Читать книгу Marisol und Nando - Carola Käpernick - Страница 12
Waschsalon und Gedankenschleuder
ОглавлениеMit einem großen Rucksack voller Wäsche und Strickzeug, machte sich Marisol auf den Weg in den Waschsalon. Sie hatte nur schnell geduscht und sich umgezogen. Die Kleidung vom Vortag und das Handtuch nahm sie gleich mit. Fürs Strickzeug hatte sie sich entschieden, weil sie beim Stricken besser nachdenken konnte, als beim Lesen. Und sie musste nachdenken. Über sich und Nando. Es war zweifellos total schön, jemanden in Freiburg zu kennen, der nicht mit der Arbeit zu tun hatte. Doch ihre Erfahrungen mit jungen Männern, die sie noch dazu außerordentlich nett und anziehend fand, waren Anlass, nicht mehr ausschließlich auf ihr Bauchgefühl zu hören. Denn ihr Bauch sprach entweder eine Sprache, die sie nicht sonderlich gut verstand oder sie war schlichtweg beziehungsunfähig.
Marisol hatte Glück, der Waschsalon war ziemlich leer. Sie befüllte zwei Geräte und setzte sich auf eine Bank. Beim Maschenaufnehmen musste sie sich noch ein wenig konzentrieren. Nach der zweiten Reihe konnte sie dann, ohne nachzudenken, die Maschen einfach stricken und reflektierte ihre letzte Beziehung. Mit Stefan war sie fast zwei Jahre zusammen gewesen. Davon waren elf Monate die Hölle gewesen. Anfangs zeigte er sich liebevoll, nahm Rücksicht und schien ein geselliger Typ zu sein. Doch nach kurzer Zeit entpuppte er sich als ziemlich eifersüchtig. Es machte Marisol dann keinen Spaß mehr, noch irgendwohin zu gehen. Ging sie allein, war er misstrauisch und es kam zum Streit. Waren sie zusammen unterwegs, kontrollierte er sie und ging jeden Mann, der sie ansprach an, er solle seine schmierigen Finger von ihr lassen.
Als sie sich trennen wollte, akzeptierte er das einfach nicht. Er stalkte sie, lauerte ihr auf, wo immer es ging. Sie hatte damals im vorklinischen Studium noch mehr Vorlesungen besuchen müssen und sich freiwillig für die Arbeit in einer pathologischen Abteilung gemeldet. Sie war im Studium noch nicht so weit, dass sie sezieren oder Laborarbeit machen durfte. Aber sie verdiente etwas Geld mit Helfertätigkeiten und knüpfte Kontakte. Außerdem erklärten ihr die Mitarbeiter dort gern, wenn sie etwas wissen wollte, was sie für ein besseres Verständnis der Theorie sehr wichtig fand.
Fast hätte sie wegen Stefan eine wichtige Prüfung verhauen, die sie ein ganzes Semester gekostet hätte. Als sie bestanden hatte und es ans praxisorientierte Studieren ging, bewarb sie sich sofort weg aus Bielefeld und sagte niemandem, wo sie hinging. Sie wechselte dann auch alle E-Mailadressen und löschte sämtliche Accounts in den sozialen Medien. Noch lief sie nicht Gefahr, auf einer Klinikseite namentlich genannt zu werden. Und Marisol hoffte, dass Stefan das Interesse an ihr irgendwann verloren hatte.
Das war jetzt nun schon wirklich lange her. Sie war bisher der Meinung, dass sie sich erst einmal aufs Studium konzentrieren sollte. Eine Beziehung war da hinderlich. Stefan hatte das eindrücklich bewiesen. Erst das dritte Staatsexamen, dann vielleicht mal wieder was fürs Herz. Bisher war das auch ok. Aber nun war ihr Nando begegnet. Sie hatten sich zwar erst ein paar Mal getroffen, aber was, wenn da mehr draus werden könnte? Sie fand ihn süß, unterhielt sich gern mit ihm. Gerade seine Schüchternheit ließ sie auch hoffen, dass er sich nicht als ein zweiter Stefan entpuppen würde. Ein Problem sah sie nur darin, dass es kein Zurück mehr geben würde, wenn sie sich auf mehr als zusammen Essen einließe. Nando wäre dann auch als Freund verloren, wenn es nicht gut ging. Selbst wenn eine Trennung ohne Rosenkrieg stattfinden würde. Ach eigentlich war das doch verrückt, sie waren noch gar nicht zusammen und sie machte sich schon über eine Zeit nach der Trennung Gedanken. Das wäre sicher ein weiterer Beleg für ihre Beziehungsunfähigkeit.
So in Gedanken versunken merkte sie gar nicht, wie die Zeit verging und war ganz überrascht, als die Waschmaschinen mit einem Piepton vermeldeten, dass sie ihre Arbeit getan hatten.