Читать книгу Gelassen durch die schnelle Zeit - Clemens Bittlinger - Страница 19
Wach auf und mach die Augen auf
ОглавлениеDer dänische Religionsphilosoph Søren Kierkegaard charakterisiert den christlichen Spießbürger so, dass er nach einer fülligen Mahlzeit und genügendem Wein- oder Biergenuss schläfrig und müde zum Himmel schaut und als einziges Gebet den Dank für das gute Essen und Trinken zustande bringt.
Dagegen setzt er die Wachheit des Christen. Die Tendenz der Verbürgerlichung des Christseins, die Kierkegaard so auf die Nerven ging, gibt es auch heute noch.
Wir benutzen unser Christentum als Verzierung für unser bürgerliches Leben. Aber wir haben vergessen, dass Jesus uns die Augen öffnen möchte, damit wir wirklich leben.
Zeiten des Verzichts sind eine Einladung: eine Einladung, auf unsere typischen Schlafmittel wie Essen und Trinken zu verzichten, damit wir unsere Augen öffnen und mit wachen Sinnen durch die Welt gehen. Wir können uns – neu – fragen, worauf es wirklich ankommt, wofür es sich lohnt zu leben.
Zum Wesen des Christen gehört es, wach und nüchtern zu sein, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, anstatt sich mit irgendwelchen Illusionen über das Leben zufriedenzugeben.
Der indische Jesuit de Mello meinte einmal, Mystik sei keine Flucht vor der Realität, sondern Aufwachen zur Wirklichkeit. Wenn wir unsere Augen für Gott öffnen, dann öffnen wir sie auch für die Wirklichkeit.
Wo verschließt du die Augen vor der Wirklichkeit? Wo gehst du schläfrig durch die Welt? Wo willst du nicht wahrhaben, was um dich herum geschieht, sondern siehst alles durch die Brille deiner Schläfrigkeit?
AG