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Kapitel 6

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Nach dem Frühstück verkündete Anneliese, dass sie in die Stadt fahren würde, da ihre Wollvorräte zur Neige gingen. Charlotte schloss sich scheinbar spontan an, um sich nach Joggingschuhen umzusehen.

»Neue Schuhe können ein ganzes Leben verändern«, meinte Elisabeth. »Cinderella ist das beste Beispiel dafür.«

»Da ihr mich nicht wie Aschenputtel behandelt, muss ich mit meinen Laufschuhen auf keinen Ball gehen.« Mit schelmischem Lächeln stand sie auf. »Meinen Prinzen habe ich sowieso längst gefunden.«

Bald verließen die Freundinnen das Haus. Ihre Absicht, einen Umweg über das Präsidium zu machen, vergaßen sie zu erwähnen.

Da es ein milder, sonniger Herbsttag war, holten sie die Fahrräder aus der Garage. Wie immer musste Charlotte der Strick-Liesel gut zureden, den Helm aufzusetzen.

»Wenn du oben ohne fährst, solltest du deinen Organspenderausweis gut sichtbar auf dem Gepäckträger festklemmen, damit die Rettungskräfte nicht erst danach suchen müssen.«

»Mit Helm sehe ich völlig bescheuert aus.«

»Damit sind wir schon zwei.«

»Du sieht sogar mit einem Eimer auf dem Kopf gut aus.«

»Die Eimermode testen wir alle bei unserer nächsten Fahrradtour. Heute nehmen wir den Helm.«

Anneliese grummelte etwas, das wie »Dickschädel« klang, fügte sich aber. Sie radelten an der Leine entlang, genossen die milde Luft und erfreuten sich am buntgefärbten Laub der Bäume zu beiden Seiten der Wege. Bald durchquerten sie den Döhrener Maschpark und fuhren bis zum Leinewehr. Dort legten sie eine kurze Pause ein und schauten den tosenden Wassermassen zu. Sie ließen die Leineinsel hinter sich und erreichten den Maschsee. Am Ostufer entlang fuhren sie weiter in Richtung des Neuen Rathauses. Nun waren es nur wenige Minuten bis zum Präsidium. Sie schlossen die Räder an dafür vorgesehenen Bügeln an und betraten das Gebäude.

Ein uniformierter Polizeibeamter mittleren Alters kam sofort an den Tresen.

»Guten Tag, Frau Stern.«

»Hallo, Herr Welsch. Wie geht es Ihnen?«

»Danke, ich kann nicht klagen. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«

»Alles im grünen Bereich«, bestätigte sie, bevor sie auf Anneliese deutete. »Das ist meine Freundin Frau Grothe. Wir möchten mit Herrn Bremer sprechen. Ich habe ihm heute Morgen eine Nachricht geschickt. Er erwartet uns.«

»Ich rufe oben an und sage ihm, dass Sie da sind.«

»Danke.«

Sie schlenderten zum Wartebereich hinüber. Während sich Anneliese, die sich zum ersten Mal im Präsidium aufhielt, interessiert umschaute, öffnete Charlotte den langen Reißverschluss ihrer weiß-blauen Softshell-Jacke. Kurz darauf erschien Hannes. Er begrüßte Charlotte mit einer Umarmung, bevor er Anneliese die Hand reichte.

Mit dem Lift fuhren sie hinauf in die 4. Etage, auf der das Büro des Hauptkommissars lag. In seinem Arbeitszimmer bot er den Damen Platz an, setzte sich hinter den Schreibtisch und richtete den Blick erwartungsvoll auf die Strick-Liesel.

»Sie haben möglicherweise Informationen für uns?«

»Es geht um die beiden Toten – Dr. Flachsbarth und Pastor Rugard. Ich kannte sie aus der Zeit meiner Berufstätigkeit.«

»Sie haben den Sonnenhof geleitet – richtig?«

»24 Jahre lang. Bevor mir diese Aufgabe übertragen wurde, habe ich dort bereits gearbeitet. Berthold Rugard bin ich ziemlich exakt vor 36 Jahren zum ersten Mal begegnet.«

»Das wissen Sie so genau?«

»Noch bin ich nicht dement.«

»Sorry, so war das nicht gemeint.«

»Alles gut«, winkte Anneliese ab. »Am 1. November 1983 hat er sich als Jugendseelsorger bei uns vorgestellt und seine Hilfe angeboten. Außerdem war das sein Geburtstag. Zu diesem Anlass hatte er Kuchen mitgebracht.«

»Wenn Sie sich an all das erinnern, können Sie uns bestimmt mehr über ihn sagen. Beispielsweise, was er in den letzten Wochen …«

»Leider nicht«, unterbrach sie ihn. »Wir standen uns eine Weile nahe, aber es hat nicht funktioniert. Danach sind wir uns soweit wie möglich aus dem Weg gegangen. Kurz nach der Trennung habe ich die Heimleitung übernommen, wodurch unsere Zusammenarbeit enger geworden wäre. Er sagte, das würde er nicht aushalten. Deshalb hat er sich nicht mehr so oft auf dem Sonnenhof sehen lassen. Nach Möglichkeit hat er Kinder und Jugendliche in den Räumen der Kirche beraten.«

Während Hannes weitere Fragen stellte, schweifte Charlottes Blick zum Whiteboard an der Wand hinter ihm. Die lange Magnettafel war in zwei Bereiche unterteilt. Links fanden sich Fotos von der Auffindungssituation der Leiche aus dem Georgengarten, rechts aus der Aegidienkirche. Dazwischen waren Notizzettel und Zeichnungen befestigt. Neben der Pinnwand hing eine große Karte der Landeshauptstadt. Die Fundorte der Leichen markierten rote Fähnchen. Der erste nördlich in den Herrenhäuser Gärten, der zweite südöstlich davon in der Stadtmitte. Charlotte schätzte die Entfernung zwischen den Fundorten auf etwa drei Kilometer. Ein Muster zeichnete sich bislang nicht ab.

Nun konzentrierte sie sich auf die Fotos des ersten Toten, die wegen ihrer Größe aus den etwa anderthalb Metern Entfernung gut erkennbar waren. Eine Aufnahme vom Gesicht war – wie am Stammtisch erwähnt – nicht zur Veröffentlichung geeignet. Es glich einer blutigen Masse. Auf einem anderen Foto saß der tote Psychologe zurückgelehnt und mit ausgestreckten Beinen auf einer bunten Bank, der Kopf mit dem Hut war nach vorn gesunken, wodurch das Gesicht nicht zu sehen war. Die Szene wirkte arrangiert. Was hatte der Täter damit bezweckt? Auf den ersten Blick ein friedliches Bild. Sollte man jedoch den Hut anheben, um dem Toten ins Gesicht zu sehen, würde man sich schockiert abwenden. Vorerst fand Charlotte keine Erklärung für dieses Arrangement. Auf der nächsten Aufnahme waren Reifenspuren abgelichtet. Daneben hing ein Bild von einem faltbaren Bollerwagen, dem man die Spuren wahrscheinlich zugeordnet hatte. War das Opfer mit so einem Gefährt zum Fundort transportiert worden?

Die Vergrößerung eines Augapfels auf einem weiteren Foto ließ sie stutzen. Horst hatte am Stammtisch nicht erwähnt, dass dem Toten ein Auge entfernt worden war. Es sah mit den vielen roten Äderchen ohnehin eher wie ein Scherzartikel aus. Sie schaute zur Großaufnahme des Gesichts. Die Lider waren wie bei einem Boxer nach heftigen Schlägen zugeschwollen. Nichts deutete auf die Entfernung eines Auges hin. Demnach war der Augapfel auf dem anderen Foto wahrscheinlich künstlich. Hatte der Killer ihn bei der Leiche platziert? Und was bedeutete die Aufnahme von der Sanduhr? War es möglich, dass es sich um beigelegte symbolhafte Gegenstände handelte, die zunächst keinen Sinn ergaben – außer für den Mörder selbst?

Sie fixierte die Fotos der zweiten Leiche. Da Charlotte mehrmals in der Ruine der Aegidienkirche fotografiert hatte, war für sie offensichtlich, dass der Pastor mit gefalteten Händen auf dem steinernen Altar lag. Eine Nahaufnahme dokumentierte das nahezu unversehrte Gesicht des Mannes. Auf einem anderen Bild war ein schlichtes, in zwei Teile zerbrochenes Kreuz zu sehen, auf dem nächsten eine weitere Sanduhr, die der bei der ersten Leiche glich. Sie ähnelten den kleinen Messgläsern, die ihre Enkel als Zeitvorgabe benutzten, wenn sie Zähne putzten. Abermals betrachtete sie die Abbildung von der Auffindsituation der Leiche. Auch hier wirkte die Szene sorgfältig arrangiert. Der Tote auf dem Altar, hinter dem ein großes Kreuz emporragte, die gefalteten Hände des Geistlichen – und das alles in einer Kirche, was wiederum zu Leben und Beruf des Toten passte. Hier stand anscheinend alles in Verbindung zueinander. Musste das beim ersten Toten nicht genauso gründlich geplant und ausgeführt worden sein, oder hatte der Verbrecher seine Vorgehensweise beim zweiten Mord verfeinert?

»Möglich wäre das«, murmelte sie, worauf Hannes’ Blick zu ihr wechselte.

»Was meinst du damit, Charly?«

»Oh, nichts … Ich habe nur laut gedacht. – Eine Alterserscheinung.«

Er beließ es bei einem skeptischen Blick und wandte sich noch einmal an Anneliese. Sie beantwortete seine Fragen so gut wie möglich.

Etwa eine halbe Stunde später stiegen die Freundinnen auf ihre Fahrräder. Dabei bemerkte Charlotte einen am Straßenrand geparkten silbergrauen Mercedes, der ihr bekannt vorkam. Ein Blick auf das Nummernschild bestätigte ihre Annahme. Trotzdem behielt sie ihre Beobachtung für sich. Sie radelten in die Hardenbergstraße, überquerten die Leinebrücke und fuhren weiter Richtung Innenstadt.

In einem Sport-Kaufhaus probierte Charlotte verschiedene Laufschuhe an, während Anneliese nicht nur die große Auswahl, sondern vor allem die Preisunterschiede bestaunte. Zwar erklärte Charlotte ihr etwas von flacher Mittelsohle, niedriger Sprengung und hoher Torsionsfähigkeit, aber das war nicht ihre Welt. Ihre sportlichen Aktivitäten beschränkten sich aufs Radfahren und gelegentliche Schwimmbadbesuche mit Conrad.

Die Läuferin wählte schließlich Schuhe, die teurer waren als drei Paar der bequemen Sneakers, die Anneliese an den Füßen trug. Die Laufschuhe wurden bezahlt und im Rucksack verstaut, die Verpackung blieb im Laden.

Vom Sportgeschäft aus schoben sie die Räder zu einem Kaufhaus mit Handarbeitsabteilung. Die Strick-Liesel brauchte nicht lange, um verschiedene Wollqualitäten zu prüfen und auszusuchen.

Pünktlich zum Mittagessen waren sie zu Hause. Sie brachten ihre Einkäufe hinauf und folgten Conrads Ruf in die Küche. Außer dem Hausherren waren alle Bewohner anwesend.

»Unser Vermieter fehlt noch.« Mit der Klinke in der Hand blieb Anneliese stehen. »Ich sage ihm Bescheid.«

»Philipp ist nicht da«, teilte Elisabeth ihr mit. »Er hat vorhin angerufen. Wir sollen ohne ihn essen.«

Die Strick-Liesel wunderte sich etwas darüber und schaute Charlotte fragend an. Die zuckte jedoch nur die Schultern und setzte sich an den Tisch. Gespannt darauf, was Conrad am Herd gezaubert hatte, hob sie den Porzellandeckel der großen Suppenterrine an. Ein verlockender Duft stieg ihr in die Nase.

»Mmm, was ist das denn Leckeres?«

»Kürbiscremesuppe mit ganzen Früchten«, scherzte Conrad und stellte ein Schälchen mit gerösteten Kürbiskernen dazu. »Nein, mit Sahne und Ingwer.«

Charlotte und Anneliese kamen eben aus dem Wohnzimmer, als Philipp am Nachmittag die Haustür von innen schloss.

»Du warst lange unterwegs«, sprach seine Lebensgefährtin ihn an. »Wir wollten gerade die Suchhunde losschicken.«

»Ich hatte einiges zu erledigen.«

Ihr Blick erfasste seine Aktentasche, die er meistens mitnahm, wenn er in der Universität zu tun hatte. Auch als Emeritus war er noch beratend tätig.

»Warst du den ganzen Tag in der Uni?«

»Auch.«

Sie sah ihm an, dass er nach einem Weg suchte, die Wahrheit zu umgehen.

»Und sonst?«

»Wird das ein Verhör?«, entgegnete er unwirsch. »Für so was habe ich weder Zeit noch Lust.«

»Sorry.« Mit unbewegter Miene fasste sie Anneliese am Arm. »Wollten wir nicht für die Stiftung arbeiten?« Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie die Freundin mit sich zur Treppe, die ins Souterrain führte.

Philipp schaute ihnen mit einem leisen Seufzer nach. Er wollte vermeiden, dass sein Sternchen von seinem Besuch im Präsidium erfuhr. Allein die Tatsache, dass Anneliese die beiden Toten gekannt hatte, genügte wahrscheinlich, um Charlottes Interesse zu wecken. Vermutlich würde sie gern parallel zu den ehemaligen Kollegen ermitteln. Das musste er unter allen Umständen verhindern. Deshalb steckte alles, was diesen Fall betraf, auf einem USB-Stick in seiner linken Hosentasche.

Unterdessen betraten die beiden Frauen das Untergeschoss. Auf dieser Seite des Souterrains befanden sich außer dem Hauswirtschaftsbereich mit Waschmaschine, Trockner und Bügelstation zwei weitere Räume, die Familie Thaler ursprünglich für persönliche Ablagen genutzt hatte. Nach dem Tod seiner Eltern hatte Philipp alle Unterlagen gesichtet, Unwichtiges aussortiert, Akten ins Firmenarchiv überführt. Das Bauunternehmen der Familie leiteten seine Schwester und sein Schwager. Auch seine beiden Neffen arbeiteten mittlerweile dort. Philipp war stiller Teilhaber und meistens nur zweimal im Jahr in der Firma, wenn Geschäftsbericht und Bilanzen erörtert wurden. Die beiden Räume im Untergeschoss seines Elternhauses waren in den letzten Jahren nicht genutzt worden. Durch die Gründung der WG und den Einzug der anderen Bewohner wurde das Haus mit Leben erfüllt. Anneliese war kurz zuvor von ihrer Freundin, der verstorbenen Operndiva Christa Bernhardt, testamentarisch damit beauftragt worden, eine Stiftung zu gründen, die mittellose Künstler unterstützen sollte, und den Vorsitz zu übernehmen. Philipp hatte dafür die Räumlichkeiten im Souterrain zur Verfügung gestellt. Ursprünglich wollten alle WG-ler in der Stiftung mitarbeiten. Nach ihrem Einzug hatten sie die Aufgaben im Haus jedoch neu verteilt. Dadurch waren es seitdem Anneliese und Charlotte, die sich überwiegend damit beschäftigten.

»Wieso war Philipp eben so merkwürdig?« Anneliese griff im Stiftungsbüro nach mehreren Briefen, die sich in den letzten Tagen angesammelt hatten. »Er muss doch kein Geheimnis daraus machen, wo er war.«

»Er war im Präsidium.«

»Woher weißt du das?«

»Ich habe seinen Wagen gesehen.«

»Gibt es einen Grund, das zu verschweigen?«

»Wahrscheinlich steckt er mit Hannes und der Staatsanwältin unter einer Decke.«

»Das verstehe ich nicht.«

»Wie ich das beurteile, haben sie Philipp ins Boot geholt, weil sie den besten forensischen Psychologen brauchen, den sie kriegen können, um ein Täterprofil zu erstellen. Nach dem, was passiert ist, als ich das letzte Mal ermittelt habe, wird er seine Zusage an die Bedingung geknüpft haben, dass ich nichts davon erfahren darf.«

Nun verstand die Freundin.

»Er hat Angst, du könntest dich allzu sehr für den Fall interessieren und eigene Recherchen anstellen, die dich in Gefahr bringen.«

»Genau das vermute ich.«

Nachdenklich setzte sich Anneliese an den Schreibtisch und schlitzte den ersten Umschlag mit einem silbernen Brieföffner in Form einer Ballerina auf.

»Ist seine Sorge berechtigt?«

Kopfschütteln.

»Du würdest die Füße stillhalten – egal, was passiert?«

»Das ist der Plan.«

»Schade.«

»Warum?«

»Nach unserem Besuch im Präsidium wurde mir klar, dass ich da irgendwie mit drinhängen könnte. Eigentlich habe ich gehofft, du würdest mir helfen, rauszufinden, ob da was dran ist.«

»Das ist Aufgabe der Polizei.«

»Hast du deshalb alle Informationen, die dein Hauptkommissar an seiner Pinnwand aufgespießt hat, aufgesogen wie ein Schwamm?«

»Ertappt.« Charlotte setzte sich auf den Stuhl gegenüber. »Natürlich interessiert mich, warum die beiden Männer sterben mussten, aber ich will mich nicht in die Ermittlungen einmischen.«

»Und wenn die Polizei nicht weiterkommt? Kann ich dann mit dir rechnen?«

»Warten wir es erst mal ab.«

In den nächsten zwei Stunden beschäftigten sie sich mit Belangen der Stiftung. Als sie aus den Tiefen des Hauses nach oben stiegen, kam ihnen Elisabeth auf der letzten Stufe entgegen, um sie ans Abendessen zu erinnern.

Zusammen betraten sie die Küche, in der die männlichen WG-Bewohner am Tisch saßen. Vor Philipp stand eine Suppentasse, aus der es dampfte. Conrad hatte für ihn etwas vom köstlichen Mittagessen aufgehoben und heiß gemacht.

Die Damen setzten sich dazu. Im Nu waren sie beim Essen in ein angeregtes Gespräch vertieft.

Charlotte half Elisabeth später, die Küche in Ordnung zu bringen. Aufräumen zählte zwar nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, aber sie wollte nicht, dass die älteste weibliche Bewohnerin diese Arbeit allein erledigte. Das führte jedes Mal zu Diskussionen, da Elli froh war, durch die Hausarbeit etwas Sinnvolles zu tun zu haben. So dauerte es an diesem Abend nicht lange, bis sie Charlotte aus der Küche scheuchte.

Sie ging zum Wohnzimmer hinüber, um nachzusehen, wo die anderen steckten. Es war aber nur Philipp anwesend, der die Holzscheite im Kamin angezündet hatte und nun gedankenverloren mit einem Feuerhaken darin herumstocherte.

»Bleib bitte«, sagte er, als Charlotte sich zurückziehen wollte. Er richtete sich auf und hängte den Haken zum übrigen Kaminbesteck an den Ständer. »Ich hätte dich vorhin nicht so abkanzeln dürfen.« Mit bedauernder Miene trat er zu ihr. »Es tut mir leid.«

»Das war meine Schuld.«

»Wie meinst du das?«

»Ich hätte dich nicht fragen sollen, wo du warst. Wahrscheinlich haben sie dich ins Präsidium gebeten, weil du ein Täterprofil erstellen sollst.«

Verwundert kam er näher, bis er dicht vor ihr stand.

»Woher weißt du das?«

»Ich habe deinen Wagen dort gesehen – und 2 plus 2 zusammengezählt.«

»Kann man vor dir eigentlich nichts geheim halten? Ich habe Frau Dr. Pauli nur unter der Bedingung zugesagt, dass du nichts davon erfährst. Sie hat die ganze SOKO dazu verdonnert, dir kein Sterbenswörtchen zu verraten.« Behutsam legte er die Hände auf ihre Schultern. »Was mache ich nur mit dir?«

»Du könntest mich zum Beispiel küssen. Das wäre ein netter Anfang.«

»Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen?«

Er zog sie an sich und küsste sie zärtlich.

»Und nun?«

»Ganz einfach, mein Lieber: Während du das gewünschte Profil erstellst, suche ich mir eine andere Beschäftigung.«

»Ist das dein Ernst?«

»Ich mische mich nicht in deine Arbeit ein.«

Uhlenbrock

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