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2.1.4 Einzelaspekte

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Die Vielfalt der Deutungen und Funktionszuweisungen scheint einerseits durch die Kürze der Formel und die unterschiedlichen Verwendungskontexte begünstigt zu sein. Andererseits spricht die Art und Weise, wie Paulus die Formel in den Tauftexten anführt, dafür, dass sie von Paulus selbst als erläuterungsbedürftig angesehen wird. Folgende fünf Aspekte lassen sich aber dennoch für sämtliche paulinischen εἰς-Taufformeltexte feststellen:

1) Die εἰς-Taufformel wird mit unterschiedlichen Personen formuliert. Hellholm leitet daraus ab, dass diejenigen in der 1. Person formulierten innerhalb der Taufliturgie von den Neugetauften, die in der 2. Person konstruierten vom Täufer bzw. seinen Assistenten gesprochen werden.1 Dies stellt m.E. eine Überinterpretation dar und hat zudem die von Hellholm rekonstruierten insgesamt fünf unterschiedlichen Tauftraditionen zur Voraussetzung. Ausgehend davon, dass es sich um eine formelhafte Wendung βαπτίζω εἰς handelt, ist eher festzustellen, dass sie in der Zeit des Paulus noch für situative Umformulierungen offen ist, wie es nicht allein der Wechsel zwischen 1. und 2. Person verdeutlicht,2 sondern auch die Sonderform ἡμεῖς πάντες εἰς ἓν σῶμα ἐβαπτίσθημεν (1Kor 12,13) erkennen lässt, welches von den meisten Exegeten aus der Diskussion herausgehalten wird, weil es nicht der vermeintlich festen Formel βαπτίζω εἰς Χριστόν folgt.

2) Die εἰς-Taufformel wird stets im Plural formuliert.3 Bisher kaum Beachtung in der Literatur findet die Tatsache, dass keine einzige der paulinischen Taufformelstellen den Singular verwendet, was zu erwarten wäre, will man der Formel einen festen Sitz im Leben innerhalb der Taufliturgie zuweisen – ob nun vom Täufer oder vom Täufling gesprochen. Demnach hat die plurale Formel eine andere Funktion oder wird entsprechend von Paulus umformuliert. Beides ist vorstellbar, blickt man auf die den Formelstellen folgenden paulinischen Aussagen, welche der Taufe nicht allein persönliche, vertikale Wirkungen zuschreiben, wie sie die allermeisten Exegeten in der Formel ausgedrückt sehen, sondern auch verschiedene soziale, horizontale Folgen der Taufe: Taufe zu einem Leib (1Kor 12,13), Relativierung der Unterscheidungen durch die Taufe (Gal 3,28a–c), Taufe zu einer Einheit bzw. Person (Gal 3,28d).4

3) Die εἰς-Taufformel ist stets im Passiv formuliert. Obwohl lediglich in 1Kor 1,10–17 das Täufersein (des Paulus) dezidiert benannt wird, verdeutlicht doch jede einzelne Taufstelle, dass es sich bei der christlichen Taufe – im klaren Gegensatz zu der Fülle an Waschungen in dieser Zeit5 – stets um ein passives Getauftwerden handelt.

4) Die vielfältige Verwendung von εἰς in der Koine eröffnet ein breites Bedeutungspotential für die εἰς-Taufformel. Im NT finden sich εἰς mit lokaler, übertragener oder auch finaler Bedeutung, zur Angabe der Richtung eines Geschehens, als Rückbezug und allgemein als „im Blick auf“.6 Delling meint dennoch für εἰς Χριστόν7 im Corpus Paulinum eine einheitliche Bedeutung ausmachen zu können: „Es ist das zentrale Heilsgeschehen von Kreuz und Auferstehung, auf das hin Gott am Menschen handelt […]“.8 Wenn auch seine Untersuchung in weiten Teilen überzeugt, bleibt dennoch anzufragen, ob nicht die Weite von εἰς im Rahmen einer Formel, welche noch deutlich erkennbare Variabilität aufweist, mindestens durchschimmert.

5) Die εἰς-Taufformel hat in ihrer Kürze und Verwendung eindeutig Formelcharakter, wenn auch die (Eindeutigkeit ihrer) Aussage umstritten bleibt. Zwei grundlegende Untersuchungen zur εἰς-Taufformel könnten kaum unterschiedlicher sein: Während Hellholm mehrere Tauftraditionen unterscheidet und ihnen differierende Bedeutungen und Funktionen zuweist,9 erkennt Delling ein einheitliches Verständnis von εἰς Χριστόν und der Taufformel sogar über diese hinaus.10 Trotz dieser sehr unterschiedlichen Auffassungen gehen beide von der gleichen, m.E. zu überdenkenden Voraussetzung aus, dass es sich bei βαπτίζω εἰς Χριστόν bereits zur Zeit der Paulusbriefe um eine feste Formel handelt. Dafür spricht durchaus, dass sie etwa in Röm 6,3a als bereits bekannt angeführt wird11 und die sprachlichen Strukturen von Röm 6,3f; Gal 3,27f sowie 1Kor 12,13 auch Traditionscharakter tragen. Die gerade dargelegte Variabilität wie auch die sich auf die εἰς-Taufformel richtenden erläuternden Aussagen in Röm 6,3c–4; Gal 3,27b–28 und 1Kor 12,13, v.a. die Parallelkonstruktionen von Röm 6,3b.c und Gal 3,27a.b sprechen jedoch gegen eine allzu starke Formelhaftigkeit und Eindeutigkeit der Formulierung.

Vor abschließenden Thesen folgt zunächst ein kurzer Exkurs zur Sonderstelle 1Kor 10,1–4 und sodann ist noch vergleichend zu fragen, ob sich für die ὄνομα-Taufformel, auch wenn sie sich dezidiert in keinem der hier schwerpunktmäßig untersuchten paulinischen Texte findet, ein ähnlicher oder möglicherweise ganz anderer Befund wie für die εἰς-Taufformel erheben lässt.

Exkurs: 1Kor 10,1–5

1 Ich will nicht, dass ihr unwissend darüber seid, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurchgegangen sind, 2 und alle auf Mose getauft worden sind in der Wolke und in dem Meer 3 und alle dieselbe geistige Speise gegessen haben 4 und alle denselben geistigen Trank getrunken haben. Denn sie tranken aus dem geistigen Felsen, welcher nachfolgte. Der Fels aber war (der) Christus. 5 Aber Gott hatte an vielen von ihnen keinen Wohlgefallen, denn sie wurden in der Wüste getötet.

Mit Blick auf die Deutung der christlichen Taufe interessieren einerseits die Funktion von Wasser (und der Wolke) in diesem Kontext und in Anschluss daran andererseits die Deutung der Formulierung εἰς τὸν Μωϋσῆν ἐβαπτίσθησαν. Während das Meer, durch welches das Volk hindurchziehen muss, dieses eindeutig gefährdet, würde die Wolke bei Paulus „uneingeschränkt auf die Seite des Heils“ gehören.12 Die Kombination von Wasser und Wolke deutet Ostmeyer folgendermaßen: „beide Elemente bilden eine Einheit und stehen für die Bewahrung […] in einem existenzbedrohenden Geschehen“.13 Es handelt sich demnach um eine Rettung durch die Bedrohung des Wassers hindurch, wie sie auch mit Hilfe des Bildes von der Sintflut zum Ausdruck gebracht werden kann (1Petr 3,20f).

Als schwieriger stellt sich die Deutung des βαπτίζω εἰς dar, welche mit der Frage verbunden ist, ob über die Ähnlichkeit mit der εἰς-Taufformel eine Analogie zwischen Christus und Mose ausgesagt werden soll und wenn ja, von welcher Art diese ist. Die Erklärungen reichen von der Verneinung einer taufspezifischen Bedeutung der Formulierung überhaupt,14 über die Vermutung einer „ad hoc-Konstruktion“15 bis hin zu klaren Parallelisierungen von Mose und Christus als diejenigen Personen, denen man als von Gott auserwählte Führer zugehört16 oder deren Namen als Sigle für das rettende Handeln Gottes zu verstehen sind.17

Eine direkte Analogie zwischen beiden Personen ist nicht zuletzt deswegen auszuschließen, weil nicht allein die Person Jesus Christus, sondern v.a. dessen Sterben und Auferstehen für das Ritual der Taufe eine andere Bedeutung gewinnt18 als die Person des Mose im einmaligen Durchzug durch das Schilfmeer. Außerdem findet βαπτίζω im Neuen Testament nicht als reiner terminus technicus für die christliche Taufe Verwendung, sondern lässt auch immer wieder die Grundbedeutungen des Verbes durchscheinen. Insofern ist βαπτίζω an dieser Stelle als Ein- und Hindurchgehen durch lebensgefährliche Wasser zu verstehen, wie sie auch im Taufvollzug imaginiert werden, wobei über εἰς diejenige Person benannt wird, auf deren Geheiß und in deren Gefolge man hindurchgeht. εἰς nimmt in 1Kor 10,2 demnach eine andere Bedeutung als in der εἰς-Taufformel an.

Die Taufe auf den Tod Christi

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