Читать книгу Macht euch die Erde untertan - Daniel Headrick - Страница 19

Artensterben in Eurasien

Оглавление

Menschen waren nicht nur einfallsreich darin, sich einer neuen Umwelt anzupassen, sie wollten die Umwelt auch ihren Wünschen anpassen. Das Malen großer Tiere an Höhlenwände ist ein Zeichen dieses Drangs. Ein anderes ist ihr Umgang mit der eurasischen Fauna.

Zuerst jagten sie die größten Tiere. Diese Tiere hatten eine halbe Million Jahre Zeit gehabt, sich an Jäger zu gewöhnen, zuerst an den Homo erectus, dann an die Neandertaler und schließlich an den Homo sapiens, und in dieser Zeit waren sie scheu geworden. Die Wirkung der Neuankömmlinge war darum nicht so tiefgreifend wie bei den naiven Tieren an Orten, wo zuvor keine Menschen gewesen waren. Dennoch starben viele große Tiere während der ersten 20 000 Jahre menschlicher Anwesenheit aus, so das Wollmammut, das Wollnashorn, der Irische Elch oder Riesenhirsch, der Höhlenbär und der Höhlenlöwe. Das letzte Mammut starb in Sibirien vor 11 000–9600 Jahren. Zwergelefanten von der Größe von Ponys überlebten auf der Wrangelinsel im Arktischen Ozean bis vor 3700 Jahren. Andere, wie Moschusochsen und Bison, verschwanden aus Europa, fanden aber eine Zuflucht in Amerika, während das Wildpferd oder Przewalskipferd nur in der entferntesten Mongolei überlebte.61

Ebenso interessant ist das Schicksal der Neandertaler. Seit der Rückkehr des Homo sapiens nach Eurasien nach dem Ausbruch des Vulkans Toba lebten die beiden Arten fast 15 000 Jahre nebeneinander. Sapiens und Neandertaler paarten sich gelegentlich, zumindest außerhalb Afrikas; zwischen 2 und 5 Prozent der Gene von Europäern stammen von den Neandertalern.62

Warum also verschwanden die Neandertaler? Es gibt keine Hinweise, dass sie je mit dem Homo sapiens kämpften. Vertreter des Homo sapiens kämpften aber manchmal untereinander, darum kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden.63 Vielleicht war es die Konkurrenz um Beute durch die Neuankömmlinge, die ihre Waffen und Jagdtechniken schneller verbessern konnten als die Neandertaler. Auf der Steppentundra des eiszeitlichen Eurasien lösten Tiere, die sich dem kalten Klima anpassten – Wollmammut, Wollnashorn, Moschusochse, Rentier und Antilopen –, die Waldtiere ab, welche die Neandertaler früher gejagt hatten. In der offenen Ebene konnte man diesen Tieren nicht auflauern, und offensichtlich erlernten die Neandertaler nicht die kooperativen Jagdtechniken, die nötig waren, um sie einander zuzutreiben.

Der Homo sapiens besaß noch drei weitere Vorteile. Der eine war die genähte Kleidung, durch die er bei Temperaturen überlebte, die Neandertaler nicht ertrugen. Ein weiterer war die Bereitschaft, Dinge zu essen, welche die fleischessenden Neandertaler selten anrührten, wie Pflanzen, Kleintiere und Fische.64 Ein dritter möglicher Vorteil ist die Partnerschaft zwischen Jägern und wilden Hunden, eine Phase in der Evolution von Wölfen zu domestizierten Hunden.65 Bei der Konkurrenz um knappe Ressourcen während des Letzteiszeitlichen Maximums erwiesen sich die kulturellen Anpassungen des Homo sapiens als wirksamer als die biologischen Anpassungen des Neandertalers. Während der Homo sapiens sich vermehrte, zogen die Neandertaler sich zurück. Gefangen zwischen den kalten baumlosen Ländern im Norden und dem Mittelmeer und den Wüsten und Bergen im Süden, suchten sie Zuflucht auf dem Balkan, der Iberischen Halbinsel und im Kaukasus, wo sie in immer kleinerer Zahl überlebten. Ihre letzten Spuren, die man in der Gorham-Höhle in Gibraltar fand, sind 28 000 Jahre alt.66

Macht euch die Erde untertan

Подняться наверх