Читать книгу Auf getrennten Wegen - Christian Linberg - Страница 7
Оглавление1 - 5 Traumreise -
Heiße Luft fuhr ihr über die Kehle, gleichzeitig war ihr rechter Fuß kalt und ihre Kleidung klitschnass. Ihr Gesicht fühlte sich taub und steif an. Zusätzlich hatte sie das Gefühl zu glühen, dabei fühlte sie Schweißtropfen über ihren Rücken laufen.
Sie wurde grob hin und her geschleudert, während sich spitze Steine oder Dornen in Brust, Beine und Rücken bohrten.
Sie wollte einen Arm heben, doch er rührte sich keinen Fingerbreit. Auch der andere schien zwischen glatten, gezackten Steinen eingeklemmt.
Eigentlich sollte ihr das Sorgen machen, doch sie hatte Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen.
Irgendwie wollte ihr Verstand nicht so, wie sie es gewohnt war. Daher dauerte es sehr lange, bis ihr bewusst wurde, dass sie gar nicht auf dem Boden lag, sondern anscheinend durch die Luft schwebte, jedenfalls wippten ihre Beine und ihr Kopf immer wieder auf und ab, ganz regelmäßig, so wie auch die heiße Luft immer wieder über ihre Haut fauchte.
Sie konnte nicht sagen, wie lange die Reise dauerte, doch ihre Nackenmuskeln sandten bald bei jeder Bewegung Wellen von Schmerz durch ihren Körper. Die unangenehmen Zacken fühlten sich inzwischen an, als würde sie langsam von ihnen zermahlen. Hätte sie die Kraft gehabt, sich zu wehren, hätte sie es getan, aber so blieb ihr nichts anderes übrig, als sie stumm zu ertragen. Der Schmerz sammelte sich, wurde stetig schlimmer, bis sie das Gefühl hatte, ihr Kopf müsste jeden Augenblick platzen, wenn nicht zuvor ihre Muskeln rissen. Fieber hatte sie gepackt. Ihr Körper verkrampfte sich.
Zwischendurch fiel sie zum Glück in die schwarze Leere der Bewusstlosigkeit, nur um unsanft wieder herausgerissen zu werden. Jedes Mal, wenn sie glaubte, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, wachte sie mit noch größeren Schmerzen wieder auf.
Ein leises Wimmern entwich ihren Lippen. Obwohl kaum hörbar, schien es als wäre es doch bemerkt worden, denn plötzlich hörte das rhythmische Schaukeln abrupt auf. Zu den heißen Luftstößen gesellte sich ein leises Donnergrollen, das ihren ganzen Körper vibrieren ließ.
Shadarr hatte ihre leisen Schmerzlaute sehr wohl vernommen.
Knurrend stand er auf einer flachen Hügelkuppe in Sichtweite des Flusses, an dem er mit Jiang im Maul seit einigen Kerzenlängen folgte. Trotz der hereingebrochenen Dunkelheit hielt er sicher stets den gleichen Abstand.
Er spürte und vor allem roch er, dass sie krank war. Als er sie mit seinen Zähnen gepackt hatte, um sie aus dem Sumpf zu tragen, hatte er wieder einmal gemerkt, wie merkwürdig es war, Gedanken zu formen, die nicht dem entsprachen, was er anschließend auch tatsächlich tat. Er übte sich darin, seit er Drakkans Gedanken und Gefühle empfing.
Natürlich hätte er Jiang fressen können. Und sie hätte auch gut geschmeckt. Davon war er überzeugt.
Doch wenn er das wirklich hätte tun wollen, hätte er es längst getan. – Vor vielen Wintern schon, als er sie zum ersten Mal gerochen hatte.
Jetzt darüber nachzudenken, erschien ihm merkwürdig verwirrend. Für gewöhnlich tat er auch, was er dachte oder dachte was er tat oder höchstens noch, wie er es am besten tun konnte.
Jiangs Geruch lud in der Tat dazu ein, sie zu fressen, doch sie war Drakkans Weibchen, auch wenn sie sich noch nicht gepaart hatten. Er verstand nicht, warum nicht, denn sein Rudelführer paarte sich sonst gerne und oft und mit vielen Weibchen. Ganz so wie es gut und richtig war.
Sehr langsam ließ er Jiang zu Boden gleiten, damit sie sich ausruhen konnte.
Sie mussten den Sumpf möglichst bald verlassen, damit er für sie beide etwas jagen konnte.
Außerdem war das Wasser hier ungenießbar.
Statt nach den anderen Mitgliedern des Rudels zu suchen, beschloss er, erst das zierliche Weibchen in Sicherheit zu bringen. Die Übrigen waren körperlich stärker und würden ohne seine Hilfe zu Recht kommen.
Er blickte auf Jiang hinunter, die sich unruhig hin und her wälzte, ihre Hände abwehrend vor sich haltend.
Ihr war nicht ganz klar, wo sie sich befand und warum ihre Reise aufgehört hatte, denn sie versuchte gerade, Zi tsin Tau davon abzuhalten, sie in sein Bett zu zwingen. Obwohl sie wusste, dass es keinen Zweck haben würde, versuchte sie immer wieder, ihn von sich weg zu schieben.
Dieses Mal hatte er sie in einen kleinen Raum gedrängt, mit hartem, kaltem Boden. Er hatte sie zu Boden gezwungen, offenbar in einer Wäschekammer, denn alles um sie herum war feucht, klamm und dunkel.
Sie wehrte sich nach Kräften, doch das schien ihn nur anzuspornen. Sie wagte nicht, ihre mystischen Fähigkeiten einzusetzen, denn er war ein hoher Beamter des Kaisers. Sie konnte sich nur wehren, bis er hoffentlich bald von ihr abließ.
Shadarr stand ein wenig ratlos neben der zappelnden Shâi, die sich unsinniger Weise im Schlamm hin und her wälzte. Vielleicht half ihr das, wieder gesund zu werden. Dafür erregte ihr Gezappel mehr Aufmerksamkeit als seine massige, aber reglose Gestalt.
Sein Magen knurrte. Zeit aufzubrechen.
Jiang wurde plötzlich von starken Armen gepackt, die Ihr jeden Bewegungsspielraum nahmen. Wie eiserne Fesseln hielt man sie fest, so dass sie sich nicht mehr wehren konnte.
Rücken und Beine meldeten sofort wieder Schmerzen.
Beinahe sämtliche Muskeln verkrampften sich, aber wenigstens war ihr Nacken entlastet, weil sie auf dem Bauch lag. Obwohl sie voller Angst drauf wartete das Zi tsin Tau sie wie ein Stück Vieh bestieg, ergab sich ihr Körper schließlich den Anstrengungen und dem Fieber. Dunkelheit umhüllte sie, als sie allmählich das Bewusstsein verlor.