Читать книгу Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? - Charlotte Schmitt-Leonardy - Страница 16
1. Die produktionsorientierte Sichtweise
Оглавление23
Es sind die produktions- und entscheidungsorientierten Theorien, die bei einer ersten Annäherung einleuchtend erscheinen: das Unternehmen wird zunächst als Produktionseinheit wahrgenommen und in seinen Abhängigkeiten von Produktionsfaktoren und Preisen untersucht. Wie Schneider bemerkt, ist Hauptziel dieser „neoklassischen“ Mikroökonomie „das Ableiten derjenigen Austauschverhältnisse zwischen Mengen vorgegebener Erzeugnisse und Erzeugungsfaktoren, welche die Pläne einzelner Wirtschaftseinheiten aufeinander abstimmen und ins Gleichgewicht bringen soll“.[1] Fragen nach der Ordnung des Wirtschaftssystems und der darin enthaltenen Elemente „Unternehmen“ werden in dieser – auf eine naturrechtliche Ordnung als „Wesensbestimmung“ des Wirtschaftens von Menschen ausgerichteten – Herangehensweise marginal behandelt.[2] Der Blick wird auf technische Produktionsfunktionen gelenkt und so geraten die Bedeutungsebenen der Begriffe „Unternehmen“ und „Betrieb“ nahezu zwangsläufig durcheinander.
24
In der Betriebswirtschaftslehre ist der Terminus „Betrieb“ naheliegenderweise zunächst anzutreffen: er bezeichnet eine Institution, die Güter und/oder Dienstleistungen für Dritte erzeugt bzw. bereithält. Es ist hierbei noch nicht präzisiert, ob diese Güter und Dienstleistungen von einem Entgelt abhängen oder die Institution in eine bestimmte Rechtsform gekleidet ist. Nach einer verbreiteten Auffassung ist der Betrieb als Unterbegriff zur Unternehmung zu verstehen, die sich in drei Arbeitsbereiche untergliedert: den Betrieb als technisch-produktionswirtschaftlichen Arbeitsbereich, das Geschäft, das den technisch-produktionswirtschaftlichen Bereich mit den innerbetrieblichen Vorgängen (z. B. Güter- und Zahlungsströme) verbindet und schließlich die Führung, die Pläne erstellt und die beiden erstgenannten Bereiche koordoniert.[3] Nach anderer Auffassung in der Literatur wird der Betrieb als produktionswirtschaftliche Einheit, die Unternehmung oder das Unternehmen dagegen als „juristische“ oder „finanzwirtschaftliche“ Einheit begriffen.[4] Die Begriffe „Unternehmung“ und „Unternehmen“ werden jedenfalls meist synonym verwendet. Allerdings hat sich – und dies ist für rechtliche Überlegungen von Belang – der Terminus „Unternehmen“ durchgesetzt, wenn es um eine eindeutige Zurechnung der Auswirkungen, die ein Betrieb auf das Leben der Menschen haben kann, handelt. Das Unternehmen wird in diesem Zusammenhang als eine, in eine bestimmte Rechtsform gekleidete, Produktionseinheit bzw. eine bestimmbare, interaktionsfähige Rechtsfigur[5] bezeichnet. Abgesehen von terminologischer Klarheit kann der betriebswirtschaftliche Ansatz für die vorliegende Fragestellung wenig beitragen, weil technische Produktionsfunktionen, die Erörterung absatzpolitischer Instrumente bei unvollkommener Konkurrenz und Kapitalbedarfsfunktionen bzw. Kapitalfondprozesse Bezugsgegenstand sind.[6] Es wird daher nicht der innerbetriebliche Ansatz zu den abstrakten Fragen der Wirtschaftsordnung in Beziehung gesetzt, sprich das Unternehmen nicht als ein Akteur innerhalb einer „Umwelt“[7] untersucht. Bereichernder erscheinen daher die Ansätze, die Unternehmen als organisatorische Einheiten wahrnehmen, in denen wirtschaftliche Leistungen – in der Regel durch das Zusammenwirken mehrerer Wirtschaftssubjekte – erstellt werden und die besondere – vom Markt abweichende – Struktur im Mittelpunkt steht.