Читать книгу Erwachsene mit Autismus begleiten - Christiane Arens-Wiebel - Страница 7

1 Einleitung

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Autismus ist eine schwerwiegende Beeinträchtigung. Autismus besteht von Geburt an, die ersten Anzeichen müssen bis zum dritten Geburtstag aufgetreten sein, um die Diagnose »Frühkindlicher Autismus« stellen zu können. Auch wenn die Diagnosestellung häufig erst im Vorschulalter oder später erfolgt, so ist bei einem Menschen mit Autismus von Anfang an etwas anders, was ihn sein Leben lang begleiten und beeinträchtigen wird. Daher genießt das autistische Kind schon frühzeitig besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge durch seine Eltern, wird bestenfalls bereits als Kleinkind zu Therapien gebracht, und seine Eltern versuchen, Förder- und Erziehungsratschläge zu Hause umzusetzen. Das Kind wird in einer integrativen Kindertagesstätte oder einem speziellen Kindergarten gefördert und erhält dort begleitend Therapien bzw. spezielle Angebote. Auch in der Schulzeit besteht weiterhin ein intensives Förderangebot. Der Alltag und das Leben zu Hause werden spezifisch auf dieses Kind ausgerichtet. Das Kind (und später der/die Erwachsene) mit Autismus-Spektrum-Störung ist ein besonderer Mensch, auf den übliche pädagogische Konzepte nicht anzuwenden sind. Daher fragen sich die Bezugspersonen immer wieder, ob sie alles richtig machen, und was sie mglw. anders machen könnten oder sollten. Einen Menschen mit Autismus zu verstehen und ihn fördernd zu begleiten, ist eine Herausforderung und fordert von der Umwelt große Empathie, pädagogisches Geschick, Kreativität, aber auch Konzepte, um z. B. eine strukturierte Beschäftigung oder einen ebensolchen Tagesplan anzubieten. Hierfür ist notwendig, Autismus zu verstehen, sich erklären zu können, warum sich der Mensch in diesem Moment so verhält, zu begreifen, wie er wegen des Autismus am besten lernen kann, zu spüren, wenn gerade nichts mehr geht, und geduldig und gelassen zu bleiben, wenn etwas einmal nicht so funktioniert, wie man es sich vorstellt.

Das, was in der Kindheit so wichtig war, setzt sich im Erwachsenenalter fort. Lebenslange Förderung ist das Ziel, gepaart mit Integration in die Gesellschaft in den Bereichen Arbeit bzw. Beschäftigung, Wohnen und Freizeit. Die Aufgabe von Angehörigen und Betreuer*innen ist, die Bedingungen bzw. den Rahmen dafür zu schaffen, dass der beeinträchtigte Mensch sich besser anpassen und in eine Gruppe bzw. Institution integrieren kann. Dazu gehört, für Strukturen und Klarheit zu sorgen, Vorhersehbarkeit, Verlässlichkeit, Ruhe und Beharrlichkeit zu gewährleisten und sich insbesondere um eine autismusfreundliche Kommunikation zu bemühen. Hier ist der Menschen mit Autismus auf Unterstützung des Umfelds angewiesen. Ein junger Mensch hat mit Abschluss der Schulzeit noch nicht ausgelernt, und es kann sich noch viel verändern und entwickeln. Auch der älter oder alt werdende Mensch mit Autismus ist noch förderbar. Entwicklung funktioniert jedoch nur, wenn dem Menschen entsprechende, auf ihn persönlich zugeschnittene Angebote gemacht werden – hierauf ist er angewiesen.

Im vorliegenden Buch wird beschrieben, was in der Phase des Erwachsenseins, die nach der Kindheit die deutlich längere Lebensspanne ist, sinnvoll und notwendig ist, um die Integration autistischer Menschen in Einrichtungen zu erleichtern und den Betroffenen und ihren Mitbewohner*innen und Kolleg*innen eine gute Lebensqualität zu ermöglichen. Es wird auch über die Rolle der Eltern und deren besondere Verantwortung und Fürsorge ihrer autistischen Tochter/ihrem autistischen Sohn gegenüber geschrieben, und wie sie gut damit umgehen können. Das Buch beschreibt ungefähr 50 Lebensjahre im Leben eines autistischen Menschen, und bezieht dabei die Rollen seiner Herkunftsfamilie, seiner Betreuer*innen, Kolleg*innen und Mitbewohner*innen ein. Die Darstellung endet am Lebensende, d. h., abschließend wird das höhere Lebensalter beschrieben, denn gerade beim älter werdenden Menschen mit Autismus gibt es Besonderheiten, wie für ihn der letzte Lebensabschnitt mit größtmöglicher Lebensqualität gestaltet werden kann. Zu allen Themen gibt es bisher nur vereinzelte Studien bzw. Berichte, da Autismus nicht im Fokus bspw. der Altersforschung steht. Es gibt jedoch viele Veröffentlichungen zum Bereich der geistig Behinderten – die Erkenntnisse hieraus können modifiziert bzw. autismusspezifisch angeglichen größtenteils auch auf autistische Menschen übertragen werden.

Zur besseren Übersichtlichkeit und praktischen Verwendbarkeit habe ich das Literaturverzeichnis in Kategorien aufgeteilt. Diese enthalten weiterführende Bücher, aber auch Links zu hilfreichen Internetseiten, zum Teil auch mit kurzen Filmen.

Fallbeispiele, die aus meiner langjährigen Tätigkeit als Therapeutin und Beraterin entstanden sind, sind im Text gekennzeichnet durch einen blauen Balken am linken Rand.

Erwachsene mit Autismus begleiten

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