Читать книгу Zeige dich, begehre mich! | Erotischer Roman - Carol Stroke - Страница 13
ОглавлениеJane Scott 11
Obwohl ich bereits Urlaub hatte, fuhr ich zu meiner Firma. Vielleicht würde ich dort auf irgendetwas stoßen, das mich für die nächsten Stunden ablenken könnte. Hierbei handelte es sich wohl um die niedrigste Form des Selbsterhaltungstriebs. Die nüchterne Wahrheit war, dass ich nach dieser Nacht nicht allein zu Hause sitzen wollte. Ich brauchte Ablenkung von dieser gesichtslosen Gestalt, die jede Faser meines Körpers elektrisierte. Mein Koffer für das Wochenende war bereits gepackt, der Wohnzimmerschrank abgestaubt, die Wäsche gebügelt, der Müll runtergebracht, die Fenster geputzt und die Badfliesen mit dem Dampfreiniger samt Fugen gereinigt. Und nun stand ich also hier, mitten auf der 5th Ave und schaute mir meine imposante Arbeitsstätte an. Es war ein hohes Geschäftshaus, das nicht ganz einem Wolkenkratzer entsprach. Wir witzelten immer, dass wir im kleinen Bruder des Empire State Buildings, das um die Ecke stand, arbeiteten.
Bevor ich durch die große Glastür lief, rückte ich meinen Rock, meinen Blazer und meine Gedanken nochmals zurecht und betrat die Empfangshalle. Die Dame am Informationsschalter lächelte mir zu, ich erwiderte ihren Gruß mit einem leichten Nicken und ging in Richtung der Fahrstühle weiter. Dort angekommen, wählte ich den Aufwärtspfeil und wartete ungeduldig auf den Hochglanzkasten mit Spiegelverkleidung.
»Miss Scott?«, fragte mich die ungläubige Stimme meines Chefs.
Ich drehte mich um und schaute ihm direkt in sein makelloses Gesicht. Er gehörte zu dem Männertyp, der nicht älter, sondern reifer wurde. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er zu den positivsten Menschen gehörte, die ich kannte, und dass Zornesfalten keine Chance bei ihm hatten.
»Ich dachte, Sie hätten Urlaub?« Tadelnd riss er meine Aufmerksamkeit wieder auf unser Gespräch.
»Ja, Mister Evertime, da muss ich Ihnen recht geben. Aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das Wochenende in einem Wellnesshotel nicht genießen könnte, ohne nochmals zu überprüfen, ob keine terminierten Aufträge liegengeblieben sind.«
Für diese Lüge würde ich jetzt nicht mehr in den Himmel, sondern direkt mit einem Vip-Ticket in die Hölle fahren. Ich stand hier und hatte tatsächlich meinen Chef angelogen, nur um ihm nicht sagen zu müssen, dass ich spitz auf einen Unbekannten war. Mit dem Hinweis, dass wenn ich nicht bald meine Libido befriedigen würde, ich kurz vor dem Implodieren stand.
»Miss Scott, ich bin nicht sicher, ob ich das gutheißen kann.«
Ich hatte das Gefühl, mir stieg die Röte in die Wangen, da ich glaubte, er hätte meine Gedanken lesen können. Denn leider konnte ich meine mir untypische zügellose Gier und deren Folgen auch nicht gutheißen.
»Was meinen Sie damit?«, fragte ich schüchtern.
»Hören Sie, ich finde es ja löblich, dass Sie so auf das Wohl der Firma achten, aber Ihr Yin und Yang sollte doch im Einklang bleiben.« Dies unterstrich er mit einem ernsten Blick.
Ich seufzte innerlich und dachte, wie sehr ich mich doch nach meinem Yang sehnte ...
»Was ich damit sagen möchte: Sie sollten aufpassen, dass Sie sich zu der ganzen Arbeit eine Auszeit gönnen. Diese Auszeit nennt man in der heutigen Zeit Urlaub.« Bei diesen Worten schenkte er mir ein fast väterliches Lächeln.
»Sie haben ja recht. Ich verspreche Ihnen, dass ich wirklich nur kurz nach dem Rechten sehen werde und dann befasse ich mich wieder mit meinem Yang.«
»Das wollte ich hören«, grinste er. »Und wenn ich in dreißig Minuten in Ihrem Büro anrufe, wird mir, dank der Rufumleitung bei Abwesenheit, Ihre Sekretärin sagen, dass Sie bereits wieder Ihr Büro verlassen haben.« Er unterstrich die Ernsthaftigkeit dieser Drohung, indem er eine Augenbraue nach oben zog. Dieser Mann war auf seine Art wirklich sexy.
»Ja, das wird sie«, versprach ich und widerstand dem Drang, meine Finger hinter meinem Rücken zu kreuzen.
Der Fahrstuhl war bereits angekommen, die Türen öffneten sich und wir stiegen gemeinsam ein. Gerade als sich die Tür zuschob, hörten wir den Ruf: »Warten Sie bitte!«
Wie war das wieder?
Furchtbare Nacht, Putzorgie, Chef angelogen und nun eine siebenstöckige Fahrt in der Kammer des Schreckens mit meinem Ex?! Das ist wohl der Bonus zur Fahrt in die Hölle, schoss es mir durch den Kopf, als ich die Stimme des Rufenden erkannte.
Tatsächlich stand er nun in voller Größe mit seiner Blender-Visage vor uns, in jeder Hand einen Kaffeebecher und ein schleimiges, zähnegebleachtes Lächeln auf den Lippen, als er unseren Chef grüßte.
Timing ist wohl alles, du arrogantes, fremdgehendes, falsches, ignorantes, speichelleckendes Arschloch, begrüßte ihn mein innerer Zorn. Heraus brachte ich ein höfliches: »Guten Morgen, Marc.«
Er drehte sich in meine Richtung und tat, als ob er mich erst in diesem Moment entdeckt hätte: »Oh, guten Morgen, Jane.«
Schon wieder dieses falsche, überfreundliche Lächeln in seinem Gesicht. Sogleich hatte ich das Bedürfnis, schnell nach Hause unter die Dusche zugehen.
Womöglich erkannte er den Ekel in meinen Augen und wandte sich wieder seinem Primärziel zu. »Mister Evertime, entschuldigen Sie meine Frage, aber haben Sie sich schon die Entwürfe für die neue Werbekampagne angesehen? Miss Starr und ich hatten eine Eingebung, die das externe Auftreten der Firma revolutionieren könnte.«
Kam es nur mir so vor oder wurde die Kabine wirklich enger? Marcs Ego drohte den ganzen Raum einzunehmen.
»Miss Starr und ich dachten daran ...«
Ich hörte gar nicht mehr zu, was sich alles »Miss Starr und ich« dachten, sondern folgte nur der Displayanzeige, die sich quälend langsam von E bis 7 vorarbeitete.
Endlich ertönte das erlösende »Ping«.
»Miss Scott, ich werde anrufen«, ermahnte mich Mister Evertime, als ich im Begriff war, auszusteigen. Ich drehte mich zu ihm, lächelte und verabschiedete mich. Meine Beine trugen mich kämpferisch zu dem nahestehenden Schreibtisch meiner Sekretärin, die mich überrascht anschaute.
Carol Hunt war eine Seele von Frau. Sie war drei Jahre älter als ich, aber hatte keine Probleme damit, dass ich ihre Vorgesetzte war. Unser Verhältnis war freundschaftlich, und jede von uns wusste, dass wir aufeinander zählen konnten. Wir hatten, gemeinsam mit Lilly, schon einige Nächte bei Pizza und Kaffee im Büro verbracht, um Projekte termingerecht fertig zu bekommen.
Dieses Mal stand ich vor ihr, stützte meine Hände auf ihr Pult und ließ den Kopf hängen.
»Jane, was ist denn? Äh, hast du nicht Urlaub?«, fragte sie zögerlich.
»Mister Schleimbacke war im Aufzug – und ja, ich habe Urlaub«, entgegnete ich knapp und verharrte in meiner unbequemen Stellung.
»Jane, möchtest du dich nicht lieber setzen? Es sieht schon etwas befremdlich aus, wenn du hier meinen Tisch anzubeten scheinst und dann noch vor dich hinmurmelst. Die Kollegen glauben eh schon, dass wir bei unserem Erfolg mit den dunklen Mächten in Verbindung stehen.«
Ich blickte nach links und rechts, richtete mich auf und winkte meinen aufmerksamen Kollegen zu. Dann wandte ich mich wieder an meine Sekretärin. »Ach, Carol, warum bringt mich dieser Mann immer noch so aus dem Konzept? Okay, früher hätte ich mich am liebsten in eine Maus verwandelt, wenn er den gleichen Raum betrat. Heute war ich froh, dass mein Elektroschocker in der Tasche zu Hause lag. Wer weiß, wie oft ich ihn sonst schon in der Form geröstet hätte?«
Allein der Gedanke, wie ich ihn durch das Büro jagte und immer wieder auf Power drückte, wenn die zwei kleinen Widerstände seine Haut berührten, ließ mich breit grinsen.
»Jane, ich will dich ja nicht in deinen Fantasien stören, aber nochmal die Frage: Was machst du hier?«
»Ich dachte, ich besuche meine nette, liebe, fleißige Sekretärin«, versuchte ich mehr schlecht als recht ihr glauben zu machen.
Dafür erntete ich ihren berühmten skeptischen Blick.
»Ich musste zu Hause raus, wusste nicht wohin und da ich mein wöchentliches Pensum an ›Lilly Anderson‹ schon überschritten habe, blieb mir nur mein Büro.«
»Du brauchst einen Freund. Nein, warte. Du brauchst dringend einen Freund, der dich auf andere Gedanken bringt«, entgegnete sie mir.
Sie hatte recht, ich musste auf andere Gedanken kommen. Ich drückte ihre Hand. »Danke. Ich verspreche, ich werde alles versuchen. Und wenn nicht ich, wird Lilly alles versuchen.«
Carol konnte sich ein sanftes Lachen nicht verkneifen. »Ja, das wird sie wohl ... Mein Beileid, Jane.«