Читать книгу Der Mann, der Weltmeisterin wurde - Claudio Honsal - Страница 16
Ausgeraubt unter dem Zuckerhut
ОглавлениеEs war schon ein etwas komisches Gefühl, als ich mit meiner Medaille um den Hals und den White Star-Bretteln in der Hand ein paar Tage später in einem Luxushotel an der Copacabana eincheckte. Den Abschluss der WM-Reise bildete ein einwöchiger Badeurlaub in Rio de Janeiro, ein sehr schönes Geschenk der Firmen und des ÖSV an die aktiven Sportler. Das Leben unter dem Zuckerhut war noch beeindruckender, bunter und ausgelassener, als ich mir in meinen kühnsten Träumen hatte vorstellen können. Das Bergbauern-Mädl Erika hatte ja bislang nur in bunten Luxusmagazinen über diese atemberaubende Millionenmetropole gelesen. Zur nationalen Skiuniform war uns schon bei der Abreise in Wien auch ein Badeanzug eingepackt worden. Den hatte ich nicht verkauft. Doch bevor ich mit den anderen Mädchen zum Strand ging, hatte ich den blauen Einteiler im Hotelzimmer noch etwas modifiziert. Flugs waren die für mich und meine Oberweite übergroßen Körbchen kunstvoll mit einer Schere eingeschnitten und schon musste ich keine Angst mehr haben, dass prüfende Blicke meine nicht vorhandenen Brüste mustern würden. Beim täglichen Strandbesuch fühlte ich mich relativ locker und unbeschwert. Lieber hätte ich zwar mit dem Karl, dem Werner oder dem Heini gegen eine brasilianische Dreiermannschaft im heißen Sand gleich nebenan Fußball gespielt, aber das schickte sich wohl nicht für eine Weltmeisterin in der Damenabfahrt.
Rio war damals schon nicht nur für seine Schönheit bekannt, sondern auch für die Kriminalität. Das musste ich dann am eigenen Leib erfahren. Mitten in der Nacht hatte sich ein dreister Dieb in das Zimmer geschlichen, das ich mit Traudl Hecher und Grete Digruber teilte. Heute ist mir noch unklar, wie er das zustande gebracht hat. Als wir tief und fest schliefen, bestahl er uns alle drei. Selbst meine Geldbörse hatte er unter dem Kopfpolster hervorgezogen und mitgenommen. Pech für den Dieb, denn außer der alten Geldbörse hatte er wohl nicht viel gehabt von dem gefinkelten Raub. Meine 30 000 Schilling und die Goldmedaille hatte ich wohlweislich im großen Hoteltresor an der Rezeption sicher wegschließen lassen. Ein Schock war es trotzdem. Er hatte unseren Badeurlaub einen Tag vor der Heimreise zu einer Art Abenteuerurlaub gemacht.