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Die Selbstjustiz des Julian Hessenthaler
Оглавление„Es war eine notwendige Aktion, weil einer Anzeige nicht nachgegangen wurde.“
Mit großer Spannung wurde dem Auftritt des „Ibiza“-Drahtziehers, des Detektivs Julian Hessenthaler, vor dem U-Ausschuss entgegen gesehen. In der 43. Sitzung am 8. April 2021 war es soweit. Hessenthaler, der sich zu dieser Zeit wegen mutmaßlicher Drogendelikte und mutmaßlicher Erpressung in Untersuchungshaft befand, kam in Begleitung des Rechtsanwalts Alfred J. Noll, eines früheren Nationalratsabgeordneten von Jetzt - Liste Pilz.
Da sich Hessenthaler also in laufenden Verfahren befand, nahm er sein Entschlagungsrecht oft in Anspruch. Bereits in seiner einleitenden Stellungnahme schilderte er, dass er deshalb zur „Selbstjustiz“ gegriffen und Heinz-Christian Strache in die Video-Falle gelockt habe, weil die Polizei einer aufliegenden Anzeige nicht nachgegangen sei. Das Video, so Hessenthaler, hätte es nicht geben müssen, wäre die Exekutive aktiv geworden.61
Wörtlich sagte Hessenthaler vor dem U-Ausschuss:
„Wäre der Anzeige des befreundeten Anwalts, der den Strache-Leibwächter Oliver R. vertrat, pflichtgemäß nachgegangen worden, dann hätten Ermittlungen geführt werden müssen. Hätte es diese Ermittlungen gegeben, dann wäre das Ibizavideo überflüssig geworden. Nichts von dem, was nach dem Mai 2019 öffentlich wurde, wäre nicht auch schon vorher erkennbar gewesen – erkennbar zumindest für professionell agierende staatliche Stellen – aber es wurde bewusst weggesehen. Die Polizei hat nichts getan, sie hat sich Versäumnisse zuschulden kommen lassen. Es war daher erforderlich, die bekannten Vorwürfe des Strache-Leibwächters Oliver R. objektiv zu untermauern. Es ging mir darum, die Glaubwürdigkeit von Oliver R. in anschaulicher und bildlicher Weise zu bestätigen. Bereits beim ersten Treffen mit Johann Gudenus habe ich dessen deutliche Korruptionsbereitschaft wahrgenommen. Dieser Eindruck hat es umso mehr nahegelegt, für eine bildlich-objektive und unwiderlegliche Dokumentation zu sorgen. Es gab keine involvierten Nachrichtendienste, es gab keinen Auftraggeber, es gab auch keine Hintermänner. Ich hatte keine Absichten, irgendetwas zu verkaufen, schon gar nicht hatte ich vor, jemanden zu erpressen. […] Das Ibiza-Video sollte auch die seit jeher in der Luft liegenden Vorwürfe objektiv dokumentieren, um damit eine Auseinandersetzung mit der generellen Thematik von Einflussnahme und Käuflichkeit in dieser Republik zu fördern. Die jetzt vorliegenden Chatverläufe und das damit gebotene Sittenbild zeigen, wie notwendig dies in diesem Land ist. Im Rückblick muss man sagen, dieses Ziel scheint bestenfalls teilweise erreicht. […] Unmittelbar nach Bekanntwerden des Videos wurde versucht, das Bild einer kriminellen Verschwörung in die Welt zu setzen und dieses Bild durch gezielte Medienleaks und die damit einhergehenden Kampagnen zu stützen und aufrechtzuerhalten. Ganz gezielt wurden aus den Boten der schlechten Nachricht Täter fabriziert. Schon vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 wurden Drohungen und konstruierte Beschuldigungen an uns herangetragen. Sie alle wissen, dass ich mich nunmehr in Untersuchungshaft befinde. Ich sehe mich mit massiven Anschuldigungen konfrontiert, ich bitte daher um Ihr Verständnis, dass ich angesichts meiner bisherigen Erfahrungen und vor dem Hintergrund der anhängigen Ermittlungsverfahren bei der Befragung auch von meinem Entschlagungsrecht ausgiebig Gebrauch machen werde müssen.“62