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Grundsatz 2: Keine Künstlichkeit

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Der so genannte Zeitgeist ist vor allem von einem geprägt, von der gnaden- und grenzenlosen Sucht nach Selbstdarstellung gemäß dem Motto: «Wenn du die Leute schon nicht durch deine Fähigkeiten und deine Persönlichkeit beeindrucken kannst, dann verblüffe sie wenigstens mit einem besonders originellen Blödsinn.»6 Wie eine Epidemie hat sich zum Beispiel ein ganz besonders haariger Unsinn der Männerwelt bemächtigt. Ich bin gespannt, wie lange er sich hält. Sollte er aber im Moment, in dem Sie dieses Buch lesen, bereits von einem neuen Gag abgelöst worden sein, so ist er (und wahrscheinlich auch sein Ersatz) trotzdem ein ausgezeichnetes Beispiel für die Illustration dieses zweiten Grundsatzes.

Wovon ich rede, nennt man den Shower-Look, und ich würde ihn nicht zum Beispiel nehmen, wenn er nur bei den Youngsters vorkommen würde und nicht tatsächlich in der Geschäftswelt an der Tagesordnung wäre. Nun, er verleitet einige Herren der Schöpfung dazu, ihre Haare mittels viel Kleinarbeit und Gel im rechten Winkel vom Kopf weg aufzustellen. Dass sie damit am Arbeitplatz aussehen, als wenn sie gerade aus der Dusche kämen – deshalb heißt der Look ja so, wie sinnig! –, scheint die schwer nachvollziehbare Absicht zu sein. Wie sehr müssen diese Herren an ihrem Esprit zweifeln, dass sie sich bemüßigt fühlen, mit einer solch mühsam fabrizierten Originalität Fun herbeizukünsteln: «Hallo, ich bin spaßig!» Wohl eher lächerlich, vom Standpunkt der professionellen Kompetenz aus betrachtet, denn die meiste Zeit verbringen diese Duschmäuser mit ihrer Frisur, wenn nicht gerade vor dem Spiegel, ja trotz allem bei der Arbeit.

Auch ein Zweitagebart schlägt in die gleiche Kerbe. Mann lässt extra Stoppeln stehen, um verwegen – und leider ungepflegt schmuddelig – zu wirken. Wenn das nicht unnatürlich ist!

Auch die Damenwelt schadet sich mit Haarartistik. Der allerneueste Unfug des Herbstes 2000 heißt Concept-Look. Das «Konzept» besteht darin, dass die Haare auf Ohrhöhe verschieden lang ausgefranst sind und einen struppigen Eindruck machen. Ein anderes Unheil, das sich schon seit Jahrzehnten hält, ist unter anderen die Dauerwelle. Sie hat sich übrigens seit einiger Zeit auch Männerhäuptern bemächtigt. Ihre Künstlichkeit macht sich gleich dreifach bemerkbar:

 Wenn eine Frau (oder ein Mann) glattes Haar hat, dann ist das das Haar, das zu der Person passt. Die Natur irrt sich nicht. Wenn Sie nun hingehen und der Natur ins Handwerk pfuschen, dann ist das verlorene Liebesmüh. Es sieht immer nach nichts aus, die Wellen und Locken gehören nicht zu Ihrem Gesicht.

 Dauerwellen zerstören das Haar, auch wenn die Methode noch so ausgereift sein soll und als schonend angepriesen wird. Verlassen Sie sich nicht darauf! Ich habe noch nie eine Frau mit einer gesunden, vollen Lockenpracht gesehen, die dauergewellt erreicht worden wäre. Diese chemische Tortur macht jedes Haar stumpf, glanzlos, brüchig und schütter.

 Dauerwellen bescheren Ihnen nicht die erträumten Wellen, sondern einen wuscheligen Krauskopf. Das merken Sie schon nach dem ersten Waschen. Sie anders hinzukriegen, verlangt überdurchschnittlichen Aufwand, aber gerade diesem wollten Sie wahrscheinlich mit dem Kunstgriff entgehen. Dauerwellen sind alles andere als pflegeleicht, wenn sie nach etwas aussehen sollen. Übrigens sind sie bei Männern neben dem Haarefärben so ziemlich das Dringendste, wovor man sie bewahren sollte.

So wie Sie sind, sind Sie Natur. Das heißt natürlich nicht, dass Sie Ihre Eigenständigkeit als rohes Naturprodukt auf die Spitze treiben und sich «unbehandelt» als Tarzan und Jane durch Ihre Geschäftsbeziehungen hangeln sollten. Ganz im Gegenteil, kultivieren Sie Ihre Natur, verfeinern Sie sie, aber machen Sie daraus nichts Künstliches. Bleiben Sie bei Ihrer Art, alles andere wird zur Abart.

Kam, sah und siegte - Klasse ist lernbar

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