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Gelehrtes Genie und armer Bettelmönch

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Doch „will man fragen nach den tiefsten Geheimnissen Gottes“, mahnte er seine Professorenkollegen, „so frage man nach dem ärmsten Menschen, der mit Freude arm ist aus Liebe zu Gott; der weiß von den Geheimnissen Gottes mehr als der weiseste Gelehrte.“ Ein Mensch, der seinem Nächsten in seinem Leid zu Hilfe komme, soll Albert einmal gesagt haben, handle besser als jemand, der auf dem Pilgerweg von Schwaben bis Rom bei jedem Meilenstein ein Münster aus reinem Gold errichten würde. Denn Jesus Christus sei nicht um einer Kathedrale willen gestorben, sondern für den Menschen.

Fromm wie ein Kind, bedürfnislos wie ein Eremit, lebte der international geschätzte Wissenschaftspionier das arme Leben eines Bettelmönchs. Unerbittlich kämpfte er gegen klerikale Machtpolitik und Habgier. Einem Kölner Prälaten, der ihm stolz berichtete, die römische Kurie habe ihm den Besitz mehrerer einträglicher Pfründen gleichzeitig erlaubt, entgegnete er sarkastisch: „Jawohl, jetzt könnt Ihr mit Erlaubnis zur Hölle fahren!“ Im Dominikanerorden setzte der Provinzial Albertus sehr schmerzhafte Konkretisierungen des Armutsgelübdes durch.

Auf seine Initiative beschloss das Ordenskapitel, Dominikaner müssten in Zukunft beim Reisen auf einen Wagen verzichten und dürften sich ohne triftigen Grund auch nicht von einem Wagen mitnehmen lassen. Führende Ordensmitglieder, die gegen das Armutsgebot verstießen, wurden unnachsichtig bestraft oder sogar abgesetzt. Albert ging selbst mit gutem Beispiel voran: Seine Reisen durch Europa machte er grundsätzlich zu Fuß, unter härtesten Bedingungen, in sommerlicher Gluthitze, bei Eis und Schnee, ein armer Wandermönch.

Und das Verblüffendste: In den Marschpausen legte sich der erschöpfte Wanderer nicht etwa auf die faule Haut. Für ihn war das die Mußezeit zum Schreiben seiner hochgelehrten Abhandlungen über Ethik und Metaphysik, Logik, Mathematik, Zoologie und Botanik – vierzig Bände im Lexikonformat in der kritischen Neuausgabe. Dieses Riesenwerk, welches das gesamte Bildungsgut der damaligen Zeit ordnet, entstand in bescheidenen Herbergen und in den Gastzellen irgendwelcher Klöster. Machte man an der Landstraße Rast, so zog Albert gern eine Pergamenthandschrift mit Aristoteles-Texten aus seinem Bündel. Kam er in ein Kloster, durchforstete er regelmäßig die Bibliothek und schrieb sich aus Büchern, die er noch nicht kannte, in aller Eile die interessantesten Stellen ab.


Naturverliebt: Albertus Magnus

Natürlich geriet der unbestechliche Prophet einer armen Kirche oft genug in Konflikt mit den Machtinteressen besitzstarker Bischöfe und Kardinäle. Er führte eine offene Sprache, wenn es um die Sünden der Kirchenleitung ging, genoss an der römischen Kurie aber dennoch einen so guten Ruf, dass man den Siebenundsechzigjährigen 1260 plötzlich zum Bischof von Regensburg machte.

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