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Der Intellektuelle und die Politik

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Bernhart war zeit seines Lebens ein kritischer Begleiter der zeitgeschichtlichen Ereignisse, der gesellschaftlichen Entwicklungen. Fundamental und zentral ist ihm die Bedeutung des Gewissens: Der Mensch muss anders werden, damit die Welt anders wird. Auf dem Hintergrund dieser Grundaussage – für Bernhart ein Kern der Botschaft Jesu von der notwendigen Umkehr, der Sinnesänderung – müssen auch seine Texte zu den politischen Ereignissen gelesen werden.

In den ersten Tagen des Freistaates Bayern im Februar 1919 hat er in der „Süddeutschen Freiheit“ einen Artikel publiziert („Der Katholizismus und die neue Gesellschaft“), der ihn in den Augen einiger seiner konservativen Freunde als verkappten Sympathisanten linker Sozialisten erscheinen ließ. Er wollte die Aufgabe der Kirche in der künftigen Gesellschaft, die er als eine vom Sozialismus geprägte voraussah, skizzieren. Die Kirche werde sich in dieser neuen Situation auf vieles besinnen müssen, was sie bisher versäumt habe; sie werde mit dem Geist ihres Stifters voll ernst machen müssen, nämlich die sittliche Gleichberechtigung aller Menschen zu verwirklichen, einen gerechten Ausgleich herbeizuführen und die Sendung und Aufgabe an der ganzen Menschheit ernst zu nehmen. Andererseits müsse der Sozialismus durch die geistige Tradition der Kirche eine ideelle Vertiefung erfahren, er müsse lernen, dass eine bloße Reform der Einrichtungen nicht genüge, die Reform müsse vielmehr den Menschen selbst ergreifen. Bernhart fordert dort wie in einem vorangegangenen Artikel und einem Vortrag vor Frauen eine gemäßigte Trennung von Staat und Kirche und die Rückbesinnung der Kirche auf die ihr eigentliche Aufgabe, die Idee der Entsagung, des Kreuzes der Welt vor Augen zu stellen.

„Ihre [= der Kirche] politische Verkettung mit den Staaten hat es ihr verwehrt, mit einem ,Quos ego‘ aufzutreten und im Namen dessen, der gesagt hat, daß durch das Schwert umkommen müsse, wer zum Schwert greife, die katholische Christenheit vom Menschenmord zurückzuhalten. Von Rom her ist kein Wort über die himmelschreiende Schuld des Krieges überhaupt gefallen, statt dessen wehten larmoyante Ermahnungen und Gebetsversprüche daher, die sang- und klanglos untergingen. So hat das Kirchenregiment heute ein moralisches Defizit zu buchen, das vor der Majestät des Bergpredigers schlechthin nicht mehr zu verantworten ist.“9

Freunde zogen sich nach diesem Artikel zurück, Bernhart stellte seine politische Schriftstellerei umgehend ein, um nicht weitere Missverständnisse zu provozieren. Die Reaktion des Freundeskreises dürfte als wichtige Zäsur, als ein Schlüsselerlebnis für die künftige Orientierung Bernharts angesehen werden. Er kann sich, was kirchlich-dogmatische, aber auch was Fragen gesellschaftlicher Verfasstheit anlangt, nicht so progressiv, so biblisch radikal äußern, wie er sich offensichtlich gelegentlich vorwagen wollte. Denn er will nicht auf seinen Freundeskreis verzichten; er braucht diesen, weil ihm als verheiratetem Priester die Zustimmung der Kirche nicht sicher sein kann. Auf diese aber will er keinesfalls verzichten.

Eigensinn und Bindung

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