Читать книгу Nagasaki, ca. 1642 - Christine Wunnicke - Страница 10
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ОглавлениеNach Neujahr schoss Keijiro mit dem Langbogen, und dann machte er Anstalten, sein anderes Schwert zu montieren.
Schon beim Langbogen war der halbe Haushalt zusammengelaufen, und kaum sprach sich herum, dass er vielleicht ans andere Schwert wolle, dass er vielleicht den Kasten geöffnet habe, in dem es lag, oder auch nur die Matte verschoben, worunter die Bodenplanke war, worunter der Kasten verwahrt wurde, lief der ganze Haushalt zusammen, Männer und Frauen und Kinder und Diener und irgendwelche Bauern, die aus irgendeinem Grund im Haus waren, und irgendwelche Kaufleute, mit denen irgendwelche Subalternen des Schwiegervaters irgendwelche Dinge verhandelten, alle liefen zusammen und hockten in allen Türen und belauerten Seki Keijiro, der doch nur still neben seinem Webstuhl saß und an etwas Winzigem herumschnitzte, das vielleicht ein Angelstift war, um die Klinge im Heft zu fixieren, aber vielleicht auch wirklich etwas ganz anderes.
Sie sollten im nächsten Leben allesamt Rindvieh werden, murmelte Keijiro vor sich hin, und er selbst eine Schmeißfliege. Dann hörte er auf zu schnitzen und fing an zu weben, bis endlich alle fort waren, und dann tat er mehrere Stunden lang überhaupt nichts, und dann hob er in der Tat die Matte über der Bodenplanke, und sofort waren alle wieder da.
Außer dem Schwiegervater wusste keiner, was es auf sich hatte mit dem anderen Schwert. Das machte das andere Schwert interessant. Um die Klinge zu pflegen, was er nun trotz aller Faulheit zuweilen tun musste, kroch Keijiro zur Stunde des Ochsen aus dem Bett, schlich im Finstern mit Öl und Puderkugel durchs schlafende Haus und erledigte dies heimlich; doch jetzt hätte er das Schwert in der Tat gerne montiert, und zwar in Ruhe und bei Licht.
Dann begann auch noch seine Frau »warum, warum« zu jammern, hinter der einzigen Tür, die nicht ganz aufging, und drängte sich dann durch die sehr kleine Öffnung hinein und kam langsam angerutscht, fast auf allen vieren, eine widerwärtige Angewohnheit von Frau Seki, die immer zum Vorschein kam, wenn sie streiten und dabei doch möglichst gut erzogen wirken wollte.
Seki Keijiro musste die Pförtnerfamilie aus dem Pförtnerhaus scheuchen und mit drei Wachen und seinem Kasten dorthin laufen, Drohreden ausstoßen, die Wachen aufstellen und die dichten Fenster einhängen, nur um in Frieden das andere Schwert montieren zu können; sehr viel zwecklose Geschäftigkeit.
Er brauchte drei Tage, um das Schwert zu montieren. Das war nicht normal. Die Wachen sagten, er habe das Schwert, als es denn montiert war, angeschaut, und sonst nichts. Drei Tage lang ein Schwert anzuschauen, war auch nicht normal. Herr Seki bekümmerte sich sonst nicht um Schwerter. Wenn er doch einmal ausging, etwa einmal im Jahr, und wohl oder übel eines führen musste, stopfte er es so schlampig zum Kurzschwert in den Gürtel, dass die jungen Männer das gar nicht mit ansehen konnten. Und jetzt schaute er allen Ernstes drei Tage lang eines an, und sonst nichts, und kam nicht einmal zum Essen? Kein Wunder, dass Frau Seki so miserabler Laune war.
»Das ist eine alte Liebesgeschichte«, sagte der Schwiegervater, als man ihn allzu sehr bedrängte, »und, findet er, eine offene Sache.«