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3.4.1 | Innerstaatliche oder Bürgerkriege

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Weitaus besser als der Typus »neue Kriege« sind innerstaatliche oder Bürgerkriege erforscht, die eine Unterform bilden.

Information kompakt

Merkmale von innerstaatlichen oder Bürgerkriegen

In Bürgerkriegen entstehen hohe Kosten:

wirtschaftliche durch die Zerstörung von Humankapital und Infrastruktur, die zu geringer Produktivität und Wachstum führt;

politische durch die Schwächung von Staat und Regierung sowie die Zersplitterung der Gesellschaft in unterschiedliche ethnische Gruppen, Religionen usw.;

soziale durch die Verbreitung von Krankheiten auch über die Kriegsbeendigung hinaus.

Zusätzlich entstehen häufig auch in Nachbarländern Kosten, z. B. durch Flüchtlingsströme oder den Import gewaltsamer Konfliktlösung.

Bürgerkriege sind nur schwer zu beenden. Sie dauern durchschnittlich viel länger als zwischenstaatliche Kriege und enden meist nicht durch Verhandlungen, sondern durch den Sieg einer Seite über die andere. Und schließlich besteht die starke Tendenz, dass Bürgerkriege nach einem Waffenstillstand wieder ausbrechen (Walter 2013).

Unzufriedenheit

Gier

Es sind vor allem zwei Motive, aus denen Konfliktparteien Bürgerkriege auslösen: Erstens Unzufriedenheit (englisch: grievance) mit den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, die mit friedlichen Mitteln nicht nachhaltig verbessert werden können. Dazu gehören auch vielfältige Formen von Diskriminierung. Zweitens Gier (englisch: greed) nach Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation, die durch gewaltsame Übernahme von Gebieten mit Bodenschätzen, Plünderung, Drogenhandel, Waffenhandel usw. erreicht werden kann (Collier/Hoeffler 2004; Collier/ Sambanis 2005a; b). Besonders die mit dem Motiv Gier verbundene Privatisierung und Kommerzialisierung von Krieg weist darauf hin, dass Krieg selbst zu einem einträglichen Geschäft werden kann, an dessen Beendigung die Profiteure kein Interesse haben. Dies mag teilweise erklären, warum Bürgerkriege länger dauern als zwischenstaatliche, häufig nicht auf dem Verhandlungsweg beendet werden und auch immer wieder aufflammen.

Hürden für Verhandlungslösungen

Die Forschung konnte aber auch zeigen, dass die oben erläuterten Interaktions- und Glaubwürdigkeitsprobleme in Bürgerkriegen besonders ausgeprägt sind und daher erhebliche Hürden für Verhandlungslösungen darstellen (Walter 2009; 2013). Die Einschätzung der militärischen Stärke von Konfliktparteien ist besonders schwierig, weil die Information darüber nicht transparent ist. Dies macht es kompliziert, in Verhandlungen die Kosten-Nutzen-Kalküle zu bestimmen, die Verhandlungen nach Abbildung 3.1 ermöglichen. Hinzu kommt, dass eine Regierung, die sich mit einer Rebellengruppe friedlich verständigt, damit rechnen muss, von einer anderen Rebellengruppe bekämpft zu werden, weil sie als Schwächling dasteht. Dieser Schatten der Zukunft wirkt deutlich gegen Verhandlungslösungen.

Entwaffnung

Das Glaubwürdigkeitsproblem spielt vor allem eine Rolle, wenn Konfliktparteien vereinbaren, dass im Gegenzug für die Erfüllung konkreter Forderungen Waffen abgegeben werden müssen. Ohne eine solche Vereinbarung zur Entwaffnung sind Konzessionen in Verhandlungen höchst einseitig und daher unwahrscheinlich. Wenn aber Konfliktparteien ihre Waffen erst einmal abgegeben und Kämpfer demobilisiert haben, wird sich dann die andere Seite an ihre Seite der Vereinbarung halten und die gegebenen Zusagen einlösen? Wenn nicht, verfügt die entwaffnete Seite über weitaus geringere Möglichkeiten, die Einhaltung des Abkommens durchzusetzen. Daher bleibt die Entwaffnung von Konfliktparteien das komplizierteste Problem bei der friedlichen Beendigung von Bürgerkriegen durch Verhandlungen. Ohne Garantien von unparteiischen Dritten, die ihr Engagement glaubhaft machen, ist dieses Problem kaum zu lösen.

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