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Persönliche Zukunftsplanung

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Wenn der/die Reha-Berater*in das DIA-AM-Verfahren für unangebracht hält, ist es sinnvoll, über alternative Möglichkeiten nachzudenken. Eine gängige Methode ist die der ›Persönlichen Zukunftsplanung‹. Dieses Verfahren ist nicht autismusspezifisch, sondern überwiegend für Menschen mit Beeinträchtigungen gedacht. Es kann auch für gesunde Menschen, z. B. in der Phase einer möglichen oder notwendigen Lebensveränderung, genutzt werden. Nach einem festgelegten Prozedere wird über die Zukunft einer Person beraten, gemeinsam zwischen Betroffenen sowie Bezugspersonen. Es werden Wünsche und Vorstellungen entwickelt bzw. neu entdeckt, Ziele gesteckt und nach Möglichkeiten gesucht, diese umzusetzen. Entwickelt wurde die Methode der Zukunftsplanung in den USA und im deutschsprachigen Raum von Stefan Doose, dem Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung, etabliert.

Eine persönliche Zukunftsplanung für Menschen mit schwerer Behinderung unterscheidet sich von der bei gesunden Menschen in der Auswahl der didaktischen Mittel. Neben der sprachlichen Ebene, die das wesentliche Element der Zukunftsplanung ist, müssen für Menschen mit Behinderung andere Ausdrucksformen für Wünsche, Interessen und Vorlieben gefunden werden: Man kann mit Bildern, Karten, Fotos und Symbolen arbeiten oder es einfach ausprobieren.

Im Mittelpunkt der Persönlichen Zukunftsplanung steht der Mensch mit seinen persönlichen Wünschen an die Zukunft, also auch den Vorstellungen, wie er leben möchte. Grundlagen für die Zukunftsplanung sind seine persönlichen Interessen und speziellen Themen, seine besonderen Fähigkeiten und Stärken. Probleme bzw. Schwächen wie mangelnde Konzentrationsfähigkeit, sensorische Schwierigkeiten, zwanghafte Verhaltensweisen oder kommunikative Einschränkungen werden im Verlauf mit einbezogen. Auch wenn der übliche Weg eines Menschen mit Beeinträchtigung die Werkstatt ist, wird bei der Persönlichen Zukunftsberatung danach gefragt, ob es eine Alternative gibt, und wie diese geplant und mglw. erprobt werden kann. Die Persönliche Zukunftsplanung geht also einen anderen Weg: Sie rückt die Person in den Fokus und leitet aus ihrer Individualität die passenden Tätigkeitsfelder ab. Hierbei stellt sich auch in hohem Maße die Frage nach den erforderlichen Hilfen und Unterstützungsleistungen und deren Koordination.

Es gibt hauptsächlich zwei verschiedene Formen der Persönlichen Zukunftsplanung, nämlich »MAPS«, und »PATH«. Bei beiden Formen wird mit zahlreichen Visualisierungen gearbeitet, was Menschen mit Autismus sehr entgegenkommt. Gearbeitet wird individuell mit und für die Person, und es geht in erster Linie um alles Positive, auf diesen Menschen bezogen, also um Fragen wie »er oder sie mag«, »er oder sie kann«, »er oder sie möchte«, »ihm/ihr ist wichtig«, »es war großartig, als er oder sie« etc. Bei nichtsprachlichen Menschen oder bei denen, die sich über diese positiven Aussagen nicht im Klaren sind, können die Antworten auch durch Angehörige, Lehrer*innen oder Therapeut*innen unterstützt oder gegeben werden. Üblicherweise wird ein Zukunftsfest veranstaltet, bei dem alle Bezugspersonen und Unterstützer*innen zusammenkommen.

Zunächst erfolgt eine ›MAPS‹ (Planungsprozess), bei der die persönliche Geschichte, Träume und Wünsche, ›Albträume‹, das Besondere der Person an sich, ihre Stärken, Vorlieben und Talente sowie ihre Bedürfnisse beschrieben und visualisiert werden. Es folgt anschließend eine Visualisierung der notwendigen nachfolgenden Schritte (›PATH‹): Welches Ziel gibt es? Wie ist der Ist-Stand? Wer sind Bündnispartner*innen bzw. mögliche Unterstützer*innen? Was macht die Person stark? Was soll in ein paar Monaten erreicht sein, was in einem halben Jahr? Welches sind die ersten Schritte?

Es wird mit großen Papierbögen und Stiften gearbeitet, selbstverständlich können auch Fotos und Symbole benutzt werden. Es empfiehlt sich, eine bzw. einen erfahrene*n Berater*in sowie eine zeichnende Person dazu zu holen, damit die Durchführung sowie das Ergebnis nachhaltig sind. Die Personen sollten sich vorher ausführlich mit der Methode vertraut gemacht haben. Die Teilnehmer*innen des Unterstützungskreises sollten möglichst offen, wertschätzend und unterstützend sein. Die Persönliche Zukunftsplanung dauert mindestens zweieinhalb Stunden bis zu einen halben Tag.

Bei nichtsprechenden bzw. schwer beeinträchtigten Menschen kann ebenfalls eine Persönliche Zukunftsplanung erfolgen. Diese sollte prinzipiell für alle Menschen möglich sein, unabhängig von der Schwere der Beeinträchtigung. Hierbei stellt sich besonders die Frage nach dem ›Wie‹, da die Betroffenen ihre Wünsche und Vorstellungen vielleicht nicht verbal äußern können, ein Dialog also auf den ersten Blick nicht möglich erscheint. Bei der Zukunftsplanung für diese Menschen ist sehr wichtig, den Unterstützerkreis zu hören, da sich in dieser Gruppe Personen befinden, die aus Erfahrung im Umgang mit den autistischen Menschen Ideen für die Zukunft entwickeln können. In der Zukunft wird ausprobiert, ob diese die richtigen sind. Wenn nicht bzw. wenn weitere Entwicklungsmöglichkeiten bestehen, wird etwas verändert bzw. nachgebessert.

Erwachsene mit Autismus begleiten

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