Читать книгу MEMORIAM - Auch deine Stunde schlägt - Caroline Stein - Страница 11

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Die Sonne war längst am Horizont untergegangen und die Dämmerung begann in die Nacht überzugehen.

Mateo schaltete das Licht im Labor an.

Lorena war ein paar Tage zu ihrer Mutter gefahren und das war wieder einmal eine Gelegenheit, die chemischen Experimente für sein Projekt weit in die Nacht auszudehnen. Im Gebäude wurde es stiller und nach und nach erloschen in allen Büros die Lichter. Mateo verriegelte die Türe seines Labors von innen und schaltete auf Nachtlicht um. Es war inzwischen schon fast Mitternacht und er wusste, dass er nun bestimmt alleine im Gebäude war, nur mit dem Nachtwächter Mauro, der seine Vorliebe für nächtliche Arbeit kannte und sich nicht groß um ihn kümmerte.

Die neue Putzfrau hatte vor einer Stunde schon sein Labor verlassen und ihm eine gute Nacht gewünscht. Mateo war irgendwann aufgefallen, dass sie eine Schwäche für ihn hatte, denn sie verbrachte mehr Zeit als nötig damit, den Raum zu säubern, und lächelte ihn immer wieder an. Und er bemühte sich, ihr keine Hoffnungen zu machen, ohne deshalb abweisend zu wirken. Öfter mal fand er ein kleines Schokoladentäfelchen auf seinem Tisch und vermutete, dass es von ihr war. Und jedes Mal legte er ein Post-it-Zettelchen an die Stelle, auf das er einfach »Danke« schrieb.

Früher wäre er niemals darauf gekommen, so etwas zu tun, aber als er vor einigen Jahren bei einer Entführung beinahe umgebracht worden wäre, da hatte er manches in seinem Leben überdacht und geändert. Seitdem war er ein zufriedenerer Mensch geworden und, so wie er es empfand, auch ein besserer.

Ein Lächeln glitt über sein Gesicht, denn er musste unwillkürlich an Lorena denken. Seit zwei Jahren waren sie jetzt ein Paar und erst, seit er sie kannte, war sein Leben wieder voller unbeschwerter und glücklicher Momente. Sie war eines Tages beim Petanca, dem spanischen Boule, aufgetaucht und ihre Lebensfreude hatte ihn sofort eingefangen. Er liebte sie und sobald seine Forschung abgeschlossen war, wollte er ihr einen Heiratsantrag machen.

Mateo warf kurz einen Blick über die Schulter auf das Fenster hinter sich, dessen heruntergelassener Rollo den Blick aus dem Flur in sein Büro hinein versperrte. Obwohl er wusste, dass es unnötig war, kontrollierte er das stets. Er ließ das Rollo jedes Mal am Abend herunter. Und trotzdem sicherte er sich immer ab. Immer.

Er zog seine Halskette aus dem Hemd und ein schmaler rechteckiger Anhänger, auf dem der Name Lorena mit einem Herzen darunter eingraviert war, kam zum Vorschein. Mateo nahm eine Stecknadel und stach in die Herzspitze. Der Anhänger schnappte auf und Mateo holte einen kleinen Schlüssel heraus, der darin lag. Dann verstaute er den Anhänger wieder unter seinem Hemd und ging hinüber zum Bücherregal. Er entnahm den Anatomieatlas, strich mit der flachen Hand über die Rückseite des Regales, löste mit den Fingern eine winzige Abdeckung und steckte den Schlüssel in das kaum sichtbare Schloss, das dahinter zum Vorschein kam. Auch hier sprang ein Deckel auf und Mateo griff nach links hinter die Wand und zog den dort verborgenen Ordner heraus.

Lächelnd legte er ihn vor sich auf den Schreibtisch. »Memoriam Prodere« stand in großen Buchstaben auf dem Deckel. »Erinnerung weitergeben«.

Er lächelte immer noch, als er den Ordner aufschlug. Seine Arbeit an dem Projekt war fast fertig. Und es würde einschlagen wie eine Bombe, wenn er es veröffentlichte. Er würde in einem Atemzug mit großen Wissenschaftlern wie Pierre und Marie Curie genannt werden und er würde von da an der Stephen Hawking der Genforschung sein. Er brauchte nur noch das Treffen mit der Freundin von Ramon Carroz. Den Flug nach Palma, am 1. August, hatte er schon gebucht. Und er hoffte, gleich nach dem Gespräch auch die Untersuchung von Sophie anschließen zu können. Dann würde seiner Karriere nichts mehr im Weg stehen.

MEMORIAM - Auch deine Stunde schlägt

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