Читать книгу Frühlingsmärchen - Christl Vogl - Страница 7
Die Winterlinge
ОглавлениеOben auf der Almwiese blühten die Winterlinge. Wie kleine gelbe Butterblumen strahlten sie aus der harten braunen Erde heraus. Da kamen auch schon die ersten Hummeln, denn der herrliche Duft der Winterlinge hatte sie herbeigelockt.
„Es wird Frühling,“ summten sie, „herbei, herbei, ihr Hummeln und Bienchen, hier gibt es was zu naschen.“
„Oh ja, sicher!“, rief das Winterling-Elfchen, „kommt nur und nascht, so viel ihr nur wollt. Vorbei ist die Winterzeit, vorbei der Hunger, vorbei die Kälte. Meine Winterlinge sind ja die ersten Frühlingsboten vor dem Kleinen Hufblatt und dem Schneeglöckchen.“
„Ja, ja, sicherlich“, summten wieder die Hummeln, „wir sind ja alle froh, dass deine Blümchen schon da sind, unsere erste Speise. Es wird wirklich Frühling.“
„Na, ich weiß nicht“, piepste eine Stimme irgendwo im Unterholz.
„Nanu“, rief das Elfchen, „wer ist denn da so misstrauisch?“
„Ich, ja ich, ich bin Benjamin Maus und ich komme gerade aus meinem unterirdischen Kämmerlein“, sagte das Stimmchen und kroch heraus aus dem gelben Blütenmeer der Winterlinge.
Da lachte das Elfchen und sagte: „Aha, du bist also Benjamin. Na ja, ich muss schon sagen, du bist ein ganzer Mausekerl. Aber was trägst du da über deinem Rücken?“
„Das ist meine warme Blattdecke, die habe ich im Herbst gefunden und die hält mich schön warm, den ganzen Winter über. Da hab ich mich reingekuschelt und ich will sie auch behalten, denn mich friert“, sagte Benjamin und zog das braune Blatt noch enger um seine Schultern.
Da hielt das Elfchen der kleinen Maus eine schöne gelbe Winterlingsblüte entgegen und sagte: „Aber Benjamin, du brauchst das Blatt jetzt nicht mehr. Der Frühling hat angefangen und es wird nun jeden Tag ein bisschen wärmer. Die Sonne wird jeden Tag kräftiger, glaube mir. Gib nur das verdorrte Blatt her, es fällt ja auch schon beinahe auseinander.“
Erschrocken schaute die Maus die Elfe an und wich einen Schritt zurück und rief: „Auf keinen Fall, da kann jeder sagen, der Frühling hat angefangen. Aber so dämlich bin ich nun auch wieder nicht, dass ich alles so mir nichts dir nichts glaube. Und überhaupt, kannst du es beweisen?“
„Aber Benjamin“, lachte die Elfe, „was soll ich dir denn beweisen? Dass meine Winterlinge blühen und strahlen wie kleine unzählige Sonnen? Dass ihr Duft sich über der ganzen Wiese verbreitet und dadurch die Hummeln und Bienchen erwachen? Dass der Schnee schon geschmolzen ist? Benjamin, schau mich an. Würde ich hier sein mit meinen Blümchen, wenn es noch Winter wäre? Ich glaube nicht, da würden ja meine Winterlinge alle erfrieren, und so etwas würde ich auch nicht überleben. Also sei gescheit und schüttle das braune verwelkte Blatt ab und nimm dafür meine kleinen sonnigen Frühlingsblümchen.“
Doch Benjamin sagte nichts, stattdessen hob er sein Schnuppernäschen in die Luft, schnupperte ein paarmal tief, warf das braune Blatt von seinen Schultern und rief: „Lass nur, ich muss dringend weg. Ich bekomme gerade einen herrlichen Duft von einer Hasenfrau in mein Schnuppernäschen, sie ruft mich. Tschüss …“ Und weg war Benjamin.
Leise lachte das Elfchen, dann sagte es zu den Hummeln: „Na, unser kleiner Benjamin hat endlich begriffen, dass der Frühling nun wirklich da ist.“