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Die wissenschaftliche Revolution

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Ab dem 15. Jahrhundert breitete sich der Einfluss der Renaissance in ganz Europa aus. Neben dem erneuten Interesse an der Antike entwickelte sich allmählich ein kritisches Denken, das mit der scholastischen Tradition brach. Statt sich auf dogmatische Lehrmeinungen zu verlassen, begann man, selbst die Welt zu untersuchen. Im 16. Jahrhundert verkündete der polnische Astronom Nikolaus Kopernikus, nicht die Erde, sondern die Sonne stehe im Mittelpunkt des Universums (heliozentrisches Weltbild). Übrigens lag dieser Erkenntnis teils eine theologische Überzeugung zugrunde. Kopernikus meinte, der Sonne, als Repräsentantin des Allmächtigen, gebühre die Ehre, im Zentrum der Schöpfung zu stehen. Das neue Weltbild ließ sich jedoch nicht mit der auf Aristoteles fußenden Lehre des Christentums in Einklang bringen.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts versuchte der italienische Mathematiker und Pysiker Galileo Galilei, das kopernikanische Weltsystem durch theoretische Argumentation und Experimente zu untermauern. Er führte an, dass die alltägliche Erfahrung auf eine still stehende Erde, aber auch auf eine Erde hinweisen könne, die sich um die Sonne und um die eigene Achse dreht. Dadurch sollte Galilei schon bald mit der Kirche in Konflikt geraten. Wie Aristoteles, Ptolemaios und Kopernikus hielt auch Galilei an der Vorstellung fest, dass die Bewegung der Himmelskörper gleichförmig auf Kreisbahnen verlaufe. Ihm zufolge war diese Bewegung der natürliche Zustand aller Körper. Auch ein fallender Stein beschreibt nach Galilei in Wirklichkeit das Segment einer Kreisbahn, da diese sich mit der Erde bewegt. Galilei war somit der Erste, der behauptete, irdische und himmlische Mechanik seien identisch (die Mechanik ist ein Zweig der Physik, der die Bewegungen von Körpern studiert), wodurch die alte hierarchische Unterscheidung zwischen den Sphären unterhalb und oberhalb des Mondes ihre Gültigkeit verlor. Doch mit der kopernikanischen Theorie ließen sich die Stellungen der Planeten immer noch nicht genau voraussagen. Dies sollte sich erst ändern, als der deutsche Astronom Johannes Kepler nachwies, dass die Planeten keinen Kreis, sondern eine Ellipse beschreiben.

Galilei zeigte, dass sich auch eine Autorität wie Aristoteles irren kann. Dieser hatte behauptet, schwere Körper fielen schneller als leichte. Galilei machte die Gegenprobe. Man erzählte, er habe zwei Kugeln gleichzeitig vom Turm von Pisa fallen lassen, eine aus Holz, die andere aus Metall. Zur Bestürzung der anwesenden Gelehrten erreichten beide Kugeln nahezu gleichzeitig den Boden. Zudem benutzte Galilei das von niederländischen Linsenschleifern erfundene Teleskop, um das kopernikanische Weltbild weiter zu untermauern. Unter anderem entdeckte er Berge und Krater auf dem Mond, Flecken auf der Oberfläche der Sonne und die vier größten Monde des Jupiter. Alle diese Beobachtungen standen wiederum in Widerspruch zu Aristoteles und der christlichen Lehre. Die Konfrontation konnte daher nicht ausbleiben. 1633 wurde Galilei von der Inquisition mit einem Publikationsverbot belegt und zu lebenslänglichem Hausarrest verurteilt. Außerdem musste er seine Auffassungen öffentlich widerrrufen. Einer apokryphen Überlieferung zufolge soll Galilei nach der Verurteilung eppur si muove! gerufen haben: „und sie (die Erde) bewegt sich doch!“ Dennoch erging es Galilei immer noch besser als seinem Zeitgenossen und Mitstreiter Giordano Bruno, der wie er dem kopernikanischen Weltbild anhing und im Jahr 1600 auf dem Campo dei Fiori in Rom lebendig verbrannt wurde. Doch die Kirche sollte ihre Autorität mehr und mehr einbüßen. Die moderne Wissenschaft war nicht mehr aufzuhalten.

Charakteristisch für die wissenschaftliche Revolution des 16. und 17. Jahrhunderts ist die quantitative, mathematische Methode. Mit der mathematischen Sprache ließen sich die Bewegungen im Universum und auf der Erde beschreiben. Das Universum war ein kompliziertes, mechanisches Uhrwerk, das natürlichen Gesetzmäßigkeiten gehorchte. Aristoteles’ Zweckursache galt zumindest in der Astronomie und der Mechanik nicht länger als wissenschaftliches Prinzip. Fortan postulierte man physikalische Wirkursachen: Ein Stein fällt nicht, weil das seine Bestimmung ist, sondern weil von außen eine Kraft auf ihn ausgeübt wird. Im 17. Jahrhundert wies der englische Mathematiker und Physiker Isaac Newton nach, dass sich die elliptischen Planetenbahnen anhand seiner drei Bewegungsgesetze und der überall wirkenden Schwerkraft erklären ließen. Nicht die Kreisbewegung war das Grundprinzip der Dynamik, sondern die gleichförmige geradlinige Bewegung. Newtons erstes Axiom stellt fest, dass ein sich bewegender Körper in der linearen Bewegung fortfährt, solange er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern. Das Gravitationsgesetz besagt, dass jeder Körper im Universum auf jeden anderen Körper eine Kraft entlang der Verbindungslinie ihrer Zentren ausübt. Die Stärke dieser Kraft ist direkt proportional zu dem Produkt der beiden Massen und umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung zwischen ihnen. Die Planeten werden durch die Anziehungskraft der Sonne in ihre elliptischen Bahnen gezwungen. Die hierarchische Unterscheidung zwischen den Sphären unterhalb und oberhalb des Mondes gehörte nunmehr endgültig der Vergangenheit an. Alle Bewegungen auf der Erde und im Himmel gehorchten den Newton’schen Gesetzen.

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