Читать книгу Nagasaki, ca. 1642 - Christine Wunnicke - Страница 11
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Оглавление»Habe ich euch eigentlich den Meteoriten gezeigt«, fragte Abel van Rheenen den Kapitän, als sie bei Fort Zeelandia vor Anker gingen, »der in der Straße von Malakka vom Himmel fiel und eine Delle ins Achterdeck schlug und einen Brandfleck machte?«
Der Kapitän gab keine Antwort.
»Um die lautere Wahrheit zu sprechen, ich verrichtete meine Notdurft, und dabei erschlug er mich fast!« Van Rheenen zog einen runden schwarzen Stein aus der Rocktasche. Doch der Kapitän war längst woanders.
»Ich sah eine Flamme, einen Schweif«, verkündete Abel und sprang hinüber zum Steuermannsmaat, »und dann zischte es, eine Handbreit von meinem Gemächt …«
Der Steuermannsmaat stöhnte und lief dem Kapitän hinterher.
»Es bringt Glück! Aber ich werde den Meteoriten einer naturkundlichen Sammlung schenken«, rief Abel dem Segelmeister zu. »Apropos Glück, habe ich euch einmal erzählt, wie ich zur Welt kam? Ich hatte eine vollends unversehrte Glückshaube auf dem Kopf, und jede Wehe der Mutter pumpte mehr Luft hinein, und als ich endlich geboren war, steckte ich in einem Ballon, der doppelt so groß war wie …«
Und der Segelmeister lief zum Besansegel.
Da gab es Abel wieder einmal auf. Immer versuchte er es, immer gab er es auf. Vermutlich hätten Hörner auf seiner Stirn sprießen oder er hätte auf Engelsflügeln den Mastkorb umschwirren oder auch die Silberinseln entdecken können, niemand hätte sich dafür interessiert. Er seufzte ein wenig und sang ein wenig, schon recht kunstreich, auf Japonesisch, und dann suchte und fand er seinen Portugiesen, den er kurzerhand aus Batavia mitgenommen hatte, und schob noch eine kurze Sprachlektion ein, bis man endlich an Land ging.
Das Japonesische war nicht schwer. Es hatte wenige Wörter und noch weniger Grammatik. Sehr viele Dinge und Sachverhalte, sagte der Portugiese, seien in Japonica von alters her unbenannt geblieben, und man mied sie als Gesprächsthemen entweder ganz oder schrieb sie schweigend in sinesischen Zeichen auf Täfelchen, die man einander dann umständlich zuschob. Abel wusste nicht recht, ob er das glauben sollte. Auch dass sich das Wörtlein »ich« auf siebzehn Weisen übersetzen lasse, von denen allerdings jede einzelne als Benimmfehler gelte, weshalb man stattdessen stumm auf seine Brust tippen müsse, wenn man denn unbedingt »ich« sagen wolle, überzeugte ihn nicht ganz. Dafür repetierte er, mit ersterbender Stimme im japonesischen Klageton, alle Körperteile und alle Farben und viele Tiere und alle Zahlen und den Beginn des Markusevangeliums und diverse Grüße und Bittworte und Dankworte und stückelte dann auch allerlei Silben an allerlei Verben an, bis sie von Vergangenheit und Zukunft sprachen und von Vielleicht und Wenn-dann und Gewissnicht. Der Portugiese lobte ihn, und Abel schenkte ihm seinen Meteoriten.
Die Zeit auf Formosa verging wie im Flug. Abel van Rheenen fand ein Mädchen, sein bestes Mädchen seit Rotterdam. Sie hatte ein Streifenmuster in die Wangen gebrannt, sprach Spanisch und trug Blumen im Haar. Zum Abschied wollte sie Kaffee und einen Kuss. Und dass er sie ansah und stillhielt dabei, volle zehn Atemzüge lang.