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2. Rational Choice

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Der „Rational Choice Ansatz“[1] stellt den homo oeconomicus in seinen Mittelpunkt, also einen auf Nutzenmaximierung ausgerichteten Akteur, der sich grundsätzlich durch eine Modifikation von Anreizen beeinflussen lässt.[2] Unter Bedingungen von Knappheit strebten die Menschen – diese grundsätzlich allein an Bedürfnisbefriedigung orientiert – immer eine rationale Entscheidung zur Erlangung des größten subjektiven Nutzens an. Ausgehend von dieser Prämisse wird davon ausgegangen, dass der Mensch bei Verfolgung dieser Interessen unter Umständen gesetzeswidrig, wortbrüchig oder zum Nachteil anderer handelt, wenn er sich hiervon individuelle Vorteile verspricht. Hierbei kommt es nicht darauf an, um welche Ziele es sich handelt;[3] in diesen Situationen seien lediglich die Kosten bzw. Nutzen der Entscheidung ausschlaggebend und somit sei – im Fall der Entscheidung für die Straftat – der erwartete Nutzen einer Straftat unter Einbeziehung der „Bestrafungskosten“ größer als der Nutzen, der durch die Investition der Zeit und Ressourcen für andere Aktivitäten entstünde.[4]

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Dieser Ansatz wurde insbesondere in seiner Übertragung auf jedes menschliche Verhalten[5] kritisiert. Dabei wurde vorgebracht, dass zahlreiche Aspekte wie emotionale Präferenzen, aber auch sozialstrukturelle Besonderheiten nicht berücksichtigt würden; eine Differenzierung des Ansatzes dahingehend, dass auch diese Faktoren als „mentale“ oder „soziale“ Kosten in die Entscheidung einflössen, ließ den Ansatz schließlich tautologisch wirken, weil von vornherein kein Raum mehr für Überprüfbarkeit blieb. In Bezug auf wirtschaftskriminelles Verhalten greifen die Einwände anderweitiger Präferenzen bzw. soziostruktureller Besonderheiten weniger, weil die individuellen Entscheidungen in einem Kontext getroffen werden, der scheinbar von rationalen ökonomischen Entscheidungen geprägt wird. Doch auch hier ist kritisch zu betrachten, ob das Rationalitätspotenzial der organisierten Akteure – Unternehmen – nicht mit tatsächlicher Rationalität verwechselt wird und die Rationalitätskapazitäten der individuellen Akteure nicht überschätzt werden. Zwar könnte hier sogar die Informiertheit als Grundlage einer rationalen Entscheidung gegenüber anderen Kriminalitätsbereichen überwiegen, jedoch wird diese Annahme angesichts aktionistischer Entscheidungen mit hohem Aufdeckungsrisiko wie z. B. in den Bilanzfälschungen im Fall Enron wiederum relativiert. Die empirischen Befunde jedenfalls sprechen nur für einen „moderaten inhibierenden Effekt“[6] der Steuerung nach rational choice-Kriterien und konstatieren diesen auch vor allem im Bereich der Bagatelldelikte. Die Erklärung der Wirtschaftskriminalität bedarf jedoch einer differenzierteren Ursachenforschung, die nicht auf einer kaum überprüfbaren Rationalitätsfiktion beruht, sondern den Entscheidungskontext sowie voneinander abweichende Motivationslage und Präferenzen mit einbezieht. Im Folgenden soll nun ergänzend zu dieser „grundsätzlich [...] einfachst denkbaren Handlungstheorie“[7] auf Mertons Anomietheorie eingegangen werden, die fast 65 Jahre nach ihrer Veröffentlichung immer noch einen großen Einfluss auf die kriminologische Forschung und Theoriebildung hat.

Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?

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