Читать книгу Mörder sind keine Engel: 7 Strand Krimis - Cedric Balmore, Alfred Bekker, Frank Rehfeld - Страница 20
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Bount war in der Nähe des Hauses geblieben, weil es ihn interessierte, was sich dort in der nächsten halben oder vollen Stunde tun würde.
Er hatte Joyce einfach nicht glauben können, er war über ihre gemimte Ohnmacht ebenso ins Grübeln geraten wie über ihre Behauptung, Alec Hamishs Geliebte gewesen zu sein. Joyce hatte ihm etwas vorgemacht, das stand fest, und nun galt es herauszufinden, wer auf wen geschossen hatte.
Er hastete zur nächsten Telefonzelle und wählte Joyce Finchs Nummer. Das Besetztzeichen ertönte. Er versuchte es in kurzen Abständen immer wieder. Es dauerte fast fünf Minuten, ehe eine Verbindung zustande kam.
„Finch.“
Die Stimme der jungen Frau klang ruhig, sehr gelassen. „Ich muss Sie sprechen“, sagte Bount. „Ich befinde mich in der Telefonzelle an der Ecke.“
„Ich habe nachgerade genug von Ihren Belästigungen und den damit verbundenen dummen Fragen“, meinte Joyce kurz angebunden und wollte aufhängen.
„Auf wen haben Sie geschossen?“, fragte Bount.
Stille. Er konnte nur das Atmen der Teilnehmerin hören. Bount wiederholte seine Frage.
„Sie müssen sich irren. Hier sind keine Schüsse gefallen“, behauptete Joyce.
,.Es waren drei.“
„Erkundigen Sie sich meinetwegen im Nachbarhaus ...“
„Ich besitze ein gut entwickeltes Ohr für derlei akustische Signale“, sagte er. „Wollen Sie, dass ich Ihnen die Polizei ins Haus schicke?“
Erneute Pause, dann sagte Joyce: „Sie sind ein Quälgeist. Okay, ich erwarte Sie.“
Als sie ihm die Haustür öffnete, war sie mit einem weißseidenem Hausmantel bekleidet und hatte das blonde Haar hochgesteckt. Sie gingen ins Wohnzimmer. Joyce brannte sich eine Zigarette an. Ihre Hände waren ruhig. Sie schaute Bount ins Gesicht, dann bettete sie den Nacken auf die Lehne ihres Sessels und blies ein paar hübsche Rauchringe zur Decke.
„Wie teuer sind Sie?“, fragte sie murmelnd.
„Möchten Sie mich engagieren?“
„Warum nicht? Natürlich muss ich wissen, was Sie zu leisten imstande sind. Können Sie einen Toten beseitigen?“
„Wer ist es?“
„Ein Mann namens Bruce Copper.“
„Ist es der Kerl, der mich mit dem verdammten Gas betäubte?“
„Genau der. Ich musste ihn töten. Es geschah in Notwehr“, sagte Joyce Finch und beugte sich mit einem Ruck nach vorn. „Wie finden Sie das?“
„Schon wieder ein Märchen?“, fragte Bount, obwohl er zu spüren meinte, dass Joyce Finch diesmal die Wahrheit sagte. Er war gespannt, wie es weitergehen sollte und fragte sich, ob sein hochattraktives Gegenüber psychisch normal war.
„Diesmal sage ich die Wahrheit“, meinte Joyce Finch. „Das Schwindeln wird mir lästig.“
Es klingelte. „Sie erwarten noch Besuch?“, fragte Bount.
„Ja. Würden Sie mir bitte den Gefallen tun, ihn hereinzubitten?“
Bount erhob sich. Er durchquerte Zimmer und Diele, dann öffnete er die Tür. „Hallo“, sagte er.
Vor ihm stand seine Klientin Leslie Harper.
In Jeans und dunkelblauer Seglerjacke sah sie jung und sportlich aus, keineswegs wie eine junge Dame der Gesellschaft oder wie eine prominente Lady aus einem Haus am Battery Park. Sie starrte ihm verdutzt in die Augen.
„Ich verstehe“, sagte Bount. „Mrs. Finch hat vorhin mit Ihnen telefoniert, deshalb war die Leitung besetzt. Mrs. Finch hat Sie hergebeten.“
Leslie Harper antwortete nicht. Sie ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Joyce Finch lächelte der Besucherin ins Gesicht. „Reiniger hat die Schüsse gehört“, sagte sie. „Es wäre sinnlos gewesen, ihm etwas vormachen zu wollen.“
Leslie Harper setzte sich abrupt. „Du bist verrückt“, murmelte sie.
Bount zog behutsam die Wohnzimmertür hinter sich ins Schloss, lehnte sich dann gegen die Wand, musterte die beiden jungen Frauen und stellte fest: „Sie schulden mir eine Erklärung, meine Damen.“
„Sie wissen bereits genug“, sagte Joyce Finch. „Ich musste Bruce Copper töten. In Notwehr. Er hat versucht, mich zu vergewaltigen. Außerdem wollte er mich erpressen. Seine Leiche liegt in meinem Schlafzimmer. Sie werden den Toten verschwinden lassen.“
„Ich werde nichts dergleichen tun“, sagte Bount ruhig. „Sie sollten endlich die Polizei informieren. Sonst muss ich das übernehmen.“
„Das hast du nun davon!“, sagte Leslie Harper zu ihrer Freundin.
Joyce Finch zuckte mit den Schultern. „Du bist seine Klientin. Er kann dich nicht in die Pfanne hauen, davon werde ich profitieren. Außerdem spielt er sich nur auf. Er bemüht sich, den Schein zu wahren. Reiniger ist käuflich wie alle anderen. Es ist nur eine Frage des Preises. Also gut – handeln wir ihn aus!“
„Mrs. Harper hat mir eine Komödie vorgespielt“, sagte Bount. „Unter diesen Umständen sehe ich mich außerstande, weiterhin ihre Interessen zu wahren.“
„Er meint es ernst“, sagte Leslie Harper.
„Dann“, erklärte Joyce Finch und zog mit raschem Griff ihre Pistole unter dem losen Sitzkissen des Sessels hervor, „müssen wir die Konsequenzen ziehen. Es spielt schließlich keine Rolle, ob wir dem Meer eine oder zwei Leichen anvertrauen.“