Читать книгу Die Passion Jesu im Kirchenlied - Christina Falkenroth - Страница 41
2.2.2.2 Der inhaltliche Bezug auf die Sequenz
ОглавлениеMartin Luther hat zur Grundlage seines Liedes die Sequenz Victimae paschali laudes des Wipo von Burgund gemacht. Deren Text lautet:
1.Victimae paschali1
laudes immolent Christiani.
2.Agnus redemit oves:
Christus innocens Patri reconciliavit peccatores.
Mors et vita duello
conflixere mirando:
dux vitae mortuus,
regnat vivus.
3.Dic nobis Maria,
quid vidisti in via?
Sepulcrum christi viventis,
et gloriam vidi resurgentis.
Angelicos testes,
sudarium et vestes.
Surrexit Christus spes mea,
precedet suos in Galilaea.
4.Scimus Christum surrexisse a mortuis vere:
tu nobis victor rex, miserere.
Übertragung ins Deutsche:
1: Die Christen opfern dem Passalamm / Passaopfer Lob.
2: Das Lamm erlöst/befreit die Schafe. Der unschuldige Christus hat die Sünder dem Vater versöhnt. Tod und Leben kämpften in wunderlichem Kampf, der Führer / Fürst des Lebens, der tot ist / war, regiert lebend.
3: Sag uns, Maria, was hast du auf dem Weg gesehen? Das Grab des lebendigen Christus, und ich habe den Glanz des Auferstandenen gesehen. Bezeugende Engel, das Schweißtuch und Tücher. Meine Hoffnung, Christus, ist auferstanden, er geht den Seinen nach Galiläa voran.
4: Wir wissen, daß Christus wahrhaftig von den Toten auferstanden ist: Du, unser Sieger-König, erbarme dich!
Die Sequenz spricht von Ostern her: Sie begründet das Lobopfer der Christen mit der Versöhnungstat Christi und kleidet diese in paradoxe Bilder: Das Lamm befreit die Schafe, der Unschuldige versöhnt die Sünder, der tote Fürst herrscht lebend. Auch Maria spricht von einem paradoxen Sachverhalt, vom Grab des Lebendigen.
Der Text der Sequenz argumentiert nicht oder stellt Sachverhalte dar, sondern er bezeugt die Auferstehung Christi und begründet sein Zeugnis mit dem der Engel, das durch Maria bezeugt ist.
Die Rettungstat Christi ist auch hier im Kern durch das Motiv des duellum mirabile dargestellt. Tod und Leben sind die Kontrahenten, der Fürst des Lebens geht aus dem Kampf als der mächtigere hervor.
Der Text führt in ein weiteres Zeugnis der Auferstehung Christi: Die Singenden bezeugen ihre Gewißheit der Auferstehung. Am Ende und als Konsequenz steht die Bitte um Erbarmen, begründet in der Anrufung Christi als „victor rex“, und das Gotteslob „Halleluja“.
Inhaltlich knüpft Luther an die Sequenz an. Das dort in seiner Bedeutung in die Reihe der anderen Paradoxe eingereihte Bild vom duellum mirabile nimmt hier die zentrale Position ein, von der aus der Sieg Christi über den Tod und dessen Konsequenz für uns, unsere Befreiung von Tod und Sünde, entfaltet wird.
Auch Luther argumentiert nicht, sondern stellt die Darstellung von Kampf und Sieg Christi in den Rahmen des Festes, das in der Haltung des Lobens gefeiert wird, in dem die Glaubenden den neuen Herrn besingen, der ihrer Existenz im Glauben einen neuen Grund gibt. Auch Luther singt also aus der nachösterlichen Perspektive, die erst die Erkenntnis des Sieges Christi ermöglicht.