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6. Fazit

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Durch den wirtschaftskriminologischen Bezugsrahmen konnten die empirischen Befunde plausiblen theoretischen Erklärungen zugeführt werden; eine Basis für weitere Überlegungen. Zentrale Eckpunkte sind die Rolle des Zugangs zum illegalen Weg – mithin die Tatgelegenheit –, der „Lernkontext“ hinsichtlich der Rezeption illegaler Möglichkeiten und schließlich die Neutralisierungsmechanismen, um in der von Merton beschriebenen Drucksituation die Wahl für die kriminelle Verhaltensalternative zu treffen. Von einem pauschalen kriminogenen Einfluss der Wirtschaft ist nicht auszugehen, gleichwohl scheint die moralische Bindung bei Steigerung des Selbstinteresses der Akteure im Wirtschaftskontext mit gewissen Einschränkungen festgestellt.

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Die empirischen und theoretischen Erkenntnisse zur Wirtschaftskriminalität legen nahe, dass der Unternehmenskontext bestimmte Charakteristika der Wirtschaftskriminalität verstärkt: Zum einen stellt er Kapazitäten an Macht und/oder Wissen zur Verfügung, die sowohl einen Rechtsbruch ermöglichen als auch seine Folgen verwischen können. Auch im Rahmen der Ermittlungen werden Schwierigkeiten aufgeworfen, denn selbst wenn ein Unternehmen zweifelsfrei als „Schädiger“ bestimmter Rechtsgüter identifiziert wurde, steht die Suche nach dem persönlich Verantwortlichen an ihrem Anfang. Agieren mehrere Mitarbeiter arbeitsteilig derart zusammen, dass jeder einzelne ein geringes Maß an Verantwortung innerhalb des gesamten kriminellen Vorgangs hat, kann er strafrechtlich nicht oder schwer zur Verantwortung gezogen werden. Die dahinter stehende Organisation kann so aufgebaut sein, dass allenfalls die tatsächlich handelnden, „unteren“[1] Ebenen strafrechtlich fassbar sind, deren Schuld wiederum überwiegend gering sein wird. Desweiteren liegt nahe, dass die Erschütterung „gesellschaftlich notwendigen Vertrauens“, wenn man sie als ein Merkmal der Wirtschaftskriminalität auffassen will,[2] in einem stärkeren Maße durch kriminelle Unternehmenstätigkeit erfolgen kann, als durch ein individuelles wirtschaftskriminelles Verhalten. Letztere kann man durchaus als Verhaltensweisen beschreiben, die – mittelbar oder unmittelbar – eine Verletzung gesellschaftlich notwendigen Vertrauens, welches Funktionsvoraussetzung für die sehr komplexen Wirtschaftsabläufe der heutigen Zeit ist, bedeuten. Des Weiteren scheinen Unternehmen als arbeitsteilig organisierte Einheiten ohne den individuell Verantwortlichen und grundverschiedenen internen Arbeitsabläufen von außen schwer einsehbar. Es handelt sich also um einen Wirtschaftsakteur, dem die Gesellschaft – mangels Einblick- und Kontrollmöglichkeit – Vertrauen entgegenbringen muss: Sowohl Verbraucher müssen sich hinsichtlich der Produktionstätigkeit auf Qualität und Fairness verlassen, als auch andere Marktteilnehmer müssen sich beispielsweise hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Wettbewerbsregeln auf Unternehmen „einlassen“, ohne sie selbst betreffende Prozesse kontrollieren zu können. Insofern ist anzunehmen, dass ein möglicher Vertrauensbruch weitreichendere Konsequenzen hat, weil er in diesem Kontext weniger mit „individuellem Versagen“ gerechtfertigt werden kann und der Bezug zum „Systemvertrauen“[3] insofern deutlicher ist. Schließlich scheint das Unternehmen als „Lernkontext“ prädestiniert zu sein, weil hier Mitarbeiter miteinander auf Produktionsziele hinarbeiten und zudem Vorgaben durch höhere Hierarchieebenen eine Rolle spielen.

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Die leicht zu vermutende Verstärkungswirkung der Unternehmen für Wirtschaftskriminalität entbindet gleichwohl nicht von einer genaueren Beschäftigung mit dem „Kriminalitätspotential Unternehmen“ und der Herausarbeitung von Differenzierungsmerkmalen. Unternehmenskriminalität könnte als Teilmenge der Wirtschaftskriminalität zwar einen Großteil ihrer Merkmale wie die fehlende Affektivität der Tathandlung, den vergleichsweise hohen Schaden in Bezug auf die Anzahl der Straftaten, das Täterprofil oder die typischen Aufklärungsprobleme aufweisen, allerdings charakteristische, eigene Merkmale wie die Bedingungen des „Begehungsortes[4] Unternehmen“ bzw. des „Tatmittels Unternehmen“ im Sinne einer strafwürdigen Nutzung der Unternehmensstruktur beinhalten. Ob es aus diesen Gründen als unmittelbarer krimineller Akteur in Betracht gezogen werden muss, es lediglich als „Umfeld“, das der Entwicklung individueller Kriminalität zuträglich ist, eingeordnet werden muss oder unmittelbar kriminogen auf Individuen wirkt, wird im Folgenden herauszufinden sein.

Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?

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