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Das Bauchgefühl LÜGT NICHT!
ОглавлениеNatürlich wissen wir seit Jahrhunderten, dass der Darm für unser Wohlbefinden wichtig ist. Aber erst in den letzten Jahrzehnten gab es die Möglichkeit, ihn näher zu untersuchen. Mit erstaunlichen Erkenntnissen: Der Darm bzw. seine Bakterien scheinen direkt mit unserem Gehirn zu kommunizieren — „mit dem Bauch denken“ hat also plötzlich eine ganz andere Tragweite bekommen. Manches sind noch Vermutungen, die sich aber zunehmend bestätigen.
DIE DARMMIKROBIOTA
Früher nannte man die Ansammlung von Bakterien in unserem Darm „Darmflora“, heute heißt sie Mikrobiota. Viele Wissenschaftler betrachten sie als ein Organ, weil sie als Ganzes so viele Prozesse komplex beeinflusst. 100 Billionen oder zwei Kilo Kleinstlebewesen leben in unserem Darm. Sie helfen uns Nahrung zu verwerten, die wir aus eigener Kraft nicht verdauen können. Das passiert vor allem in den Darmabschnitten, in denen wir nicht mehr verdauen, sondern eher verdichten — also Flüssigkeit aus der Fäzes (Ausscheidungen des Darms) herausziehen. Dort machen sich die Bakterien vor allem über unverdaute Kohlenhydrate her und bauen sie zu Fettsäuren ab. Bestimmte Darmbakterien können sogar Cholesterin abbauen und dadurch den Cholesterinspiegel deutlich senken. Vielleicht erklärt das, warum manche Menschen täglich zwei Eier essen können ohne negative Folgen.
MACHEN BAKTERIEN HUNGRIG?
Das kann man so sagen. Sie haben zumindest theoretisch die Fähigkeit, Appetit und Sattheit zu signalisieren. So sind sie imstande, die Aminosäuren Tyrosin und Tryptophan zu bilden, die ins Gehirn gelangen können, um dort zu Dopamin und Serotonin zu werden — Stoffe, die uns glücklich machen. Wenn wir also etwas essen, das den Bakterien schmeckt — so die Hypothese —, dann senden diese Signale aus, die uns dazu bringen sollen, mehr davon zu essen. Das könnten sie auch in Bezug auf Sättigungssignale tun. Vielleicht können sie also Lust auf ganz bestimmte Lebensmittel machen. Dazu würde die Erfahrung passen, dass die Lust auf Zuckriges nachlässt, wenn wir längere Zeit darauf verzichten. Dann hätten wir nämlich die Süßschnäbel unter den Bakterienstämmen ausgehungert. Vielleicht gibt es ja auch Spezialisten für weißes Mehl — oder für Gluten?
Happy Fact: Wer konsequent zuckerarm isst, der kann seinen Süßhunger reduzieren.
GIBT ES BAKTERIEN, DIE DICK MACHEN?
Versuche mit Labormäusen zeigten: Je nach Bakterienkulturen im Darm war bei gleichem Futter die eine Gruppe 60 Prozent dicker als die andere. Die Erklärung für diese Riesenunterschiede sind aber nicht nur die unterschiedlichen Bakterienkulturen, sondern die mit dem Übergewicht verbundenen entzündlichen Prozesse: Das gefährliche Bauchfett bildet nämlich vermehrt entzündungsfördernde Hormone. Diese Prozesse spielen auch eine wichtige Rolle beim Alterungsprozess. Untersuchungen beim Menschen ergaben: Übergewichtige hatten nicht so viele unterschiedliche Bakterienfamilien in ihrem Darm wie Schlanke — und bei denen überwogen vor allem solche, die Kohlenhydrate abbauen. Mit anderen Worten: Die Betroffenen konnten ihre Nahrung intensiver verwerten als andere und waren buchstäblich gute Futterverwerter.
Selbst bei den Bakterien, die Kohlenhydrate abbauen, gibt es Unterschiede: Stämme, die sich auf Gemüse-Kohlenhydrate spezialisiert haben, liefern Fettsäuren, die zur Energieversorgung von topaktiven Organen wie der Leber dienen. Bakterien, die Weißbrot und Schokolade lieben, bauen Fette, die vor allem in unseren Polstern landen.
Happy Fact: Füttern Sie Ihre „schlanken Bakterien“ mit viel Gemüse!
PRE- UND PROBIOTIKA HALTEN DIE DARM-MIKROBIOTA JUNG
Wenn gute Bakterien — wie sie in Probiotika enthalten sind — auf bestes Futter, die Prebiotika, stoßen, dann läuft unser Immunsystem zur Hochform auf. Besonders wohltuende Bakterien sind Laktobazillen und Bifidobakterien. Wenn sie richtig gutes Futter bekommen, dann können sie ihre positive Wirkung entfalten. Besonders mögen sie den Ballaststoff Inulin, der reichlich in vielen Gemüsesorten vorkommt. Er wird zunehmend auch als Zusatzstoff in der Lebensmittelindustrie eingesetzt, weil er für ein cremiges Mundgefühl sorgt und weil sein süßliches Aroma hilft, Zucker zu sparen. Greifen Sie also zu, wenn Inulin enthalten ist. Eine weitere prebiotische Substanz sind die „Galacto-Oligosaccharide“ (GOS). Sie stärken schon bei Babys die Immunabwehr und tun ihrer Verdauung gut. Das gilt auch für Erwachsene. Insgesamt stärken natürlich fermentierte Lebensmittel wie Sauermilchprodukte, Sauerteigbrot oder gesäuertes Gemüse wie Sauerkraut, Salzgurken, Kapern oder Oliven unsere Darmmikrobiota.
Der Mix aus guten Bakterien und ihrem Lieblingsfutter gibt unserem Sättigungszentrum positive Signale und senkt die Ausschüttung des Hungerhormons Insulin. Das ist dafür zuständig, bei steigendem Blutzucker die überschüssige Energie in unsere Zellen zu schleusen. Vielleicht können Prebiotika so auch den Alterungsprozess verlangsamen. Erste Studien deuten darauf hin, sind aber für den Menschen noch nicht bestätigt.
Happy Fact: Fermentierte Lebensmittel sind top, wenn möglich unerhitzt. Inulinreich sind folgende Lebensmittel:
•Artischocken
•Lauch
•Endivie, Löwenzahn und Chicorée
•Pastinaken und Topinambur
•Spargel
•Schwarzwurzel
•Gekeimtes Getreide
•Roggen und Einkorn