranken … Als sie gingen, waren drei von ihnen offenbar auf dem Weg zum Beatnik-Treff »The CellarCellar, The (Club in Texas)«, der die ganze Nacht geöffnet hat.

PearsonPearson, Drew machte geltend, die Agenten hätten stattdessen auch den Abend und die Nacht damit verbringen können, die leeren Gebäude entlang der Route der FahrzeugkolonneKennedy-AttentatVorbereitungen zum Schutz der FahrzeugkolonneFahrzeugkolonnen zu inspizieren – in einem davon hatte sich OswaldOswald, Lee Harvey verborgen gehalten.

Rowley, James Joseph jr.Agenten, Alkoholkonsum vor Attentat auf KennedyRowley taumelte, als sein Mitarbeiter ihm von dem Bericht im Radio erzählte. Es schockierte ihn nicht, dass seine Männer am Ende eines langen Reisetags ein paar Drinks genommen hatten. Aber nun hatte ein einflussreicher Journalist seinen Agenten de facto Nachlässigkeit im Zusammenhang mit dem Mordanschlag auf den Präsidenten vorgeworfen. Um die Sache unter Kontrolle zu bekommen, schickte Rowley am nächsten Morgen einen seiner Inspektoren mit dem Auftrag nach Fort Worth, Zeugen zu befragen. Rowley, James Joseph jr.Agenten, Alkoholkonsum vor Attentat auf KennedyRowley befahl jedem an der Reise beteiligten Agenten, ein Memo zu verfassen, aus dem hervorging, wo die Männer am Abend des 21. November waren, was sie tranken und wann sie auf ihre Zimmer zurückgekehrt waren.

Das Weiße Haus versuchte, der schlechten Presse die Spitze zu nehmen. Sprecher Pierre SalingerSalinger, PierrePearson, Drew rief Pearson am Sonntag an und beschwerte sich. Er sagte, die Agenten, die in Fort Worth etwas getrunken hätten, seien wahrscheinlich gar nicht als Personenschützer in KennedysKennedy-AttentatVorbereitungen zum Schutz der FahrzeugkolonneFahrzeugkolonnen Fahrzeugkolonne eingeteilt gewesen. Doch als PearsonPearson, Drew von SalingerSalinger, Pierre Namen hören wollte, meinte der, er könne keine nennen. »Aber es ist schrecklich unfair gegenüber den Männern, jetzt mit dieser Story herauszukommen«, sagte SalingerSalinger, Pierre.

»Ich habe den Secret Service jahrelang über den grünen Klee gelobt, aber der Umgang mit den Regeln ist laxer geworden«, sagte ihm PearsonPearson, Drew.[93] »Kein Lokomotivführer, kein Zeitungsverkäufer, kein Arzt kann es sich leisten, am Abend vor dem Dienst trinken zu gehen.«

Der Inspektor, Gerald McCannMcCann, Gerald, übermittelte seine Erkenntnisse am 10. Dezember in einem vertraulichen Bericht an RowleyRowley, James Joseph jr.Agenten, Alkoholkonsum vor Attentat auf KennedyMcCann, Gerald. McCann sagte, keine der von ihm befragten Personen in den beiden Clubs habe behauptet, die Agenten am Abend vor dem Besuch in Dallas betrunken gesehen zu haben. McCannMcCann, Gerald merkte an, dass der CellarCellar, The (Club in Texas) noch nicht einmal über eine Lizenz zum Alkoholausschank verfüge.

Der Bericht machte einen Bogen um eine weniger schmeichelhafte Realität. Der Club schenkte sehr wohl Hochprozentiges aus. »Wir haben nichts gesagt, aber diese Jungs hatten ganz schön getankt«, erzählte Jimmy Hill, der Manager des CellarCellar, The (Club in Texas), einem Reporter des Star-Telegram in einem Interview fast zwei Jahrzehnte danach.[94] »Sie tranken puren Everclear.«

Laut den Angaben in den von Rowley angeforderten Memos gaben neun Agenten zu, im Presseclub und im CellarCellar, The (Club in Texas) gewesen zu sein und im Lauf des Abends ein paar Bier oder hochprozentige Drinks konsumiert zu haben. Allerdings gaben sie auch an, sie hätten geglaubt, im CellarCellar, The (Club in Texas) lediglich Fruchsaft-Mixgetränke gehabt zu haben. Sie kamen zwischen 2:45 und fünf Uhr morgens zurück in ihre Hotelzimmer.

Vier von ihnen – ReadyReady, JackHill, ClintLandis, PaulBennett, Glen A., Hill, Landis und Bennett – waren Agenten, die um acht Uhr zum Dienst antreten mussten. Sie alle hatten den Auftrag, den Präsidenten in Dallas zu beschützen, als Mitfahrer im Wagen hinter der Präsidentenlimousine. Sie hätten sich niemals vorstellen können, dass ihnen ein paar Stunden Entspannung in einer Bar nach einem langen Arbeitstag nun von den Zeitungen im ganzen Land um die Ohren gehauen wurden. Der ganze Service geriet in den Ruch der Schande.

Das Timing der PearsonPearson, Drew-Kolumne hätte für den Service nicht schlimmer sein können. Viele der Personenschützer waren ohnehin schon wie Zombies herumgelaufen und selbst zu dem Schluss gekommen, der Mord wäre ihre Schuld, weil sie nicht schnell genug reagiert hätten. Aber nun lieferte PearsonPearson, Drew der Öffentlichkeit einen neuen und erschreckenden Grund, den Agenten die Schuld an KennedysKennedy-AttentatKritik an Leistung des Secret Service Tod in die Schuhe zu schieben: hemmungslose Sauferei. RowleyRowley, James Joseph jr.Agenten, Alkoholkonsum vor Attentat auf KennedyRowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-Attentat hatte gehofft, sie aus ihrer Verzweiflung herausholen zu können, indem er zwei seiner Männer für ihren außergewöhnlichen Mut an jenem Tag auszeichnete.

Am Dienstagnachmittag, dem 3. Dezember, verlieh DillonDillon, C. Douglas auf Bitten von Mrs. KennedyKennedy-AttentatTapferkeitsauszeichnung von AgentenKennedy, Jacqueline »Jackie« HillHill, Clint eine Auszeichnung für seinen außergewöhnlichen Mut in Dallas. Hill, ClintHill, der in das Loch im Schädel des Präsidenten gestarrt hatte, konnte über diesen Orden keinerlei Stolz oder Freude empfinden. Er ließ die Zeremonie einfach nur über sich ergehen.

Am nächsten Tag, dem 4. Dezember, nahm Rowley zusammen mit Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B. an einer ähnlichen Zeremonie zu Ehren von Rufus YoungbloodYoungblood, Rufus teil. Rowley strahlte auf den Fotos wie ein stolzer Vater, als der Präsident YoungbloodsYoungblood, Rufus Ehefrau begrüßte und seinen AgentenKennedy-AttentatTapferkeitsauszeichnung von Agenten »den edelsten und fähigsten Staatsdiener, der mir jemals begegnet ist« nannte. Rowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-AttentatRowley hoffte, dies würde als Zeichen für ein Band des Vertrauens gesehen werden, das zwischen seiner Agentur und dem neuen Präsidenten im Entstehen begriffen war.

Aber am Sonntag versetzten die Zeitungen dem ServiceKennedy-AttentatKritik an Leistung des Secret ServiceRowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-Attentat den nächsten Tiefschlag.[95] Einer der ihren, der ehemalige Chief U.E. BaughmanBaughman, U.E., kritisierte die Leistung des Service in Dallas. In einem Interview mit mehreren Journalisten in seinem Haus in Alexandria, Virginia, sagte BaughmanBaughman, U.E., nach seinem Eindruck hätten die Agenten sich nicht ans Protokoll gehalten, was das Überprüfen von Gebäuden an der Strecke anging, und sie hätten nach dem Ertönen der Schüsse auch nicht richtig reagiert. Er warf die Frage auf, warum KellermanKellerman, Roy und die Agenten im nachfolgenden Wagen nicht nach vorne gerannt seien, um den Präsidenten abzuschirmen, warum der Fahrer der Limousine nicht sofort Gas gegeben habe und davongerast sei, »und warum dieser Agent auf dem Beifahrersitz [KennedyKennedy-AttentatKritik an Leistung des Secret Service] nicht irgendwie so zudeckte, wie Rufus YoungbloodYoungblood, Rufus den Vizepräsidenten zudeckte«.[96]

RowleyRowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-Attentat wies seinen Sprecher an, keinen Kommentar dazu abzugeben.

Jim BurkeBurke, Jim, ein leitender Inspektor, von Rowley damit beauftragt, die Fehler in Dallas zu untersuchen, traf Chief RowleyRowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-Attentat eines Abends auf den Fluren des Executive Office Building. Im Gehen starrte er hinab auf einen Stapel Dokumente in seiner Hand.

Der Chief hatte seit Dallas ständig Zwölf-Stunden-Arbeitstage absolviert. Niemand in der Zentrale hatte ein Wort der Klage von ihm darüber vernommen. Er hatte seine Stellvertreter nicht zusammengestaucht, trotz des enormen Drucks, der in den letzten Wochen auf ihm lastete. »Jim, wie schaffen Sie das?«, fragte ihn BurkeBurke, Jim auf dem Korridor. »Wie halten Sie das durch?«

»Es muss eben irgendwie gehen«, meinte RowleyRowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-Attentat. »Jeder beobachtet mich. Alle Agenten achten darauf, welche Zeichen von mir kommen. Also muss ich einfach funktionieren. Für sie.«

Eine Woche, nachdem Lee Harvey OswaldOswald, Lee Harvey die tödlichen Schüsse auf KennedyKennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und Bericht abgegeben hatte, kündigte Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B. die Einrichtung einer unabhängigen ExpertenkommissionWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung) an, die das Attentat und die Motive des gestörten Ex-Marines beleuchten sollten. Johnson, Lyndon B.Johnson gab den hohen Herren, die er zur Teilnahme an dieser Kommission gedrängt hatte – darunter vier Kongressmitglieder, ein ehemaliger CIA-Direktor sowie Earl WarrenWarren, Earl, der Vorsitzende Richter des Supreme Court –, zu verstehen, seine erste Priorität sei nicht, alle Details zu erfahren. Er wollte vor allem anderen, dass die Kommission öffentliche Befürchtungen wegen Verschwörungstheorien zerstreuen solle, in denen davon die Rede war, die Russen oder Kubaner hätten den Präsidenten umbringen lassen. Die KommissionKennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung) hatte die Aufgabe, Antworten auf zwei entscheidende Fragen zu finden: Was hatte zu OswaldsOswald, Lee Harvey Tat geführt, und hatte er alleine gehandelt? Das Team sollte überdies auch untersuchen, warum der Schutzschild des Secret Service nicht funktioniert hatte.[97]

Nach dem Jahreswechsel begannen die Anwälte der Kommission, Hunderte von Agenten, Mitarbeitern, Polizisten, Zeugen, Waffenexperten und andere zu befragen. Lee RankinRankin, Lee, der leitende Anwalt der Kommission, besprach sich von Zeit zu Zeit mit RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission wegen der SicherheitsproblemeKennedy-AttentatKritik an Leistung des Secret Service, die seinem Team aufgefallen waren.

Rowley, James Joseph jr.Kritik am Secret Service nach dem Kennedy-AttentatWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Aber Rowley wollte der Warren-Kommission zuvorkommen, und zwar mit eigenen internen Korrekturen, kurzfristiger wie langfristiger Art. Noch im selben Monat verfügte er einige unmittelbare Änderungen am Protokoll der Agenten, wobei er zwei systemische Schwächen ins Visier nahm, von denen er wusste, dass sie es OswaldOswald, Lee Harvey erst ermöglicht hatten, auf den PräsidentenKennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und Bericht zu schießen.

Zunächst hatte der Service viel zu wenig PersonalKennedy-AttentatPersonalmangel beim Secret Service, um den Präsidenten in exponierten FahrzeugkolonnenFahrzeugkolonnen und bei öffentlichen Auftritten ausreichend abzuschirmen. Deshalb holte Rowley erfahrene ehemalige Personenschützer, die bis dahin als Supervisor in Außenstellen tätig gewesen waren, zurück nach Washington. Über Nacht verdoppelte er damit die Anzahl der Personenschützer des Präsidenten fast – von 28 auf 50 Agenten bei jeder Reise.

Zweitens führte Rowley vorgeschriebene Kontrollen aller Gebäude entlang der Route von FahrzeugkolonnenFahrzeugkolonnen des Präsidenten ein, sowie die Platzierung zusätzlicher Mitarbeiter in der Menschenmenge. Allerdings hatte er noch immer nicht genug Leute, um dies in die Tat umzusetzen, deshalb holte sich Rowley in den ersten fünf Monaten des Jahres 1964 insgesamt 670 FBIFBI-Agenten, Postprüfer und andere Beamte auf »Leihbasis« hinzu. Sie leisteten 9500 Arbeitsstunden in Fahrzeugkolonnen und Menschenmengen bei Reisen des Präsidenten.

Dann begann RowleyRowley, James Joseph jr.Planungsdokument, eine langfristig wirksame Reform zu entwerfen, die er dem Kongress vor den Haushaltsberatungen im Herbst vorzulegen hoffte. Eine später ergriffene Maßnahme führte zu einem der bedeutendsten Fortschritte in der Geschichte des Service: Er besprach sich mit IBM und bat dieses neue Unternehmen im Bereich der Computertechnologie, zur Aktualisierung und letztlich zum Austausch des altersschwachen Systems zur Erkennung von Bedrohungen gegen den Präsidenten beizutragen.

Vor dem Besuch in einer Stadt blätterten die Agenten einen auf Papier gedruckten Index mit vierhundert Personen durch, die vom FBIFBI oder der örtlichen Polizei unter die Lupe genommen und als glaubwürdige potenzielle Gefahr für den Präsidenten identifiziert worden waren, auf der Basis gewalttätiger oder gegen die Regierung gerichteter Handlungen der betreffenden Personen. Der Service führte auch kurze Akten zum Hintergrund von fünftausend weiteren Personen, die eine Gefahr für den Präsidenten darstellen könnten – oder auch nicht –, basierend auf der Tatsache, dass ihre Namen als potenzielle Quelle von Schwierigkeiten genannt worden waren. Diese Liste des Service hatte eine entscheidende Schwachstelle: Sie war eher zufällig und hoffnungslos unvollständig. Bundesbehörden und Mitarbeiter des Weißen Hauses wurden aufgefordert, den Service wissen zu lassen, wenn ihnen irgendetwas über Personen zur Kenntnis gelangte, die Drohungen gegen den Präsidenten verlauten ließen. Das Weiße Haus leitete mitunter einen auffälligen Brief weiter, den es erhalten hatte und in dem jemand feindselige Dinge über den Präsidenten äußerte. Die Agenten nahmen anschließend den Verfasser des Briefs in ihre Liste potenzieller Gefährder auf. Aber diese Liste war größtenteils auf Meldungen und Berichte von Dritten angewiesen. Und nicht jeder fühlte sich verpflichtet, auf potenzielle Drohungen hinzuweisen. Von CIA und FBI wurde beispielsweise erwartet, dass sie Namen von Personen weitergaben, die sie für verdächtig hielten, aber genau dies geschah oft nicht. Diese Datenbanken waren außerdem auf Papier gedruckt und umständlich zu durchsuchen, wenn ein Besuch anstand. IBM hatte Millionen von Gehaltsdaten von Mitarbeitern für die Verwaltung der Sozialversicherung computermäßig erfasst.[98] Nun fragte Rowley an, ob sich auch die Akten des Service, in denen potenzielle Bedrohungen verzeichnet waren, automatisieren ließen.

Rowley begann auch, sich die Ergebnisse früherer Tests mit kugelsicheren Westenkugelsichere Westen, Elektroschockwaffen und Pfefferspray genauer anzusehen, und er suchte nach modernen Werkzeugen, die die Behörde zum Einsatz bringen könnte. Und natürlich analysierte RowleyRowley, James Joseph jr.Planungsdokument, wie viele zusätzliche Agenten er brauchte, um den Präsidenten wirkungsvoller abschirmen zu können. Da KennedysKennedy, John F. Tod das Land so schwer erschüttert hatte, änderte der Kongress augenblicklich den Kurs. Die Abgeordneten überschlugen sich geradezu mit öffentlichen Bekundungen, mehr Geld und Personal für den Secret Service bereitzustellen.

Anfang 1962 hatte der Chief erfolglos versucht, genug Agenten zu bekommen, um eine spezielle »vierte Schicht« des Personenschutzes für das Weiße Haus zu schaffen. Durch die Vergrößerung der Personaldecke in einer Weise, die für eine vierte Schicht ausreichte, hatte der Service genug Leute zur Verfügung, um Agenten im Rotationsverfahren zu entlasten, sodass sie sich zumindest für einige Wochen von ihren anstrengenden Aufgaben erholen konnten. Stattdessen würden sie diese dezidierte Periode im Hauptquartier verbringen, um ihre Ausbildung auf den neuesten Stand zu bringen, oder sie würden einige wichtige Tage Urlaub nehmen können.

1964 äußerte Rowley wieder die gleiche Bitte und bezeichnete dabei diese vierte Schicht vorsichtig als »lange überfällig«.

Der republikanische Abgeordnete Silvio ConteConte, Silvio aus Massachusetts war einst einer von jenen Volksvertretern gewesen, die Rowleys Dringen auf mehr Agenten blockiert hatten. Mit dem Tod KennedysKennedy, John F. wurde er zum ersten Fürsprecher des Service und zu einem Freund fürs Leben für Rowley. »Ich denke, wir haben in diesem Land die Erwartungen bitter enttäuscht, was den notwendigen Schutz für den Präsidenten der Vereinigten Staaten angeht«,[99] führte ConteConte, Silvio später aus. »Und ich glaube, wir haben eine Menge dazugelernt. Wir haben uns seither ins Zeug gelegt. … Ich habe unablässig auf Verbesserungen gedrängt. … Wir haben einen langen Weg hinter uns gebracht, vielleicht hätten wir diesen Weg schon vorher gehen müssen, aber wer wusste das schon, damals?«

Conte, SilvioConte half Rowley auch, den Abgeordneten im Vertrauen mitzuteilen, was öffentlich auszusprechen als taktlos gegolten hätte: KennedyKennedy, John F.ohne Personenschutz hatte den Job beim Secret Service wesentlich schwieriger gemacht. »Trifft es nicht zu, dass der verstorbene Präsident mitunter des Nachts in Washington unterwegs war, ohne Bewacher vom Secret Service?«, wollte ConteConte, Silvio von Rowley in einer nichtöffentlichen Sitzung des Haushaltsausschusses wissen.

»Das trifft in der Tat zu«, antwortete Rowley, »aber wie soll man einen Präsidenten beschützen, der nicht beschützt werden will? Er ist uns bei mehreren Gelegenheiten nachts entwischt.[100] Er wollte uns nicht dabeihaben, und wir konnten absolut nichts dagegen tun.«

Während Rowley für den Service kämpfte, kämpfte Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und gegen RowleyRowley, James Joseph jr.Johnson und. Von Natur aus paranoid, wie er war, hegte JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und den Verdacht, die meisten Agenten des Personenschutzes würden den Kennedys gegenüber loyal bleiben. Er sagte seinen Helfern, die Agenten seien »keine tiefen Denker«, und sie würden ständig hinter seinem Rücken reden.

Manche Agenten fanden JohnsonJohnson, Lyndon B. tatsächlich erschreckend vulgär im Vergleich zu KennedyKennedy, John F.. Er urinierte vor ihren Augen, erteilte Anweisungen, während er im Bett lag oder auf der Toilette saß und stauchte sie zusammen, wenn er schlechter Laune war.

Ein vertrauliches Mitarbeiter-Memo fachte Johnsons Neurosen im Januar noch zusätzlich an. Darin wurde gewarnt, die Moral der Agenten stürze unter Johnson regelrecht ab. Auch die hohe Zahl von Agenten im Personenschutz, die eine Versetzung anstrebten, wurde darin vermerkt. Johnsons Stab hatte auch den Verdacht, Agenten hätten pikanten Klatsch und Tratsch an die Sports Illustrated durchgestochen. Das Magazin berichtete akkurat, Johnson habe gedroht, die Reifen des Folgefahrzeugs seiner Agenten zu zerschießen, wenn sie ihm beim Jagen zu dicht auf den Fersen waren und das Wild vertrieben.

»Ich finde, Sie sollten den ganzen Personenschutz des Weißen Hauses zusammentrommeln und den Leuten sagen, dass sie dieses Gejammere lassen sollen«, sagte der PräsidentJohnson, Lyndon B.Rowley undRowley, James Joseph jr.Johnson und zu Rowley einmal am Telefon. »Wenn sie nicht mit einem Präsidenten umgehen wollen, lasse ich eine Gesetzesänderung vom Stapel, dann übernimmt das FBIFBI den Laden.«

Rowley, James Joseph jr.Johnson undRowley geriet ins Stammeln, als Johnson meinte, er würde mit Freuden die »Verbindung zum Service kappen«, wenn seine Leute mit der Situation so unglücklich wären. »Ich bitte einfach Edgar HooverHoover, J. Edgar, er soll mir ein paar Leute zuteilen, die mich begleiten«, meinte JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und lapidar, bevor er auflegte. »Ihr könnt euch dann alle wieder um Falschgeld kümmern.«

JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und hatte immer wieder damit gedroht, das FBIFBI – den verhassten Intimfeind des Secret Service – dessen Aufgaben übernehmen zu lassen, und er verstärkte diese Drohungen in jenem Winter sogar noch. Dabei verdankte das FBIFBI dem Secret Service seine eigene Existenz. 1908 hatte der Kongress Ermittler des Secret Service daran gehindert, das Justizministerium bei der Untersuchung einer Reihe betrügerischer Landzuweisungen zu unterstützen, die wertvolle Waldgebiete im Westen des Landes Geschäftemachern anstatt Siedlern überließen. Die Untersuchung hatte bereits einen Senator und einen Kongressabgeordneten aus Oregon das Amt gekostet. Einige Mitglieder des Hohen Hauses waren verärgert darüber, dass ihr ehrwürdiges Organ überhaupt Gegenstand einer Untersuchung war, aber viele im Kongress wehrten sich energisch gegen die Vorstellung, dass ein »Geheimdienst« mit Detektiven Amerikaner ausspionieren würde; sie fürchteten, diese Anleihe bei privaten Ermittlern könnte Missbrauch zur Folge haben. Aber Präsident Theodore RooseveltRoosevelt, Theodore, wütend auf den Kongress, weil dieser sich in bundesstaatliche Ermittlungen einmischte, übertrug dauerhaft acht Agenten des Secret Service in eine neue Einheit, aus der letztendlich das FBIFBI wurde.[101] In den Jahren seit seiner Einrichtung hatte das FBIFBI allerdings seine Mutterbehörde überholt, was Jahresbudget und Einfluss anging. Die enorme Entwicklung der Großstädte im ganzen Land zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte auch eine Welle der Kriminalität hervorgebracht, und das FBIFBI wurde zur klassischen Vollzugsbehörde für die rasch wachsende Nation.

Anfang 1964 versetzte Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley undRowley, James Joseph jr.Johnson und Rowley einen Schock mit der Anweisung, die Zahl der Agenten in seinem Personenschutz zu reduzieren. Der Präsident übermittelte seine Befehle just zu dem Zeitpunkt, als der Chef des Secret Service den Kongress drängte, die Einstellung von mindestens 100 weiteren Agenten im folgenden Jahr abzusegnen. »Wenn ich in den nächsten Wahlkampf gehe, möchte ich weniger Leute haben, als ihr vor dem Attentat hattet«, sagte Johnson zu ihm.

Johnson, Lyndon B.Rowley undJohnson ging es dabei nur um politische Selbstdarstellung. Tage zuvor hatte er einen Haushalt versprochen, der die geringsten Bundesausgaben seit Jahren auswies.

»Ich gehe nicht mal mehr aufs Klo, wenn ich mehr Sicherheitsleute kriegen soll«, sagte er zu RowleyRowley, James Joseph jr.Johnson und.[102] »Ich bleibe einfach immer direkt hinter diesen schwarzen Toren.«

Der PräsidentJohnson, Lyndon B.Rowley und wurde in dem Jahr sogar noch feindseliger gegenüber RowleyRowley, James Joseph jr.Johnson und, warf ihm alles Mögliche vor, er würde sich aufführen wie ein Diktator oder er würde gar versuchen, ihn, JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und, umbringen zu lassen.[103] Johnsons erratisches Dazwischenfunken wirkte sich verheerend auf die wohlgeordnete Hierarchie des Service aus. Er hatte Rufus YoungbloodYoungblood, Rufus als Leiter seines Personenschutzes installiert, und schon bald schwor er ihn auf Geheimhaltung ein, wenn es um anstehende Reisen ging. Der Präsident überließ YoungbloodYoungblood, Rufus auch die Entscheidung darüber, wer in seinem Personenschutz arbeitet oder wer befördert werden sollte. Johnson versuchte später, HillHill, Clint, einen Helden des Service, aus dem Personenschutz zu drängen, weil er niemandem über den Weg traute, der den Kennedys besonders nahegestanden hatte. YoungbloodYoungblood, Rufus überredete Johnson, ihm eine Chance zu geben.

Diese Palastintrigen demoralisierten den Service zusätzlich, »als dieser ohnehin gerade eine schwere Krebserkrankung durchmachte«, wie es Agent Larry NewmanNewman, Larry ausdrückte. »Rowley konnte keine Entscheidung treffen, … die YoungbloodYoungblood, Rufus nicht abgesegnet hatte. Wir hatten quasi zwei Anführer.«

»Die Leute reden davon, das FBIFBI würde den Laden übernehmen«, ergänzte NewmanNewman, Larry. »Die Presse behauptete, der Service nervt. Alles war in Aufruhr. Kein Mensch wusste, wie es weitergeht. Und bald sollten die Ergebnisse der Warren-KommissionKennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung) auf dem Tisch liegen.«

Rowley, James Joseph jr.Johnson undRowley musste sich endlose Beleidigungen vom neuen Präsidenten gefallen lassen. Aber für die Agenten des Secret Service war ihr Chief ein Held. Und dieses Gefühl wurde nur noch verstärkt dadurch, wie dieser ruhige Mann, als den sie ihn kannten, mit einer umstrittenen Befragung durch die Warren-KommissionWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung) umging.

Am 18. Juni traf RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission in den Büros der Kommission in einem Reihenhaus am Capitol Hill ein, um sich Fragen zum AttentatKennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und Bericht zu stellen. Er wusste, dass der Service in dem Bericht einen Großteil der Schuld abbekommen würde, weil man nicht schnell genug auf die Schüsse reagiert hatte. Aber ihm war nicht klar, wie empört der eigentlich milde gestimmte Vorsitzende der Kommission, Chief Justice Earl WarrenWarren, Earl, wegen der nächtlichen Eskapaden der Agenten noch immer war.

Der leitende Justiziar Lee RankinRankin, Lee bat Rowley, die Regeln des Service, die den Alkoholkonsum auf Reisen verbieten, laut vorzulesen. Rowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-KommissionRowley gab zu, dass seine Agenten an jenem Abend gegen die Regeln verstoßen hatten. Er hätte sich jedoch entschieden, sie nicht dafür zu bestrafen.

»Formelle Sanktionen oder disziplinarische Maßnahmen würden unweigerlich dazu führen, dass die Öffentlichkeit den Schluss zieht, diese Männer trügen die Verantwortung für die Ermordung von Präsident KennedyWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und Bericht«, sagte der Chief. »Im Lichte der ganzen Geschichte denke ich, die Männer sollten nicht in dieser Weise stigmatisiert werden.«

Justice WarrenWarren, Earl legte die Stirn in Falten und beugte sich vor. Genau wie RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission war auch der Oberste Richter dem verstorbenen Präsidenten zu Dank verpflichtet. Zu einer Zeit, als viele den Supreme Court wegen dessen Urteilen zugunsten der Bürgerrechte angriffen und behaupteten, das Gericht würde die Grundfesten des Landes ins Wanken bringen, stellte sich KennedyKennedy, John F. öffentlich auf die Seite WarrensWarren, Earl.

»Chief, mir scheint, bei einem Auftrag wie diesem ist es einfach eine der Notwendigkeiten nach Lage der Dinge, zu jeder Zeit aufmerksam und hellwach zu sein«, sagte WarrenWarren, Earl. »Schon geringe Mengen Alkohol« oder zu wenig Schlaf könnten die Reflexe beeinträchtigen, sagte er.

»Ich kann über die Sache keineswegs hinwegsehen«, erläuterte RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission. »Aber das sind alles junge Männer. Sie sind in einem solchen Alter, dass ich denke, sie reagierten im gegebenen Fall angemessen und ausreichend, so wie es unter den gegebenen Umständen eben möglich war.«

Für WarrenWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtWarren, Earl war das nicht ausreichend. Er merkte an, Leute unter den Zuschauern – Arnold RowlandRowland, Arnold etwa – hätten einen Mann mit einem Gewehr gesehen. »Glauben Sie denn nicht, dass ein Mann, wenn er früh genug schlafen gegangen ist und am Vorabend nicht getrunken hat, aufmerksamer wäre und als Agent des Secret Service so etwas eher gesehen hätte, als wenn er bis drei oder vier oder fünf Uhr morgens aufbleibt, in Beatnik-Treffs geht und sich dabei auch noch ein paar Drinks genehmigt?«

RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission verwies darauf, dass RowlandRowland, Arnold, der Zeuge, der einen Mann mit einem Gewehr gesehen hatte, niemals die Polizei oder den Service alarmiert hätte.

Warren, EarlWarren schnitt Rowley das Wort ab. »Also ich meine, hätte ein wachsamer Mann des Secret Service in dieser FahrzeugkolonneFahrzeugkolonnen, dessen Aufgabe es ist, solche Dinge zu beobachten, nicht eine bessere Chance, Verdächtiges zu beobachten, wenn er frei von Nachwirkungen des Alkohols oder des Schlafmangels wäre, als wenn er dies nicht wäreWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtWarren, Earl?«, wollte Warren wissen.

»Nun, gewiss«, sagte RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission. Er ergänzte allerdings, dass die Agenten »in der Vergangenheit« sehr oft erst um 1:30 Uhr nachts ins Bett gekommen waren und um vier Uhr früh für eine neue Reise hätten wieder aufstehen müssen.

»Ich rede nicht von der Vergangenheit«, blaffte WarrenWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtWarren, Earl. »Wir reden hier von neun Männern, die an jenem Morgen ungewöhnlich lange unterwegs waren. … Am nächsten Tag wurde von ihnen erwartet, auf alle denkbaren Vorkommnisse entlang der Fahrtstrecke zu achten. Glauben Sie nicht, dass sie wachsamer und aufmerksamer gewesen wären, wenn sie all das, was sie am Abend davor getan hatten, nicht getan hätten?«

Rowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-KommissionRowley überlegte. »Ja, Sir«, sagte er knapp und ohne sichtbare Gefühlsregung. »Aber ich weiß von nichts, was diese Männer unterlassen hätten von dem, was zu tun ihnen möglich war.«

Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Rowley war durchaus bewusst, dass es einige Dinge gab, die sie anders hätten regeln können. Zehn Tage später bat der Chief die Mitarbeiter der Kommission, diese Angabe korrigieren zu dürfen. Seine endgültige Antwort für die Geschichtsbücher lautete dann wie folgt: »Ja, Sir. Dennoch glaube ich nicht, dass dies die Tragödie verhindert hätte oder hätte verhindern können.«[104]

Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtAgenten im gesamten Service, im Personenschutz des Weißen Hauses wie in abgelegenen Außenstellen, feierten RowleyWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Rowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission, weil er sich bei diesem strengen Verhör vor seine Leute gestellt hatte. Er hatte für seine Männer den Kopf hingehalten. »Er hätte seine eigene Haut retten können, wenn er ihnen die Schuld gegeben hätte. Aber er wollte sie beschützen – ich fand das einfach großartig«, sagte Joe PaolellaPaolella, Joseph »Joe«Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und Bericht, einer von Kennedys Personenschützern. »Er sagte, er wolle sicherstellen, dass sie für den Rest ihres Lebens niemals denken würden, sie seien verantwortlich für den Tod des Präsidenten. Er hätte sagen können: ›Ich schmeiße die Kerle raus. Sie haben komplett versagt.‹ Er hat nie jemanden rausgeschmissen. Er hätte es sich leicht machen können, aber das hat er nicht. Er beschützte seine Agenten, ohne zu lügen.«

Aber Rowley sollte noch weit mehr Kritik einstecken müssen, weil seine Behörde LancerKennedy, John F.Lancer (Codename)Lancer (Codename für John F. Kennedy) verloren hatte.

Irgendwie schaffte er es, unter JohnsonsJohnson, Lyndon B.Rowley und nahezu wöchentlichen Attacken nicht zusammenzubrechen – darunter wütende Telefonanrufe, von Geschimpfe begleitete Forderungen und Drohungen.[105] Stattdessen überwand er sich und sagte bloß »Ja, Sir« und »Ich kümmere mich gleich darum«.

Rowley suchte Zuflucht in den stillen Sitzbänken seiner Kirche direkt am Chevy Chase Circle, dem »Schrein des allerheiligsten Sakraments«. An Sonntagnachmittagen ging er zusammen mit Donna, seiner jüngsten Tochter, die baumbestandene Brookville Road entlang zur dortigen Abendmesse. Wenn er zu Hause war, versuchte er diese besinnliche Zeit stets wahrzunehmen. Als Lohn für seine Langmut bekam der Chief tatsächlich das letzte Wort über das nächste Kapitel des Secret Service.

Am 27. August 1964, einen Monat vor der geplanten Veröffentlichung des Berichts der Warren-KommissionWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Kennedy-AttentatWarren-Kommission, Untersuchung und BerichtWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Rowley, James Joseph jr.Nachbesserung des Secret Service nach Kennedys ErmordungRowley, James Joseph jr.Planungsdokument, stellte Rowley sein vertrauliches »Planungsdokument« zusammen. Das 27 Seiten lange Papier forderte die Einstellung von 205 neuen Special Agents – eine Aufstockung um fünfzig Prozent gegenüber den 415 Agenten, die gegenwärtig, zehn Monate nach dem Attentat, beim Service beschäftigt waren. Rowley, James Joseph jr.Nachbesserung des Secret Service nach Kennedys ErmordungRowley, James Joseph jr.PlanungsdokumentRowley wollte mit den meisten dieser Neueinstellungen, 145 an der Zahl, die Außenstellen im ganzen Land aufrüsten, wo sie dazu beitragen konnten, Bedrohungen zu untersuchen und Besuche des Präsidenten vorzubereiten, und zugleich der Aufgabe des Kampfs gegen Geldfälscher nachzukommen.

In Washington würde der RowleyRowley, James Joseph jr.Planungsdokument-Plan eine Erweiterung des Personenschutzes für das Weiße Haus um 18 Leute bedeuten, und es würde die vierte Schicht eingerichtet, die er schon immer hatte haben wollen. Schließlich sollten noch 25 Leute zusätzlich den Vizepräsidenten schützen, mehr als doppelt so viele verglichen zu dem – seiner Ansicht nach – »offensichtlich unzureichenden« Team von zehn Männern. Genau dies hatte er vorgeschlagen, bevor KennedyKennedy, John F. ermordet wurde.

Rowley, James Joseph jr.Aufstockung des BudgetsRowley, James Joseph jr.Nachbesserung des Secret Service nach Kennedys ErmordungRowley, James Joseph jr.PlanungsdokumentRowleys gewichtigster Vorschlag war eine Verzehnfachung von Personal und Finanzierung für die Untersuchung und Zurückverfolgung von Drohungen gegen den Präsidenten. Sein Plan verlangte eine Million Dollar, nur für die Entwicklung eines computerisierten Systems für die Daten von Verdächtigen.

RowleysRowley, James Joseph jr.Nachbesserung des Secret Service nach Kennedys ErmordungRowley, James Joseph jr.Planungsdokument Plan enthüllte auch die Grundlagen, die er für ein neues Trainingszentrum für Agenten gelegt hatte: ein acht Hektar großes freies Gelände im ländlichen Beltsville, Maryland, bereitgestellt durch den Agricultural Research Service. Dort, so der Vorschlag RowleysRowley, James Joseph jr.Planungsdokument, könnten die Agenten trainieren, wie mit ganz bestimmten Attacken umzugehen ist: Ein Heckenschütze feuert in eine offene Straße, ein Zuschauer zieht ein Messer. Der Vermieter des Geländes, die General Services Administration, plante, wie er sagte, Geldmittel zur Errichtung eines Schießplatzes, einer Strecke für Fahrsimulationen sowie von Gebäudeattrappen für das Attentatstraining zur Seite zu legen.

Aus RowleysRowley, James Joseph jr.Nachbesserung des Secret Service nach Kennedys ErmordungRowley, James Joseph jr.Planungsdokument Entwurf konnte nur deshalb Wirklichkeit werden, weil er einen entscheidenden Verbündeten in jemandem fand, der ein enger Freund der Kennedys gewesen war. Finanzminister C. Douglas DillonDillon, C. Douglas verfügte über die stille Macht eines wohlhabenden Patriziers. Er hätte in einer Investmentfirma der Familie das Zehnfache seines Ministersalärs verdienen können, entschied sich jedoch, dem Land zu dienen. Als Republikaner genoss er das Ansehen seiner Partei, der Demokraten und der wirtschaftlichen Elite. Er war vielleicht einer der wenigen Staatsdiener, die Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B.Rowley und nicht so ohne weiteres unter Druck setzen konnte.

Als er am 2. September selbst Platz nahm, um sich den Fragen der Warren-KommissionWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung)Dillon, C. Douglas zu stellen, räumte Dillon ein, sein Antrieb beruhe bis zu einem gewissen Grad auf Bedauern. Weder er selbst noch der Kongress hatten erkannt, wie sehr der Service vor dem Attentat auf dem Zahnfleisch kroch, als RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-KommissionRowley, James Joseph jr.Aufstockung des Budgets um mehr Agenten bat. »Mr. Rowley versuchte, es uns wissen zu lassen«, sagte DillonDillon, C. Douglas vor dem Gremium.[106] »Aber er hatte zu jener Zeit keine sehr guten Karten im Haushaltsausschuss.«

Dann tat DillonDillon, C. Douglas etwas reichlich Verwegenes, er leistete sich einen Bruch des in Washington üblichen Protokolls. Er gab der Kommission RowleysRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-KommissionRowley, James Joseph jr.Aufstockung des BudgetsRowley, James Joseph jr.Planungsdokument Plan, zusammen mit dem Vorschlag der 205 Neueinstellungen, bevor der Präsident die Sache abgesegnet hatte. »Er hat das nicht genehmigt. Er hat es noch gar nicht gesehen«, sagte DillonDillon, C. Douglas. Er bezeichnete den Plan schlicht als »unseren Bericht dazu, … was getan werden muss«.

DillonDillon, C. Douglas gab Richter WarrenWarren, Earl und dem Kongress, wonach sie beide lauthals gerufen hatten: die annehmliche Lage, einen ausgeklügelten Plan vor sich zu haben. Drei Wochen später, am 27. September, veröffentlichte die Warren-KommissionWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung) die Ergebnisse ihrer Untersuchung, die sich über zehn Monate hingezogen und 1,2 Millionen Dollar gekostet hatte. Wie der Präsident gehofft hatte, fanden sich in dem 888 Seiten langen Bericht keine Beweise dafür, dass OswaldOswald, Lee Harvey Teil einer breit angelegten Verschwörung zur Ermordung KennedysWarren-Kommission (zur Kennedy-Ermordung) gewesen war. Die Kommission kritisierte den Secret Service allerdings massiv und verlangte nach »substanziellen Verbesserungen« von dessen »ernsthaft unzureichenden« Schutzmethoden. Das Gremium führte systemische Probleme in der fast hundert Jahre alten Behörde ins Feld. Sie hatte mit der immer größer werdenden Arbeitslast und der Technologie nicht Schritt gehalten. Sie gab zu oft dem Weißen Haus nach, wenn es um Sicherheitsfragen ging. »Wenn ich Chief RowleyRowley, James Joseph jr.Untersuchung durch Warren-Kommission wäre, würde ich einfach nur diesen Bericht lesen und dann meinen Hut nehmen«, sagte ein führender Vertreter im Nationalen Sicherheitsrat zu seinem Boss.[107]

Die Kommission kritisierte, der Service hätte die Agenten nicht dazu verpflichtet, Gebäude und andere Orte zu inspizieren, wo sich Heckenschützen entlang der Route einer Wagenkolonne verstecken konnten. Das Gremium verlangte eine komplette Überarbeitung der Methoden, mit denen der Secret Service Personen identifiziert, die eine Gefahr für den Präsidenten darstellen könnten. Der Report warf der Behörde einen Mangel an routinemäßigem Training der Agenten vor – und das Ausbleiben einer raschen Reaktion in Dallas –, was dem Täter einen Vorteil verschaffte.

»Alle Männer des Secret Service scheinen mir sehr langsam reagiert zu haben, mit kaum mehr als erstaunten Blicken«, zitierte der Bericht Senator Ralph YarboroughYarborough, Ralph, der im Wagen von Vizepräsident Johnson gesessen hatte.[108] »Als jemand, der ein wenig über das Training Bescheid weiß, das Kampftruppen der Infanterie und Marines absolvieren, bin ich sehr erstaunt über das Ausbleiben einer sofortigen Reaktion durch den Secret Service im Moment, als das Gewehrfeuer einsetzte.«

»Wir waren unterbesetzt«, zitierte der Bericht die Erklärung von Tom KelleyKelley, Tom, dem Ermittler des Service, der den Ausfall in Dallas zu untersuchen hatte. »Wir hatten weder eine ausreichende Zahl noch die Art von Leuten und Ausbildung, deren es für diese überaus verantwortungsvolle Aufgabe bedurft hätte.«

Das Gremium gab zwölf verschiedene Empfehlungen zur Verstärkung des Service und sagte, man gehe davon aus, dass die Behörde personell massiv aufgerüstet werden müsste, um ihre Ziele erreichen zu können.

Johnson, Lyndon B.Johnson kochte vor Wut, als ihm erste Berichte über diese Empfehlungen zu Ohren kamen. »Mein Problem ist, dass ich fürchten muss, einige dieser Idioten werden die Sache in die Finger bekommen und dann einfach noch mehr Secret Service vorschlagen«, sagte der Präsident zu seinem nationalen Sicherheitsberater McGeorge BundyBundy, McGeorge. »Mein Eindruck ist, dass sie mich im Moment eher in Gefahr bringen, also dass sie mich beschützen!«

Aber DillonDillon, C. DouglasRowley, James Joseph jr.Aufstockung des BudgetsRowley, James Joseph jr.Planungsdokument und Rowley gaben keine Ruhe und drängten den Kongress den ganzen Winter und das Frühjahr hindurch, den Plan abzusegnen, auch gegen JohnsonsJohnson, Lyndon B. Widerstand. Am 15. Februar 1965 trafen sich DillonDillon, C. Douglas und RowleyRowley, James Joseph jr.Aufstockung des BudgetsRowley, James Joseph jr.Planungsdokument vertraulich mit dem Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses. Der Präsident hatte formell 8,7 Millionen Dollar zur Finanzierung des Secret Service im neuen Fiskaljahr angefordert, eine bescheidene Steigerung um nur fünf Prozent. Dillon, C. DouglasRowley, James Joseph jr.Aufstockung des BudgetsRowley, James Joseph jr.PlanungsdokumentDillon und Rowley jedoch beharrten darauf, sie bräuchten 12,6 Millionen.

»Ich bin mir darüber im Klaren, dass das vielleicht noch kein Kabinettsmitglied vor mir getan hat, schon gar kein Finanzminister, nämlich eine Zuwendung zu beantragen, die den im Budget des Präsidenten vorgesehenen Betrag überschreitet«, sagte DillonDillon, C. Douglas dem Ausschuss. Er sprach jedoch von einer »ganz besonderen und in der Tat einzigartigen Situation«. Der Service könne das nächste Attentat nicht verhindern, wenn er kein Geld bekomme, sagte er, aber Präsident JohnsonJohnson, Lyndon B. wollte dieses Geld nicht anfordern.

»Nichts kann die Tragödie jenes Tages ungeschehen machen«, sagte DillonDillon, C. Douglas. »Aber wir alle tragen eine gewaltige Verantwortung, gegenüber unserem Land und vor der gesamten freien Welt, und wir müssen sicherstellen, dass der Schutz, den wir jetzt und in Zukunft unserem Präsidenten angedeihen lassen, wer auch immer es sei, der denkbar effektivste ist, den unsere demokratische Gesellschaft zulässt.«

Fast alles, was der Chief in seinem Plan vom August 1964 festgehalten hatte, wurde umgesetzt. Die Entscheidungsträger – aus Furcht vor einer weiteren Tragödie und eifrig bemüht, die Wähler zu besänftigen, die noch immer um einen zum Märtyrer gewordenen Präsidenten trauerten – stellten sich hinter RowleysRowley, James Joseph jr.Aufstockung des BudgetsRowley, James Joseph jr.Planungsdokument Plan.

Im Herbst 1965 startete der Service mit einer noch nie da gewesenen Welle von Neueinstellungen, die über zweihundert neue Agenten an Bord holte. Mehrere dieser Neueinstellungen, die durch das Attentat erst zum Dienst an der Nation inspiriert worden waren, sollten später anderen Präsidenten das Leben retten und auf eigenen Wegen zu Legenden werden.

Allerdings beklagten einige der ursprünglichen Personenschützer KennedysKennedy, John F., immer noch verfolgt von der Tragödie, die sie nicht hatten verhindern können, wie spät diese Verstärkungen eintrafen.

»Sieh mal an«, meinte Larry NewmanNewman, Larry, ein ehemaliger Personenschützer KennedysKennedy, John F.. »Wir haben ein neues Trainingszentrum, wir haben neue Agenten. Leider mussten wir erst einen Präsidenten verlieren, damit dem Kongress ein Licht aufging und er uns gewährte, was wir brauchten, um ihn zu beschützen.«

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