Читать книгу Die Macht der Zeit - Christin Busch - Страница 14
8. Kapitel
ОглавлениеFrank war ziellos durch die Stadt gefahren. Obwohl er sich zu Unrecht beschuldigt und ungerecht behandelt fühlte, verfolgten ihn Claras Vorwürfe. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass er sich darüber geärgert hatte, zur familiären Randfigur geworden zu sein. Ja, es stimmte auch, dass er die Entführung so schnell wie möglich hatte vergessen wollen; er mochte mit den Folgen einfach nicht konfrontiert werden und hatte sich stattdessen lieber in die Arbeit gestürzt, auch in der Hoffnung, Clara werde das alles schon wieder in den Griff bekommen.
Seine Gedanken gingen zu Misako. Obwohl zwischen ihnen nichts vorgefallen war, musste er sich eingestehen, dass da etwas war – oder zumindest sein könnte. Er hatte Schwierigkeiten, seine Gefühle einzuordnen, er wollte ja gerne neutral bleiben, ertappte sich aber dabei, dass ihn in ihrer Nähe häufig eine leichte Unruhe überkam, in deren Verlauf er sich selbst kontrollierte und unauffällig sein Aussehen überprüfte. Er wollte ihr gefallen, er genoss ihre stille Aufmerksamkeit, ihre freundliche Zuneigung und ihre Bewunderung. Sie gab ihm die Bestätigung, die er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Frank fuhr in eine Seitenstraße, hielt an und stieg aus. Es war inzwischen vollkommen dunkel geworden. Die Luft hatte sich merklich abgekühlt, und der Straßenlärm von Vancouver drang nur gedämpft in diese stille, unscheinbare Gasse. Er blickte sich um und entdeckte eine kleine Pension, die offensichtlich ihre besten Zeiten hinter sich hatte und deren beleuchtetes Reklameschild verzweifelt flackernd auf sich aufmerksam zu machen versuchte. Allein die Vorstellung, gerade jetzt irgendwo fremd und allein die Nacht verbringen zu müssen, schreckte Frank ab. Der Gedanke, der wenig einladenden Reklameaufforderung zu folgen, bestürzte ihn geradezu; und so setzte er sich wieder in seinen Wagen und fuhr zum Büro. Die vertrauten Räume hatten selbst jetzt, am späten Abend, etwas Beruhigendes an sich. Er zog sich aus, schlüpfte in ein T-Shirt und eine Jogginghose und streckte sich auf der Ledercouch in seinem Büro aus. Obwohl er sicher war, nicht einschlafen zu können, stellte er die Weckfunktion an seinem Handy so ein, dass ihn niemand hier schlafend vorfinden würde. Langsam beruhigte er sich und starrte noch eine ganze Weile an die Decke. Immerhin könnte er sich mit dieser Lösung ein paar Tage behelfen.