Читать книгу Fälle und Lösungen im Strafrecht für die Polizeiausbildung - Christian Laustetter - Страница 4
Vorwort
Оглавление– oder was kann man mit diesem Buch anfangen? –
… noch ein Buch …
Wird man von einem Verlag angefragt, ob man als Autor für ein neues Buch tätig werden möchte, so geht unweigerlich der Blick ins Bücherregal. Ist das nicht ohnehin schon voll genug? Gibt es überhaupt noch ein Rechtsgebiet, das nicht bereits ausreichend literarisch bearbeitet ist? Wurde nicht schon alles gesagt – nur nicht von jedem? Und wer soll das alles überhaupt noch kaufen?
Das sind nicht nur rhetorische Fragen. Tatsächlich stellt sich für jedes neue Werk die Frage der Daseinsberechtigung. Auch wir haben uns als Autoren diese Frage gestellt und haben auf der Grundlage unserer Überlegungen das vorliegende Buch entwickelt. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wer mit welchen Interessen und Erwartungen dieses Buch in die Hand nehmen könnte, und wie es konzipiert sein muss, damit es sinnvoll genutzt werden kann. Denn genau das ist für uns der entscheidende Punkt. Unser Buch soll nicht (nur) schön im Bücherregal aussehen, es soll ausgiebig genutzt werden. Nicht der Kauf allein soll ein besseres Gewissen vermitteln, sondern der Leser und Lernende soll mithilfe des Buchs seinem Ziel, die nötigen Prüfungen erfolgreich zu bestehen, ein Stück näher gebracht werden.
Als Dozenten wissen wir, was dafür nötig ist, gute Strafrechtsklausuren zu schreiben. Dabei haben wir sowohl die Studierenden an den deutschen Polizeihochschulen im Blick als auch die Auszubildenden im mittleren Dienst. Strafrecht ist Bundesrecht. Zwar mögen in den einzelnen Bundesländern die Curricula im Detail einen etwas unterschiedlichen Aufbau haben. Letztlich geht es aber um dieselben Fragestellungen und dieselben Rechtsthemen, die zum größeren Teil auch unweigerlich in einer bestimmten Reihenfolge aufeinander aufbauen. Dementsprechend richten wir uns an Studierende und Auszubildende im ganzen Bundesgebiet. Auch Jurastudenten können dieses Buch gerne zur Hand nehmen und zum Üben nutzen, bewusst aber haben wir einen Stil gewählt, der für die Polizeiausbildung angemessen ist, so haben wir etwa weitgehend von der Darstellung in der Praxis irrelevanter Meinungsstreitigkeiten abgesehen. Dafür kann der Band von Polizeistudierenden ebenso gut genutzt werden wie von Auszubildenden, da auch diesbezüglich die strafrechtlichen Inhalte in weiten Teilen übereinstimmen.
Dieses Buch hat nicht den Anspruch, allein für sich den Nutzer zum strafrechtlichen „Profi“ zu machen. Es dient der Ergänzung der strafrechtlichen Lehrveranstaltung, die wiederum zusätzlich von einem klassischen Lehrbuch begleitet werden sollte. Ein solches Lehrbuch dient dazu, den strafrechtlichen Prüfungsstoff zu vermitteln. Rechtliche Inhalte werden umfassend dargestellt und erläutert, die dazu nötigen Definitionen aufbereitet und Zusammenhänge erklärt. Dies ist wichtig und unverzichtbar. Alleine das Lernen und Beherrschen dieser Dinge führt aber noch nicht zu einer guten Klausur, bisweilen nicht einmal zum Bestehen. Mindestens genauso wichtig ist es nämlich, sein erlerntes Wissen in einer rechtlich korrekten Art und Weise „zu Papier zu bringen“. Nach unserer Erfahrung als langjährig erfahrene Dozenten stellt dies mitunter sogar eine noch größere Herausforderung dar als das bloße (Auswendig-)lernen des Stoffs. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang ist „Üben“.
Hier kommt nun unser Buch ins Spiel. Die in der strafrechtlichen Lehrveranstaltung neu gelernten Inhalte können mit den dargebotenen Fällen klausurtechnisch umgesetzt und eingeübt werden. Dabei sind die Fälle so konzipiert, dass sie nicht erst kurz vor der Abschlussprüfung, sondern bereits von Beginn des strafrechtlichen Lernens an genutzt werden können. Anfänglich sind die Fälle recht einfach und bedienen sich nur weniger grundlegender Inhalte, die auch am Beginn der strafrechtlichen Ausbildung stehen. Mit der Zeit werden die Fälle schwieriger und umfangreicher. Langsam wird der Leser und Nutzer an die klausurmäßige Darstellung gewöhnt und kann sich selbst darin üben.
Wegen des im Detail in den Bundesländern unterschiedlichen Aufbaus der strafrechtlichen Inhalte im jeweiligen Curriculum und den Modulbeschreibungen wird es bisweilen vorkommen, dass in einem Fall eine Rechtsfrage vorkommt, die noch nicht erlernt wurde. Diese kann jedoch ohne Probleme bei der Fallbearbeitung ausgelassen werden. Da die rechtlichen Schwerpunkte im Inhaltsverzeichnis stichwortartig genannt werden, kann auch jeweils der passende Fall zur Bearbeitung herangezogen werden. So entsteht eine aus unserer Sicht ideale Form des strafrechtlichen Lernens, ausgehend von der Lehrveranstaltung über das Nacharbeiten des Stoffs mithilfe eines Lehrbuchs hin zur Umsetzung in der Form einer Fallbearbeitung. Stück für Stück wird der Nutzer so zum Strafrechts- und Klausur“profi“. Steht dann die Klausur bevor, so können noch einmal individuell diejenigen Fälle aus dem Buch ausgewählt werden, die gezielt zur Vorbereitung bestimmter Themen wiederholt werden sollen.
So haben wir die einzelnen Fälle konzipiert und nacheinander aufgebaut. Gefragt wird stets nach der Strafbarkeit von beteiligten Personen. Mitunter finden sich in strafrechtlichen Klausuren auch Zusatzfragen nach konkreten Inhalten. Solche Fragen haben wir nicht in unsere Fälle aufgenommen, da sie keine besondere Klausurtechnik zur Beantwortung verlangen. Im Anschluss an den jeweiligen Sachverhalt findet sich zunächst eine Lösungsskizze. Ob der Nutzer dieses Buchs in der realen Klausursituation seiner Lösung eine solche Lösungsskizze vorweg schickt, sei ihm überlassen. Auf jeden Fall aber ist es von großer Bedeutung, die bekannten Aufbauschemata für die verschiedenen Rechtsprobleme zu beherrschen. Nur so ist die Anfertigung einer strukturierten und durchdachten Klausurlösung möglich. Erwartet wird bei einer Rechtsklausur eben kein Besinnungsaufsatz, sondern eine Darstellung, die sowohl inhaltlich korrekt als auch aufbautechnisch überzeugend gelingt.
Es folgt dann eine ausführliche Klausurlösung. Um den Lesefluss nicht zu stören, haben wir uns dafür entschieden, die Fußnoten in einem eigenen Apparat erst nach dem letzten Fall darzustellen. Allerdings haben wir in die Lösungen zahlreiche Klausurhinweise eingestreut. Grundlage hierfür ist unsere Lehrerfahrung. Immer wieder werden ähnliche Fragen gestellt, immer wieder ergeben sich typische Fehler, Probleme und Herausforderungen in der strafrechtlichen Ausbildung bzw. im Studium. Hier wollen wir mit ganz praktischen Tipps beim Lernen und Üben helfen.
Von einem Fallbuch kann nicht erwartet werden, dass der gesamte Lehr- und Prüfungsstoff aus z. B. drei Jahren Polizeistudium enthalten ist. Wir haben indes diejenigen rechtlichen Inhalte in unsere Fälle aufgenommen, die erfahrungsgemäß immer wieder in Strafrechtsklausuren vorkommen. Für einen vollständigen Überblick über den Stoff muss ein Lehrbuch herangezogen werden. Einzelne Rechtsfragen können auch gezielt durch einen Blick in einen Kommentar zum Strafgesetzbuch beantwortet werden. Einschlägige Literatur zum Strafrecht kann etwa dem Literaturverzeichnis entnommen werden. Aus diesem Grund haben wir auch weitgehend auf die Erörterung von Konkurrenzverhältnissen zwischen den einzelnen Strafbarkeiten einer Person verzichtet.
Häufig gibt es im Strafrecht nicht nur den einen Lösungsweg oder sogar nicht nur die eine richtige Lösung. Dies haben wir an den typischen Stellen deutlich vermerkt. Es muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass natürlich vorrangig diejenigen Anforderungen zu beachten sind, die vom jeweiligen Dozenten und Prüfer konkret gestellt werden, sei es bezogen auf das Verständnis einer Rechtsfrage oder auf den Aufbau einer Prüfung.
Liebe Dozentin, lieber Dozent,
nicht nur beim selbständigen Lernen und Üben durch Studierende und Auszubildende soll das vorliegende Fallbuch helfen. Auch Ihnen möchten wir unsere Unterstützung anbieten. Teil des Bachelorstudiums ist das so genannte angeleitete Selbststudium. Es zählt also zu Ihren Aufgaben, neben der Lehre die Studierenden auch auf Ihrem Lernweg zu begleiten, etwa durch das Stellen bestimmter Aufgaben. Nichts anderes gilt selbstverständlich auch für die Ausbildung im mittleren Dienst. Dabei können sehr unterschiedliche Aufgabenarten ausgewählt werden. Nach unserer Erfahrung ist es aber besonders wichtig und lehrreich, die Lernenden so früh wie möglich mit der Fallbearbeitung zu konfrontieren, zu Anfang natürlich mit überschaubaren Sachverhalten. Später werden sich Fälle anbieten, die der Abschlussklausur immer ähnlicher werden. Unsere Fälle sollen ein Angebot für Sie sein. Nutzen Sie sie gerne als Aufgaben für Ihre Studierenden und Auszubildenden. Besonders würden wir uns natürlich freuen, wenn Sie zu diesem Zweck den Studierenden und Auszubildenden unser Buch empfehlen können.
Für alle, Lernende und Lehrende, gilt:
Die Polizei hat unter anderem die Aufgabe, Straftaten präventiv zu verhüten und repressiv zu verfolgen. Dies kann erfolgreich nur funktionieren, wenn Beamtinnen und Beamte über ein gutes strafrechtliches Fachwissen verfügen. Dies zeigt sich in vielen praktischen Zusammenhängen. Nur derjenige kann eine sinnvolle Strafanzeige über einen Ladendiebstahl schreiben, der die Diebstahlsvoraussetzungen des § 242 StGB kennt und verstanden hat. Nur diejenige kann in einer Vernehmung zu einem Tötungsdelikt die richtigen Fragen stellen, um den Täter gegebenenfalls auch wegen eines Mordes zu überführen, die die unterschiedlichen Mordmerkmale des § 211 StGB beherrscht. Nur wer die Voraussetzungen eines Rücktritts vom Versuch nach § 24 StGB kennt, kann möglichen Ausflüchten eines Beschuldigten etwas entgegensetzen. Die Aufzählung ließe sich unendlich fortsetzen.
Das Strafrecht hat also eine sehr große Bedeutung in der Ausbildung einer Polizeibeamtin und eines Polizeibeamten. Dementsprechend sind die strafrechtlichen Anforderungen in der Lehre und in den Prüfungen hoch. Wenn wir mit dem vorliegenden Buch einen Beitrag dazu leisten können, dass Studierende und Auszubildende diesen Anforderungen gerecht werden können und dabei auch den Spaß an diesem spannenden Fach nicht verlieren, wären wir sehr zufrieden. Dabei gibt es sicherlich auch noch Dinge, die wir besser machen können. Anmerkungen und Vorschläge nehmen wir daher sehr gerne entgegen.
Zuletzt möchten wir uns bedanken – beim Richard-Boorberg-Verlag für das uns entgegen gebrachte Vertrauen und die gute Zusammenarbeit, insbesondere mit unserem Leitenden Lektor, Herrn Hanno Thielen; und bei allen strafrechtlichen Kolleginnen und Kollegen für die vielen Fachdiskussionen, die unseren Beruf interessant halten und für die Entstehung dieses Buchs wertvoll waren.
Vor allem aber wünschen wir allen Studierenden und Auszubildenden auf ihrem Weg in den Polizeiberuf viel Freude und viel Erfolg in der nächsten Strafrechtsprüfung!
Bonn, im Juni 2020
Prof. Dr. Christian Laustetter (christian.laustetter@hspv.nrw.de)
Prof. Dr. Andreas Mertens (andreas.mertens@hspv.nrw.de)