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Der Mann mit den vielen Namen

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Auch um Hans Morandell wird es ruhiger. Auf einer Zugfahrt zwischen Innsbruck und Wien lernt er seine spätere Frau Anna Gasparik kennen. Die beiden heiraten am 5. Oktober 1955 in Wien. Giovanni Sostero, wie er offiziell heißt, meldet am 16. November 1955 seinen offiziellen Wohnsitz in Bozen ab.114 1956 wird der erste Sohn Marc und wenig später der zweite Sohn Pino geboren. „Er war nie ein Familienmensch, sondern er hat immer sein eigenes Leben geführt“, sagt sein Sohn Marc heute.115 Am 22. Oktober 1959 erhält Hans Morandell, der ja in Italien Gianni Sostero heißt, die österreichische Staatsbürgerschaft. Der StB-Agent arbeitet danach jahrelang als Angestellter des halbstaatlichen italienischen Reisebüros CIT (Compagnia Italiana Turismo) in Wien. Nach einem kurzen Zwischenspiel beim Österreichischen Verkehrsbüro versucht er sich als Mietwagenunternehmer selbstständig zu machen, doch das Abenteuer dauert nicht lange. In den 1970er-Jahren ist er hauptsächlich als Fremdenführer im Schloss Schönbrunn tätig – vorwiegend für Führungen in Spanisch und Italienisch. Bereits um die 50 Jahre alt, holt Hans Georg Sostero, wie er sich inzwischen amtlich nennt, die Lehramtsprüfung nach. Er wird zum Englischlehrer an einer Schule in Wien und kann so als Beamter in Rente gehen. „Er ist zeit seines Lebens sehr viel gereist“, erinnert sich sein Sohn. In den 1960er-Jahren fuhr er auffallend oft in die Tschechoslowakei. „Meine Mutter war überzeugt, dass er dort eine Freundin hat“, sagt Marc Sostero. Einmal ist Anna Sostero samt Sohn ihrem Mann nach Prag sogar nachgefahren, ohne ihn aber zu finden. Vieles spricht dafür, dass die Zusammenarbeit Sosteros mit dem StB auch in diesen Jahren noch weiterging. Als Marc Sostero 16 Jahre alt ist, nimmt ihn sein Vater im Auto nach Rumänien mit. „Nach zwei Tagen hat er Rumänisch gesprochen“, sagt der Sohn heute.116 Sein Vater habe sich mit Sprachen unheimlich leichtgetan. Er beherrschte neben Deutsch und Italienisch Englisch, Französisch, Spanisch, Tschechisch, Serbokroatisch und auch Russisch. Immer wieder arbeitete Sostero deshalb auch als Übersetzer. Laut eigenen Erzählungen soll er auch beim historischen Treffen zwischen John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow am 3. und 4. Juni 1961 im Wiener Hotel Imperial als Übersetzer im Einsatz gewesen sein. Als 1987 Sosteros Mutter Hedwig Morandell in Bozen stirbt, erbt er die große Wohnung in der Venedigerstraße. Gianni Sostero lebt deshalb Ende der 1980er-, Anfang der 90er-Jahre für einige Zeit wieder in seiner Geburtsstadt. Am 26. September 2010 stirbt Gianni Sostero in Wien. Seine Geschichte nimmt er mit ins Grab.


Hans Georg Sostero (kurz vor seinem Tod in Wien): Ein Mann mit vielen Gesichtern.

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