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Kapitel 3
ОглавлениеDruiden sind für die Kulthandlungen zuständig. Auch fällen sie über Streitigkeiten das Urteil. Ob eine Untat begangen, wenn es über die Erbschaft oder über die Grenzen einen Streit gibt, entscheiden dieselben. Entschädigungen und Strafen setzen sie fest.
– Caesar BG VI 13 –
Tilla tappte auf leisen Sohlen über den Flur, es war schon weit nach Mitternacht. Dennoch riss sie ungeduldig den Umschlag auf, ließ sich mit den Seiten ins Bett fallen und begann zu lesen.
Thurizan wusste, dass sich die Welt um das kleine Paradies, in dem sie lebten, veränderte, und er trug schwer an Sorge, denn die Veränderungen bedrohten die Seinen. So schritt er eines Tages in die Berge hinauf, um mit den Göttern Zwiesprache zu halten. Viele Tage wanderte er und suchte nach einem Götterzeichen. Fast war er am Fuße der höchsten Erhebung angelangt. Die Schritte fielen ihm, betagt wie er war, nun leichter, denn es wurde eben. Lang war es her, als er an dieser Stelle gewesen. Endlich zeigte sich Cernunnos in Form eines Hirsches. Sein Geweih war stark und weit verzweigt, sein Rücken strahlte silbern. Lange schaute das Tier dem Druiden in die Augen, bevor er sich abwandte. Thurizan folgte dem majestätischen Tier durch Hochwald und Dickicht, welches sich plötzlich lichtete. Doch als Thurizan das lichte Plateau erreichte, war der Hirsch verschwunden. Thurizan stand vor einem Abgrund, der ihm einen weiten Blick über das Land der Götter erlaubte. Ein Wolkenhauch waberte vor ihm über das zerklüftete Gestein. Thurizan erkannte den Fingerzeig der Himmelsgöttin und näherte sich der Stelle. Der Boden bestand aus Alisannos’ grauem Gestein, überzogen mit Cerunnos’ gelben Flechten. Hierauf lag ein runder Stein von der Farbe herbstlicher Sonne. Ehrfürchtig nahm Thurizan das eigroße Kleinod in die Hand. Er wusste, solche Edelsteine entstammten dem Saft des Lebensbaumes, jenes immergrünen Baumes, der sie mit seinen wohl duftenden Nadeln im Winter tröstlich daran erinnerte, dass das Leben nur schlief und wiederkehren würde. Besonders zur Wintersonnenwende verehrte das Volk von Thurizan diesen Baum. Sie huldigten durch ihn den Göttern, die sie um die Wiederkehr des Lichtes und des Lebens um sie herum baten. Der große Stein in seiner Hand war viele tausend Fruchtzeiten alt. Warm und rund lag er in der Hand des Druiden und vermochte ihn augenblicklich mit Zuversicht zu erfüllen. Thurizan hob den Stein gegen Belenos’ Sonne, welche gerade in diesem Moment über eine Bergkuppe vor ihm lugte und ihm ihre warmen Strahlen sandte. Ein dunkles Ästchen mit zwei aufsteigenden Streben war in dem Stein zu sehen, die Rune Fehuz, Symbol des Feuers. Die Götter hatten ihm in diesem Stein ein wichtiges Zeichen hinterlassen. Thurizans Blick wanderte demütig und dankbar zu Boden. Dort, wo sich zuvor Cerunnos’ Flechten und Alisannos’ Gestein ein stummes Gefecht geliefert hatten, offenbarte sich dem Druiden nun ein erzdurchsetzter Felsbrocken mit roten Schlieren darin. Sein Blick kehrte zurück zu der Feuerrune. Feuer war das einzige Element, welches Erz zu läutern vermochte. Nun verstand Thurizan endlich, was die Götter von ihm erwarteten.
Lächelnd drehte sich Tilla in ihren Kissen um und knipste das Licht aus. Sofort tauchte das Bild bewaldeter Bergkuppen vor ihrem inneren Auge auf und begleitete sie sachte in einen wohligen Traum.